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Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1996


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Volker Röben


IX. Menschenrechte und Minderheiten

3. Praxis im Rahmen des Europarates

    65. Zum Stand des Menschenrechtsübereinkommens zur Biomedizin unterrichtete die Bundesregierung den Bundestag durch den "Bericht der Bundesregierung über den Verhandlungsstand des Menschenrechtsübereinkommens zur Biomedizin."165 In der Beratung der Unterrichtung betonte Bundesjustizminister Schmidt-Jortzig,166 es sei wichtig und gut, daß der Entwurf des Europarats zum Menschenrechtsübereinkommen zur Biomedizin eine außerordentlich heftige Diskussion in der Öffentlichkeit wie im politischen Raum ausgelöst habe. Nicht zuletzt dadurch habe die deutsche Delegation bei den Verhandlungen erreicht, daß der Schutzcharakter dieser Rahmenkonvention noch stärker zum Ausdruck komme. Er griff sodann die fortwährende Kritik an der Regelung über fremdnützige Forschungsvorhaben mit einwilligungsunfähigen Personen heraus. Er meine, daß bei unvoreingenommener Betrachtung in alltäglichen Eingriffen mit "minimalem Risiko" und "minimaler Belastung" eine Verletzung der Menschenwürde nicht gesehen werden könne. Dies gelte etwa für eine einmalige Blutentnahme, die mit Einwilligung des gesetzlichen Vertreters und unter weiteren engen Voraussetzungen geschehe, die die Konvention aufstelle. Deutschland werde nicht zu einer Absenkung seines Schutzstandards gezwungen. Der Bundesjustizminister verwies in diesem Zusammenhang auf Art. 27 des Übereinkommensentwurfs.167
    Bei der Abstimmung der im Rahmen des Europarates erarbeiteten Bioethikkonvention enthielten sich die Vertreter Deutschlands, Belgiens und Polens im Ministerkomitee der Stimme, alle anderen Mitgliedstaaten stimmten mit ja. Die Bundesregierung begründete ihre Stimmenthaltung mit der in Deutschland noch andauernden öffentlichen Debatte. Erst wenn diese abgeschlossen sei, solle über einen Beitritt der Bundesrepublik zu dem Abkommen entschieden werden. Bundesjustizminister Schmidt-Jortzig begrüßte dennoch die Annahme des Textes, an dem Fachleute aus den Mitgliedstaaten über 5 Jahre gearbeitet hatten, weil damit eine Gesetzeslücke geschlossen werde. Manche der 40 Mitgliedstaaten des Europarats hätten bisher noch keinerlei Standards für Biomedizin. Soweit bedeute das Regelwerk einen Fortschritt. Auch stehe jedem Land frei, für sich strengere Regeln zu verabschieden. So werde etwa das deutsche Embryonenschutzgesetz auch dann nicht ausgehebelt, wenn Bonn dem Abkommen später beitreten sollte.168

    66. Nach dem Bericht der Bundesregierung über der Stand der Unterzeichnung und Ratifizierung europäischer Abkommen und Konventionen durch die Bundesrepublik Deutschland leitete die Bundesregierung für folgende europäische Übereinkommen das Ratifikationsverfahren ein:169 Nr. 116 (Europäisches Übereinkommen über die Entschädigung von Opfern von Gewalttaten vom 24. November 1983), Nr. 141 (Europäisches Übereinkommen über das Waschen, das Aufspüren, die Beschlagnahme und die Einziehung von Erträgen aus Straftaten vom 8. November 1990), Nr. 148 (Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen vom 5. November 1992), Nr. 151 und Nr. 152 (Protokoll Nr. 1 und 2 zu dem Europäischen Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe), Nr. 157 (Rahmenübereinkommen vom 1. Februar 1995 zum Schutz nationaler Minderheiten), Nr. 161 (Europäisches Übereinkommen vom 5. März 1996 über die an einem Verfahren vor dem Gerichtshof für Menschenrechte teilnehmenden Personen), Nr. 162 (6. Protokoll vom 5. März 1996 zum Allgemeinen Abkommen über die Vorrechte und Befreiung des Europarats).



    165 BR-Drs. 617/96.
    166 BT- Drs. 13/5435.
    167 BT-PlPr., 131. Sitzung, 11849.
    168 FAZ vom 20.11.1996, 8.
    169 BT-Drs. 13/5006.