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Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1995


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Rainer Grote

XVIII. Rechtsfolgen der Wiedervereinigung

2. Sukzessionsfolgen

    313. Aufgrund von Konsultationen nach Art. 12 des Einigungsvertrages wurde das Erlöschen bilateraler völkerrechtlicher Verträge der ehemaligen DDR mit einer Reihe von Staaten festgestellt. Dabei handelte es sich um Bulgarien791, Kambodscha792, die Demokratische Volksrepublik Korea793, Polen794, Nicaragua795, Syrien796, die ehemalige Tschechoslowakei797 und Ungarn798.

    314. Im Rahmen einer Kleinen Anfrage nahm die Bundesregierung im Berichtszeitraum zu der Frage der aus der Fortführung des Tranferrubel-Verrechnungsverkehrs der ehemaligen DDR mit den Ländern des ehemaligen RGW entstandenen Guthaben Stellung. Sie führte hierzu aus, daß durch die notwendige Fortführung des Tranferrubel-Verrechnungsverkehrs im zweiten Halbjahr 1990 aus dem Waren- und Dienstleistungsverkehr sowie aus Regierungskrediten und Investitionsbeteiligungen der DDR deutsche Guthaben in Höhe von insgesamt rd. 11,8 Mrd. Transferrubel entstanden seien. Davon entfielen rund 7,4 Mrd. Transferrubel auf die Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion. Die Bundesregierung verhandele seit Mai 1991 unter Federführung des BMF mit den ehemaligen RGW-Ländern über Regelungen für diese Transferrubel-Guthaben:

    "Mit fast allen Ländern konnte die Höhe der Transferrubel-Guthaben einvernehmlich festgestellt werden. Vereinbarungen über eine Schuldenregelung konnten bereits mit mehreren Ländern getroffen werden.
    Mit Ungarn und Polen sind im Mai 1993 bzw. im Juni 1994 Regierungsabkommen geschlossen worden. Die Forderungen gegenüber Vietnam und Albanien sind in bilaterale Umschuldungsabkommen einbezogen worden, die 1994 auf der Grundlage von im Pariser Club getroffenen multilateralen Vereinbarungen abgeschlossen wurden. Auch die Transferrubel-Forderungen gegenüber Bulgarien sollen in Kürze in einem bilateralen Umschuldungsabkommen geregelt werden.
    Mit Rumänien und der Mongolei ist ein fortgeschrittenes Verhandlungsstadium mit der Aussicht auf eine baldige Unterzeichnung von Regierungsabkommen erreicht.
    Durch die Aufspaltung der Tschechoslowakei in die Tschechische und die Slowakische Republik haben sich die Verhandlungen verzögert. Die Bundesregierung erwartet jedoch, auch mit diesen Ländern noch in diesem Jahr die Verhandlungen abschließen zu können. Mit Kuba konnte in zwei Verhandlungsrunden eine grundsätzliche Anerkennung der Verbindlichkeiten noch nicht erreicht werden.
    Mit Rußland wurde � im Rahmen einer Globallösung, zu der die Liegenschaften der Westgruppe der Truppen und deren vorzeitiger Abzug gehören � eine verfahrensmäßige Vereinbarung getroffen. In der am 16. Dezember 1992 in Moskau unterzeichneten Gemeinsamen Erklärung sind Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl und Präsident Boris Jelzin übereingekommen, im Laufe von acht Jahren die Transferrubel-Frage nicht zum Gegenstand einer Diskussion zu machen. Nach Ablauf dieser Frist werden beide Seiten die Diskussion hierüber wieder aufnehmen. Bis dahin sollen der russischen Seite keine Belastungen im Zusammenhang mit der Regulierung des Transferrubel-Saldos entstehen. Da Rußland die Auslandsverbindlichkeiten der ehemaligen Sowjetunion übernommen hat, werden mit den anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion Verhandlungen über das gegenüber der Sowjetunion aufgelaufene Transferrubel-Guthaben nicht geführt.
    Die bisher geschlossenen und noch zu schließenden Regierungsabkommen beinhalten die Anerkennung des Transferrubel-Saldos als Verbindlichkeit des betreffenden Landes gegenüber der Bundesrepublik Deutschland, die Umwandlung dieser Verbindlichkeit in eine DM-Verbindlichkeit sowie eine Rückzahlungsregelung. Die Rückzahlungsmodalitäten berücksichtigen die Leistungskraft der einzelnen Länder, d.h. zum Teil erfolgt die Rückzahlung kurzfristig, zum Teil über einen längeren Zeitraum.
    Die Regierungsabkommen werden von den Vertragspartnern bisher ordnungsgemäß erfüllt."799


    791 Bek. vom 6.10.1995, BGBl. 1995 II, 976.
    792 Bek. vom 10.1.1995, BGBl. 1995 II, 125.
    793 Bek. vom 26.1.1995, BGBl. 1995 II, 406.
    794 Bek. vom 16.2.1995, BGBl. 1995 II, 322.
    795 Bek. vom 9.6.1995, BGBl. 1995 II, 539.
    796 Bek. vom 4.12.1995, BGBl. 1996 II, 44.
    797 Bek. vom 14.11.1995, BGBl. 1995 II, 1056.
    798 Bek. vom 27.11.1995, BGBl. 1996 II, 37.
    799 BT-Drs. 13/639.