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Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1995


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Rainer Grote

XII. Zusammenarbeit der Staaten

2. Wissenschaftlich-technische und kulturelle Zusammenarbeit

    151. Am 13. Dezember 1995 wurde in Washington eine Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie und der United States Nuclear Regulatory Commission über den technischen Austausch und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Reaktorsicherheitsforschung und -entwicklung unterzeichnet und trat zugleich in Kraft.344 Nach Art. 1 der Vereinbarung setzen das BMBF und die USNRC ihre Zusammenarbeit in der Reaktorsicherheitsforschung und -entwicklung auf der Grundlage angemessener Gleichberechtigung und Gegenseitigkeit fort. Art. 2 sieht folgende Formen der Zusammenarbeit vor: Austausch von Informationen in Form von technischen Berichten, Versuchsdaten, Schriftwechsel, Mitteilungsblättern, Besuchen etc.; vorübergehende Abstellung von Personal der einen Vertragspartei zu den der anderen Vertragspartei gehörenden oder von ihr geförderten Laboratorien und Einrichtungen; Durchführung gemeinsamer Programme und Projekte; Benutzung von Einrichtungen, die der einen Vertragspartei gehören, durch die andere Vertragspartei. Art. 3 bestimmt zum Umfang des Informationsaustausches, daß jede Vertragspartei der anderen Vertragspartei Informationen über Reaktorsicherheitsforschung und -entwicklung zur Verfügung stellt, zu deren Weitergabe sie berechtigt ist und die sich entweder in ihrem Besitz befinden oder ihr zur Verfügung stehen. Der Informationsaustausch erstreckt sich auf die in Anlage 1 zu der Vereinbarung bezeichneten Gebiete. Darüber hinaus übermittelt jede Vertragspartei der anderen Vertragspartei "unverzüglich" Informationen über ihre Forschungsergebnisse, die ihr besonders bedeutsam erscheinen (Art. 3 Abs. 2). Zur Koordinierung des Gesamtaustausches benennt jede Seite einen Administrator (Art. 4). Die Anlagen 2 und 3, die Bestandteil der Vereinbarung sind (Art. 5, 6) enthalten detaillierte Bestimmungen über die Nutzung von Informationen, die im Verlauf der Zusammenarbeit ausgetauscht werden, und über den Schutz geistigen Eigentums, das im Verlauf der Zusammenarbeit entsteht oder erbracht wird.

    152. Im Berichtszeitraum unterzeichnete die Bundesregierung Rahmenabkommen über Beratung und Zusammenarbeit mit Lettland345 und Litauen346. Die Abkommen sehen jeweils vor, daß die Vertragsparteien zur Förderung der wirtschaftlichen, wissenschaftlich-technischen, rechtlichen und sozialen Entwicklung ihrer Völker im gegenseitigen Einvernehmen zusammenarbeiten. Die Beratung und Zusammenarbeit kann Vorhaben im Bereich der wirtschaftlichen Beratung, auf dem Gebiet des Rechts, der öffentlichen Verwaltung sowie im Sozial- und Umweltbereich umfassen. Die Zusammenarbeit kann erfolgen durch die Entsendung von Fachkräften, Aus- und Weiterbildung von Fach- und Führungspersonal des Empfängerstaates, Lieferung von Material und Ausrüstung, Erstellung von Planungen und Studien sowie in anderer geeigneter Weise. Die Bundesrepublik verpflichtet sich, für die Vergütung der entsandten Fachkräfte aufzukommen; der Empfängerstaat wird u.a. die Zuweisung der erforderlichen Grundstücke und Gebäude gewährleisten und für eine angemessene Unterbringung der entsandten Fachkräfte und ihrer Familien sorgen. Der Empfängerstaat gewährt den entsandten Fachkräften nicht weniger günstige Vorrechte und Immunitäten als den anderen ausländischen Fachkräften, die im Rahmen bi- oder multilateraler Zusammenarbeit im Empfängerstaat tätig sind.
    Am 1. Februar 1995 trat darüber hinaus die Vereinbarung zwischen den Regierungen der Bundesrepublik Deutschland, der Niederlande, des Vereinigten Königreichs und der Regierung der Vereinigten Staaten über die Errichtung, den Bau und den Betrieb einer Urananreicherungsanlage in den Vereinigten Staaten von Amerika in Kraft.347

    153. Am 2. Januar 1995 trat das deutsch-eritreische Abkommen über technische Zusammenarbeit in Kraft348, das die Rahmenbedingungen für die Technische Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien (Art. 1) regelt. Das Abkommen enthält Bestimmungen zu Umfang und Form der Fördermaßnahmen durch die Bundesrepublik und zu den Leistungen, welche die Regierung Eritreas im Zusammenhang mit der Durchführung der Fördermaßnahmen erbringt.

    154. Ferner unterzeichnete die Bundesregierung im Berichtszeitraum Abkommen über den grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr auf der Straße mit den Regierungen Ungarns349, Litauens350 und der Republik Moldau351. Die Abkommen regeln auf der Grundlage des innerstaatlichen Rechts die Beförderung von Gütern und Personen im grenzüberschreitenden Straßenverkehr zwischen den Vertragsparteien und im Transit durch diese Staaten durch Unternehmer, die im Hoheitsgebiet ihres Staates zur Ausführung dieser Beförderungen berechtigt sind.

    155. Im Berichtszeitraum trat das deutsch-schweizerische Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich in Kraft.352 Art. 3 des Abkommens sieht vor, daß auf Antrag einschlägige Studienzeiten und -leistungen sowie Prüfungen nach Maßgabe der Absätze 2 bis 4 gegenseitig angerechnet und anerkannt werden. In Anlage 1 des Abkommens sind die deutschen Hochschulen, in Anlage 2 die schweizerischen Hochschulen namentlich aufgeführt, die in das Anrechnungs- und Anerkennungssystem einbezogen sind. Nach Art. 5 ist der Inhaber eines akademischen Grades berechtigt, diesen in der Form zu führen, wie er im Staat der Verleihung aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen geführt werden darf. Art. 6 stellt klar, daß das Abkommen nur auf Angehörige der beiden Staaten Anwendung findet. Für die Beratung aller Fragen, die sich aus dem Abkommen ergeben, wird eine ständige Expertenkommission gebildet.
    Ein vergleichbares Abkommen wurde mit Spanien geschlossen.353 Die dort geregelte Anerkennung der absolvierten Studienzeiten bezieht sich auf alle Universitäten und Hochschulen, denen in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland und im Königreich Spanien durch ein Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes Hochschulcharakter zuerkannt wird und an denen Studien mit einem akademischen Grad oder mit einer Staatsprüfung abgeschlossen werden können (Art. 1 a) des Abkommens). Nach Art. 4 hat der Inhaber eines akademischen Grades das Recht, den Grad im jeweils anderen Staat auf der Grundlage des Abkommens nach Maßgabe der jeweiligen Rechtsvorschriften in der Originalbezeichnung unter Angabe der verleihenden Hochschule zu führen.
    Das Übereinkommen über die Anerkennung von Studien, Diplomen und Graden im Hochschulbereich in den Staaten der europäischen Region trat für die Bundesrepublik Deutschland am 8. Januar 1995 in Kraft.354

    156. Mit Rumänien, Tadschikistan und der Republik Moldau wurden im Berichtsjahr neue Kulturabkommen unterzeichnet.355 Darüber hinaus war die Entwicklung der kulturellen Zusammenarbeit mit der Tschechischen Republik356, der Slowakei357 und Polen358 Gegenstand ausführlicher Stellungnahmen der Bundesregierung im Bundestag.

    157. In Kraft traten 1995 Vereinbarungen über jugendpolitische Zusammenarbeit mit der Ukraine359, der Türkei360, Lettland361, Weißrußland362 und Litauen363.


    344 BGBl. 1996 II, 542.
    345 Abkommen vom 14.9.1995, in Kraft getreten am 12.4.1996, BGBl. 1996 II, 1233.
    346 Abkommen vom 5.10.1995, in Kraft getreten am 5.4.1996, BGBl. 1996 II, 1236.
    347 BGBl. 1996 II, 146. Zum Inhalt der Vereinbarung s. Stoll (Anm. 10), Ziff. 138.
    348 Abkommen vom 26.11.1993, BGBl. 1995 II, 446.
    349 Abkommen vom 26.5.1995, in Kraft getreten am 14.12.1995, BGBl. 1996 II, 204.
    350 Abkommen vom 19.6.1995, in Kraft getreten am 19.7.1995, BGBl. 1995 II, 876.
    351 Abkommen vom 11.10.1995, in Kraft getreten am 17.3.1996, BGBl. 1996 II, 1188.
    352 Abkommen vom 20.6.1994, in Kraft getreten am 1.7.1995, BGBl. 1995 II, 796.
    353 Abkommen vom 14.11.1994, in Kraft getreten am 6.4.1995, BGBl. 1996 II, 332.
    354 Zu den von der Bundesrepublik bei Hinterlegung der Ratifikationsurkunde angebrachten Vorbehalten s. Stoll (Anm. 10), Ziff. 152.
    355 Bericht der Bundesregierung zur Auswärtigen Kulturpolitik 1994/95, BT-Drs. 13/3823, 19.
    356 Erklärung der Bundesregierung zu den deutsch-tschechischen Beziehungen, Bull. Nr. 21 vom 20.3.1995, 172; Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zum Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit mit der Tschechischen Republik und der Slowakischen Republik, BT-Drs. 13/1569, 2.
    357 Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zum Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit mit der Tschechischen Republik und der Slowakischen Republik, BT-Drs. 13/1569, 2.
    358 Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zu den Rechten der Minderheiten und dem Freundschafts- und Nachbarschaftsvertrag mit der Republik Polen, BT-Drs. 13/1036, 10 f.
    359 Vereinbarung vom 27.8.1993, in Kraft getreten am 1.6.1995, BGBl. 1995 II, 684.
    360 Vereinbarung vom 18.4.1994, in Kraft getreten am 10.8.1995, BGBl. 1995 II, 1059.
    361 Vereinbarung vom 3.6.1994, in Kraft getreten am 25.9.1995, BGBl. 1995 II, 1005.
    362 Vereinbarung vom 29.6.1994, in Kraft getreten am 29.9. 1995, BGBl. 1996 II, 42.
    363 Vereinbarung vom 1.6.1994, in Kraft getreten am 27.11.1996, BGBl. 1995 II, 853.