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Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1996


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Volker Röben


IX. Menschenrechte und Minderheiten

4. Menschenrechte in einzelnen Staaten

    67. Die Bundesregierung läßt sich ihrer Antwort auf eine schriftliche Parlamentarische Anfrage zufolge über ihre Botschaft in Bogotá laufend über die Menschenrechtslage in Kolumbien unterrichten. Dazu gehöre auch die umfassende Unterrichtung über den Fall der Hazienda Bellacruz, von der im Februar dieses Jahres 280 Bauernfamilien durch paramilitärische Gruppen vertrieben worden seien. Die vertriebenen Bauern hätten mit der Besetzung der Büroräume der Agrarreformbehörde INCORA und der Ombudsstelle in Bogotá gegen die Vertreibung protestiert. Obwohl die Regierung in mehreren Abkommen die Rückkehr auf die Hazienda bzw. die Umsiedlung auf andere Ländereien zugesagt habe, habe sie ihre Versprechen noch nicht eingelöst.170

    68. Zur Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention durch die Türkei führte die Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage hin folgendes aus:171 Die Türkei sei 1954 der EMRK beigetreten, akzeptiere jedoch erst seit dem 28. Januar 1987 das Recht auf Individualbeschwerde. Ein Großteil der Beschwerdeführenden stamme aus den kurdischen Gebieten. Die Beschwerden beträfen im wesentlichen die Zerstörung kurdischer Dörfer, Folter in Polizeigewahrsam sowie das Verschwinden von Festgenommenen. Faktisch unterlaufe die Türkei den Mechanismus der Individualbeschwerde, da in der Türkei einerseits kein innerstaatlicher Rechtsweg im Falle von Menschenrechtsverletzungen zur Verfügung stehe und die Türkei andererseits die Individualbeschwerden vor der Kommission mit der Begründung der Nichtausschöpfung des innerstaatlichen Rechtswegs nicht akzeptiere. Art. 15 des Gesetzes zur Bekämpfung des Terrorismus, das am 12. April 1991 in der Türkei eingeführt worden sei, stelle ein Hindernis bei dem Versuch, Menschenrechtsverletzungen zu verfolgen, dar. Nach diesem Gesetz würden angeklagte Sicherheitsbeamte nicht inhaftiert und von maximal drei vom Staat bezahlten Anwälten vertreten. Ferner entscheide zunächst ein Verwaltungsgremium, dem Mitglieder der Sicherheitskräfte angehörten, über eine Anklage. Am 18. November 1992 habe die Große Nationalversammlung der Türkei Veränderungen der türkischen Strafprozeßordnungen verabschiedet, die die Dauer der Polizeihaft auf 24 Stunden verkürzten, Rechtsbeistand vom Zeitpunkt der Festnahme an ermöglichten und medizinische Untersuchungen von Inhaftierten sowie auch die Benachrichtigung von Angehörigen vorsähen. Jedoch beschränke sich die Gültigkeit dieser Vorschriften auf rechtsunpolitische Tatverdächtige. Mit eben diesem Gesetz werde explizit ein Rechtsbeistand für politische Häftlinge in der nach wie vor bis zu 15 Tage dauernden Polizeihaft untersagt. Diese Frist der sogenannten Incomunicado-Haft, die nach Aussagen vieler Experten der Folter Vorschub leiste, könne in den kurdischen Gebieten unter Ausnahmezustand weiterhin sogar 30 Tage dauern. Am 15. Dezember 1992 habe der Ausschuß zur Überwachung und Einhaltung des Europäischen Übereinkommens zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe zum ersten Mal einen Bericht über einen der Mitgliedstaaten nach Art. 10 Abs. 2 des Übereinkommens veröffentlicht, nachdem die Türkei, welche die Konvention 1998 unterzeichnet und ratifiziert habe, die vorgeschlagenen Maßnahmen nicht ergriffen habe. Der Ausschuß überprüfte die Aktivitäten, die aufgrund der Empfehlungen des Ausschusses in ihren Besuchsberichten von den türkischen Behörden zur Verbesserung der Lage unternommen wurden. Der Ausschuß sei zu der Schlußfolgerung gelangt, daß die Situation hinsichtlich der Empfehlung bezüglich der Stärkung von legalen Schutzmaßnahmen gegen Folter und anderen Formen von Mißhandlungen in Polizei- oder Gendarmerieeinrichtungen und die Aktivitäten der Antiterrorabteilung der Polizei von Ankara und Diyarbakir eine Anwendung von Art. 10 Abs. 2 der Konvention rechtfertige.
    Die Anzahl der gegen einen Vertragsstaat erhobenen Beschwerden allein lasse jedoch keinen Rückschluß auf Zahl und Umfang von Verletzungen der Europäischen Menschenrechtskonvention zu. Aus der Tatsache, daß Bürger eines Staates in zunehmendem Maße vom Recht auf Individualbeschwerde nach Art. 25 EMRK Gebrauch machten, sei zunächst zu schließen, daß es in diesem Staat ein steigendes Selbstbewußtsein der Bürger gebe. Das Verfahren vor der Europäischen Kommission für Menschenrechte sei vertraulich. Der Bundesregierung sei daher nichts über den Inhalt der gegen die Türkei laufenden Verfahren bekannt. Die Bundesregierung nehme ferner die durch den starken Anstieg der Zahl der Individualbeschwerden in den letzten Jahren bedingte Verlängerung der Verfahrensdauer sehr ernst. Dieser Anstieg betreffe allerdings nicht nur die Individualbeschwerden aus der Türkei. Bereits das am 1. Januar 1990 in Kraft getretene 8. Protokoll zur EMRK, das der Kommission insbesondere die Möglichkeit einräume, in Kammern zu entscheiden, diene der Beschleunigung des Verfahrens. Der weitere Anstieg der Anzahl der Verfahren mache eine grundlegende Umgestaltung des Kontrollmechanismus der EMRK erforderlich. Diese Umgestaltung sei Gegenstand des 11. Protokolls zur EMRK, an dessen Ausarbeitung die Bundesregierung maßgeblich beteiligt gewesen sei. An die Stelle der Europäischen Kommission für Menschenrechte des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Ministerkomitees des Europarates werde als einziges Kontrollorgan ein neuer Ständiger Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte treten. Dadurch sollten die Verfahren beschleunigt werden, ohne die hohe Qualität des Menschenrechtsschutzes nach der Konvention zu beeinträchtigen. Die Frage, ob die Bundesregierung die Auffassung der EMRK und ihres Generalsekretärs teile, daß in der Türkei kein wirksamer Rechtsschutz für Beschwerden gegen Menschenrechtsverletzungen zur Verfügung stehe und sie daher eine erstinstanzliche Rolle zu übernehmen habe, beantwortete die Bundesregierung dahin gehend, daß es eine solche generelle Feststellung der Kommission nach ihrer Kenntnis nicht gebe. Die Kommission entscheide lediglich über Einzelfälle. In diesem Rahmen prüfe sie die Frage der Rechtswegerschöpfung. In einigen Fällen habe sie die Erschöpfung des innerstaalichen Rechtsweges für entbehrlich gehalten. In diesem Sinne sei auch die in der Anfrage zitierte Aussage des Sekretärs der Kommission zu verstehen. Auch der EGMR habe kürzlich in einem Urteil, in dem er die Auffassung der Kommission von der Erschöpfung des Rechtsweges bestätigte, betont, daß seine Entscheidung sich nur auf den konkreten Fall beziehe und nicht verallgemeinert werden dürfe (Urteil in der Sache Agdivar). Hinsichtlich der Verfolgung von Menschenrechtsverletzungen in der Türkei sei anzumerken, daß die Abs. 1 und 3 des Art. 15 ATG (Gesetz zur Bekämpfung des Terrorismus), die eine Strafverfolgung von Beamten ausgeschlossen hätten, denen ein gesetzeswidriges Handeln im Rahmen der Terrorismusbekämpfung vorgeworfen worden sei, mit der Entscheidung des türkischen Verfassungsgerichts vom 31. März 1992 abgeschafft worden seien. Allerdings ergebe sich aus dem türkischen Beamtengesetz von 1932, daß der Strafverfolgung von Beamten ein Verwaltungsgremium zustimmen müsse, bevor die Staatsanwaltschaft Klage erheben könne. Die Bundesregierung habe die türkische Seite sowohl in allgemeiner Form als auch im Hinblick auf eine Reihe konkreter Einzelfälle auf die Bedeutung hingewiesen, die eine konsequente und rasche Aufklärung aller Vorwürfe über Übergriffe durch Polizei und Sicherheitskräfte habe, um das Verbot solcher Übergriffe wie es im türkischen Recht bestehe, auch zur unbestrittenen Rechtswirklichkeit zu machen. Eine Abschaffung der Zustimmungspflicht eines Verwaltungsgremiums zur Strafverfolgung von Beamten könne dazugehören. Es gebe keinen Hinweis darauf, daß die Türkei Urteile des EGMR deshalb nicht anerkennen wolle, weil sie im Gegensatz zu den Konventionsorganen den Rechtsweg als nicht erschöpft ansehe. Auf die Frage, welche Maßnahmen die Bundesregierung ergreife, um zu verhindern, daß die Türkei das Verfahren nach Art. 25 EMRK unterlaufe, führte die Bundesregierung aus, daß die Türkei erstmals am 28. Januar 1987 die nach Art. 25 zur Anerkennung des Individualbeschwerderechts erforderliche Erklärung abgegeben habe. Die von ihr auf drei Jahre befristete Erklärung sei zuletzt am 28. Januar 1995 erneuert worden. Damit habe die Türkei die Zuständigkeit der Kommission für die Entscheidung von Individualbeschwerden anerkannt. Durch Erklärung vom 22. Januar 1990 habe sich die Türkei gemäß Art. 46 EMRK für drei Jahre der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs unterworfen. Diese Erklärung sei zuletzt am 22. Januar 1995 erneuert worden. Die Bundesregierung dringe auch im übrigen im Europarat und anderen internationalen Institutionen auf eine Verwirklichung der in internationalen Konventionen eingegangenen Verpflichtungen. Diese Verpflichtungen beinhalteten auch die Eröffnung eines innerstaatlichen Rechtsweges. Im übrigen nähmen die Mitgliedstaaten des Europarats im Rahmen der Überwachung der eingegangenen Verpflichtungen an einem Verfahren teil, in dem sie über die Erfüllung der eingeleiteten Maßnahmen Bericht erstatte. Dies gelte auch für die Türkei. Sowohl bei abschließender Entscheidung des Falles durch das Ministerkomitee172 als auch bei Beendigung durch Urteil des Gerichtshofs173 obliege dem Ministerkomitee die Durchführung. Es fordere Berichte über die Umsetzung der Entscheidung an. Die Bundesregierung habe sich im Ministerkomitee für eine effektive Verwirklichung des konventionsrechtlichen Menschenrechtsschutzes eingesetzt. Die Bundesregierung vertrete die Auffassung, daß der durch internationale Abkommen, insbesondere der durch die EMRK gewährleistete konventionsrechtliche Schutz von Beschwerdeführern sowie ihrer Anwälte, ausreiche. Der Bundesregierung seien keine Maßnahmen der Türkei oder europäischer Gremien zum Schutz von Beschwerdeführenden oder ihrer anwaltschaftlichen Vertretung bekannt. Die Bundesregierung führe mit der Türkei einen ständigen Dialog über die Einhaltung der in internationalen Abkommen eingegangenen Verpflichtungen. Dazu gehöre der auch in bezug auf konkrete Einzelfälle gemachte Hinweis, daß den Bürgern die Möglichkeit gegeben werden müsse, ihre Rechte aus diesen Abkommen, vor allem das Recht auf Individualbeschwerde nach Art. 25 EMRK, geltend zu machen. Hinsichtlich der Einhaltung von Art. 5 Abs. 2 EMRK dränge die Bundesregierung im Europarat immer wieder auf die Einhaltung der eingegangenen Verpflichtungen. Die Bundesregierung habe keinen Zweifel daran, daß auf Art. 5 Abs. 3 EMRK gestützte Beschwerden vor der Europäischen Menschenrechtskommission bzw. dem Gerichtshof mit aller Gründlichkeit geprüft würden. Die Türkei sei Mitglied des europäischen Übereinkommens zur Verhütung von Folter vom 26. November 1987. Damit habe die Türkei die sich aus dem Übereinkommen ergebenden Verpflichtungen übernommen, wozu auch der Bewachungsmechanismus der Konvention gehöre. Die Bundesregierung habe bei der türkischen Regierung immer wieder die Abschaffung und Verkürzung des bis zu 30 Tage dauernden Polizeigewahrsams (Incomunicado-Haft) in Staatssicherheitssachen gefordert. Eine entsprechende Reform, inzwischen von der türkischen Außenministerin Ciller angekündigt, würde einen wichtigen Beitrag zur Verhinderung von Menschenrechtsverletzungen darstellen. Hinsichtlich der Frage, wie die Bundesregierung zu den Bedenken von internationalen Menschenrechtsorganisationen wie des Kurdish Human Rights Project stehe, daß die Türkei über Entschädigungsleistungen hinaus keine wirksamen Maßnahmen ergreife, um die EMRK einzuhalten, führte die Bundesregierung aus, sie gehe davon aus, daß die Türkei als Mitglied des Europarats und der EMRK die Entscheidungen der Kommission und des Gerichtshofs anerkenne und entsprechende Schritte zur Vermeidung der Wiederholung von festgestellten Verstößen einleite. Entschädigungen von Personen, deren Rechte nach der EMRK verletzt worden seien, dienten nicht der Bestrafung des verletzenden Staates, sondern dazu, der verletzten Partei, sofern die innerstaatlichen Gesetze nur eine unvollkommene Wiedergutmachung vorsähen, eine gerechte Entschädigung zuzubilligen. Die Frage der finanziellen Belastung des verletzenden Staates spiele dabei keine Rolle. Die Frage nach der Einschätzung der Bundesregierung hinsichtlich der Möglichkeiten, im Rahmen des europäischen Übereinkommens zur Verhütung von Folter, eine Verbesserung der Menschenrechtssituation in der Türkei zu erzielen, beantwortete die Bundesregierung wie folgt: Zur Überwachung der eingegangenen Verpflichtungen sehe das Übereinkommen Besuche des europäischen Ausschusses zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe vor und eröffne damit gute Einflußmöglichkeiten. Im August habe die Türkei als erster Vertragsstaat überhaupt im Zusammenhang mit den Hungerstreiks in türkischen Gefängnissen diesen Ausschuß von sich aus eingeladen. Ein zentrales Element der von der Antifolterkommission vorgeschlagenen Maßnahmen sei die Abschaffung der sogenannten Incomunicado-Haft. Die Bundesregierung setze sich auch im Europarat für die baldige Umsetzung der von der türkischen Außenministerin Ciller angekündigten Reformen ein. Hinsichtlich der Möglichkeit, die Türkei aufzufordern, eine Erklärung gemäß Art. 57 abzugeben, stellte die Bundesregierung fest, die Initiative hierzu liege beim Generalsekretär. Die Bundesregierung ihrerseits schließe die Anwendung keines der Instrumente der EMRK aus. Die Bundesregierung nannte ferner folgende Schritte zur Verhinderung einer Verletzung der EMRK durch die Türkei: Die Europäische Union und die mit ihr assoziierten Staaten Mittel- und Osteuropas sowie Malta und Zypern hätten in ihrer gemeinsamen Erklärung vom 16. April 1996 vor der 52. Sitzung der VN-Menschenrechtskommission und zuletzt am 18. November vor dem 3. Ausschuß der 51. Generalversammlung der VN die Menschenrechtslage in der Türkei angesprochen und die türkische Regierung nachdrücklich aufgefordert, ihre Anstrengungen zum Schutze der Menschenrechte zu verstärken. Im Rahmen der OSZE habe die Bundesregierung die Türkei aufgefordert, eine Expertenkommission der OSZE einzuladen. Die Bundesregierung werde auch weiterhin auf bilateraler und europäischer Ebene darauf hinwirken, daß die Türkei die auf sie anwendbaren internationalen Übereinkommen einhalte. Hinsichtlich des Art. 24 EMRK hielt die Bundesregierung fest, daß nach dieser Bestimmung die Kommission nicht mit der Menschenrechtssituation in einem Vertragsstaat im allgemeinen, sondern nur mit konkreten Beschwerden befaßt sei. Da die Türkei das Recht der Individualbeschwerde in Art. 25 anerkannt habe, könne eine betroffene Person ihren Fall selbst vor die Kommission bringen. Die Bundesregierung sehe daher zur Zeit keine Notwendigkeit, den Art. 24 in Anspruch zu nehmen.

    69. Auf eine Kleine Anfrage zu Menschenrechtsverletzungen in Burma (Myanmar) antwortete die Bundesregierung, es sei grundsätzlich nach ihrer Auffassung Sache der Reiseunternehmen darüber zu entscheiden, ob Reisen nach Myanmar angeboten würden. Der sogenannte Branchendialog und die Sitzungen des Tourismusbeirates beim Bundesministerium für Wirtschaft stellten Foren zur breiteren Erörterung von Fragen der Tourismuswirtschaft dar. Zugleich dienten diese Gremien dem Meinungs- und Erfahrungsaustausch zwischen Vertretern der Tourismuswirtschaft und dem Bundesministerium für Wirtschaft. Sie würden nach dem Verständnis der Bundesregierung nicht dazu benutzt, die freie unternehmerische Entscheidung hinsichtlich des Angebotes touristischer Dienstleistungen zu beeinflussen. Die vom Auswärtigen Amt zu einzelnen Ländern herausgegebenen Reisehinweise, Reiseempfehlungen und Reisewarnungen dienten dazu, aufgrund der verfügbaren und als glaubwürdig eingeschätzten Informationen die konkrete kriminelle, gesundheitliche oder sonstige Gefahrensituation in diesen Ländern für Geschäftsreisende oder Touristen aufzuzeigen. Aufgrund der gegenwärtigen Gefahrensituation für Touristen und Geschäftsreisende in Myanmar gebe es nach Auffassung der Bundesregierung derzeit keinen Anlaß zu der Empfehlung, Myanmar nicht zu bereisen. Es sei nach Auffassung der Bundesregierung darüber hinaus grundsätzlich Sache des einzelnen, darüber zu entscheiden, ob er nach Myanmar reisen wolle. Die Maßnahmen, die die Bundesregierung ergriffen habe, um Fortschritte auf dem Weg der Demokratisierung und der Freilassung politischer Gefangener zu fördern, ergäben sich aus dem gemeinsamen Standpunkt zu Myanmar, den der Europäische Rat am 28. Oktober 1996 beschlossen habe. Die Bundesregierung sei aktiv bei der Ausarbeitung des vom Europäischen Rat am 28. Oktober 1996 verabschiedeten gemeinsamen Standpunktes zu Myanmar beteiligt gewesen. Sie erachte wirtschaftliche Sanktionen gegenwärtig als das geeignete Instrument, den State Law and Order Restoration Council zu einer Änderung seiner Politik in Richtung auf eine Demokratisierung sowie die Achtung der Menschenrechte zu bewegen. Myanmar gehöre zu den ärmsten Ländern der Welt. Wirtschaftliche Sanktionen würden vor allem die wirtschaftliche Situation der breiten Schichten der Bevölkerung weiter verschlechtern, ohne daß die Machthaber nachhaltig getroffen würden. Die von der Europäischen Union im gemeinsamen Standpunkt vom 28. Oktober 1996 bestätigten und neu verhängten restriktiven Maßnahmen gegenüber Myanmar seien mit den von den Vereinigten Staaten von Amerika verhängten Sanktionen vergleichbar. Hinsichtlich des von der EU gewährten günstigen Importzolles nach dem Generalized System of Preferences (GSP) führte die Bundesregierung aus, die Verordnung 3281/94 des Rates über die Gewährung allgemeiner Zollpräferenzen sehe vor, daß die Präferenzen zurückgenommen werden könnten, wenn Verstöße gegen die Genfer Übereinkommen vom 25. September 1926 und vom 7. November 1956 und die Übereinkommen 29 und 105 der Internationalen Arbeitsorganisation vorlägen. Die Europäische Kommission untersuche derzeit, ob in Myanmar gegen diese Übereinkommen verstoßen werde. Die Bundesregierung werde den Bericht, den die Europäische Kommission zum Abschluß ihrer Untersuchungen vorlegen werde, sorgfältig prüfen und dann ihre Haltung zur Frage eines möglichen Entzugs der Präferenzgewährung für Myanmar festlegen. Die Bundesregierung verfüge über keine umfassende Kenntnis, welche deutschen Firmen in Myanmar engagiert seien und welche Projekte von ihnen durchgeführt würden. Soweit ihr Einzelfälle bekannt seien, sehe sich die Bundesregierung wegen des allgemein geltenden Grundsatzes der Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (§ 40 VwVfG) nicht in der Lage, die entsprechenden Unternehmen namentlich zu nennen. Es ist nach Auffassung der Bundesregierung grundsätzlich Sache der Unternehmen, darüber zu entscheiden, ob sie sich vor dem Hintergrund der allgemein verfügbaren Informationen zu Myanmar wirtschaftlich in diesem Land betätigen wollen. Es würden von nationalen oder multilateralen Institutionen, an denen die Bundesrepublik Deutschland finanziell beteiligt sei, tourismusrelevante Projekte in Burma nicht gefördert. Auf die Frage, wie sich die Bundesregierung zur Anerkennung der gewählten Regierung Burmas, der National Coalition Government of the Union of Burma, die sich derzeit im Exil befinde, stelle, führte die Bundesregierung aus, die Bundesrepublik Deutschland unterhalte diplomatische Beziehungen zu der Union Myanmar. Die Bundesregierung unterhalte eine Botschaft in Rangun, deren Aufgabe es unter anderem sei, Kontakte mit der Regierung des Gastlandes zu unterhalten. Diese Kontakte würden dazu genutzt, den deutschen Standpunkt zu Menschenrechtsfragen und zu Fragen der Demokratie darzulegen und Verbesserungen in diesen Bereichen einzufordern. Deutschland habe die diesjährige VN Resolution zur Menschenrechtslage in Myanmar mit eingebracht. Die Bundesregierung stehe mit der demokratischen Opposition und der Friedensnobelpreisträgerin Daw Aung San Suu Kyi über die deutsche Botschaft in Rangun in regelmäßigem Gesprächskontakt. Die Bundesregierung führe auch Gespräche mit der National Coalition Government of the Union of Burma (NCGUB). Darüber hinaus unterstütze die Bundesregierung Maßnahmen der politischen Stiftungen, die der demokratischen Opposition in Myanmar zugute kämen. Im übrigen sei die Bundesregierung darum bemüht, in Gesprächen mit ihren Partnern in den ASEAN-Staaten diese zu ermutigen, ihren Einfluß auf die Regierung von Myanmar im Sinne einer Verbesserung der Lage in diesem Land geltend zu machen.

    70. Nach der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage zu den deutsch-mexikanischen Beziehungen und den Menschenrechten in Mexiko haben sich das Europaparlament und die Bundesregierung Anfang 1994, als der von dem Zapatistischen Heer der Nationalen Befreiung (EZLN) angeführte Aufstand im südlichen Bundesstaat Chiapas begann und die mexikanische Armee in die Aufstandsgebiete vorrückte, dafür ausgesprochen, eine friedliche Lösung des Konflikts zu suchen und dabei die kulturellen und sozialen Rechte der indigenen Völker, die in dieser Region lebten zu respektieren.174

    71. Bei seinem Besuch in der VR China und einem Gespräch mit dem chinesischen Außenminister Quian Qichen sagte Bundesaußenminister Kinkel, dort seien die bilateralen Fragen "konstruktiv und zukunftsgerichtet" behandelt worden.175 Er habe die Menschenrechte "deutlich, aber nicht konfrontativ" angesprochen und dabei auch Einzelfälle berührt. Zur Reaktion der chinesischen Seite nahm der Bundesaußenminister keine Stellung, da "diese Fragen nicht ganz einfach" seien. Er bestätigte, daß er mit dem chinesischen Außenminister auch über die ausstehende Akkreditierung dreier deutscher Journalisten gesprochen habe. Ob und wann die Naumann-Stiftung ihr Büro in Peking wieder öffnen könne, wisse er nicht. Der Besuch erfolgte nach den Disputen um die schließlich abgesagte Münchner Kulturausstellung, weil dort Regimekritiker zu Wort kommen sollten, und den Streit über die Tibetaktivitäten der FDP-nahen Naumann-Stiftung sowie die Tibetresolution des Bundestages.176 Der Besuch von Bundesaußenminister Kinkel gehörte in den "Rahmen der vereinbarten politischen Konsultationen mit der chinesischen Regierung" und diente, auch in der Mongolei, der "weiteren konkreten Ausfüllung des Asienkonzepts der Bundesregierung von 1993". Die Grundlage für Gespräche über die konkrete Lage von Dissidenten bot die von Kinkel und Quian Qichen am 24. September 1996 in New York einvernehmlich formulierte Ergebnisliste der Gespräche beider Außenminister. Man sei sich einig über die Bedeutung guter bilateraler Beziehungen für beide Staaten und Völker. Sie sollten zukunftsgerichtet ausgebaut werden. Dafür müßten gelten: gegenseitiger Respekt, Suche nach Gemeinsamkeiten, Nichteinmischung, Gleichberechtigung und gegenseitiger Nutzen. Es hieß in dem Text: "Bundesaußenminister Kinkel bekräftigte die Ein-China-Politik der Bundesregierung". Für die Bundesregierung sei Tibet ein Teil des chinesischen Staatsverbandes "und damit grundsätzlich eine innere Angelegenheit Chinas". Mit dieser Formel wurde der Eindruck berichtigt, der Bundestag habe mit seiner Entschließung gegen die "Ein-China-Politik" verstoßen. Die Passage über Menschenrechte lautet:

    "Beide Minister waren sich einig, daß trotz bestehender Meinungsunterschiede in Menschenrechtsfragen auch hierüber ein Dialog geführt werden sollte, im Geiste gegenseitiger Achtung und Gleichberechtigung, nicht im Geiste von Konfrontation."
    Auf die Kleine Anfrage zu den Ergebnissen des Besuchs von Bundeskanzler Kohl in der VR China führte die Bundesregierung aus, die Erörterung von Menschenrechtsfragen nehme in allen politischen Begegnungen mit der chinesischen Führung einen hohen Stellenwert ein. Sie würden als eigenständiges Thema behandelt und umfaßten die gesamte Spannbreite der für China relevanten Menschenrechtsprobleme. Die Menschenrechtsfrage habe auch in den hochrangigen Gesprächen des Bundeskanzlers einen breiten Raum eingenommen. Die Bundesregierung habe sich für mehr als 13 chinesische Oppositionelle eingesetzt.177 Zu der unter dem Titel "Über das Eingreifen und Konfiszieren von reaktionärer Propaganda und über die verstärkte Arbeit gegen Infiltration in religiösen Zentren" erfolgten Anordnung der chinesischen Regierung führte die Bundesregierung auf eine schriftliche Parlamentarische Anfrage hin folgendes aus: Die Bundesregierung kenne den Wortlaut der Anordnung noch nicht. Nach ihrer Kenntnis stehe sie in engem Zusammenhang mit zwei weiteren Dekreten des Staatsrats die vermutlich Anfang April des Jahres erlassen worden seien. Dabei handele es sich um die Anordnung "Über die Durchführung patriotischer Erziehungsmaßnahmen in religiösen Zentren in Tibet" und um "Einige Bestimmungen über die zentralisierte Kontrolle durch spezialisierte Abteilungen für religiöse Aktivitäten und Beziehungen zum Ausland und die Autorität, diese Aktivitäten zu überprüfen und zu genehmigen". Der Kern der neuen Bestimmungen stünde einem Bericht der englischsprachigen in Lhasa erscheinenden "China Daily" zufolge darin, reaktionäres Propagandamaterial zu beschlagnahmen, die patriotische Erziehung in den Klöstern zu verstärken und die Außenbeziehungen der Klöster mit den im Exil lebenden Tibetern stärker zu kontrollieren. Die Bundesregierung halte den Vorwurf, der Dalai Lama betreibe die Abspaltung Tibets und führe eine Unabhängigkeitsbewegung in Tibet für ungerechtfertigt. Sie habe die chinesische Regierung wiederholt dazu aufgefordert, den unterbrochenen Dialog mit dem Dalai Lama wieder aufzunehmen. Dieser Dialog müsse insbesondere geführt werden über die Ausgestaltung einer Autonomie, die die Tibeter ihre Zugehörigkeit zum chinesischen Staatsverband nicht als Bedrohung ihrer ethnischen, kulturellen und religiösen Eigenständigkeit empfinden ließe. Sie werde auch künftig in diesem Sinne an die chinesische Regierung appellieren.178 Anläßlich des Besuchs von Bundespräsident Herzog in China im November 1996 übergab der Staatsminister im Auswärtigen Amt Schäfer dem stellvertretenden chinesischen Außenminister Wang eine Liste der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, auf der die Namen von 14 politischen Häftlingen standen. Er erinnerte in seinem Gespräch die chinesische Seite daran, daß es in der Bundesrepublik ein Parlament gebe, in dem klar auf die Verstöße gegen Menschenrechte reagiert werde. Herzog ergänzte, daß dies auch für die deutschen Medien und überhaupt für die deutsche Öffentlichkeit gelte.179

    72. In ihrer Antwort auf die Große Anfrage zur Iran-Politik der Bundesregierung führte diese aus:180 Bei den Kontakten mit Iran spiele auf allen Ebenen die Erörterung von Themen, die Anlaß zu Besorgnis und Kritik gäben, eine wichtige Rolle. Hierzu zählt insbesondere die Lage der Menschenrechte, die Fatwa gegen Salman Rushdie, Hinweise auf iranische Verwicklungen in terroristische Aktivitäten und die Ablehnung des Nahost-Friedensprozesses. Der iranischen Regierung sei klar gesagt worden, daß eine substantielle Entwicklung der Beziehung in dem Maße möglich sei, indem es positive Veränderungen iranischen Verhaltens in diesen wichtigen Bereichen gebe. Diese Politik des "kritischen Dialogs" habe der Europäische Rat am 12. Dezember 1992 in Edinburgh ausdrücklich indossiert.181 Deutschland und seine europäischen Partner sähen keine Alternative zum kritischen Dialog mit Iran. Eine Politik der Isolierung halte die Bundesregierung - zusammen mit den europäischen Partnern - weder für zweckmäßig noch erfolgversprechend. Sicherheit und Stabilität in der Regierung könnten nicht ohne oder gar gegen den Iran geschaffen werden. Sollte die EU zu der Absicht gelangen, daß vertragliche Beziehungen mit dem Iran aufgenommen würden, werde die Bundesregierung dafür eintreten, daß - wie in allen anderen Abkommen mit Drittstaaten - in den Erwägungsgründen unmißverständlich auf die Wahrung der Menschenrechte hingewiesen werde. Außerdem würde sie sich in diesem Fall dafür einsetzen, daß im Text des Abkommens eine Revisionsklausel vorgesehen werde. Die Bundesregierung sehe keine Notwendigkeit, darüber hinaus weitere Maßnahmen zu ergreifen. Sie teile in der Tat die Besorgnisse des VN-Sonderberichterstatters und internationaler Menschenrechtsorganisationen über die Lage der Menschenrechte im Iran. Danach könne es keinem Zweifel unterliegen, daß die Menschenrechtslage im Iran Anlaß zu großer Besorgnis gebe. Die Bundesregierung habe deshalb zusammen mit den Partnern der EU zahlreiche gemeinsame Initiativen zur Verbesserung der Menschenrechtslage im Iran unternommen. Die Mitglieder der EU hätten ferner auf der 49. Generalversammlung bzw. auf der 51. Tagung der VN-Menschenrechtskommission eine die Menschenrechtslage im Iran kritisierende Resolution eingebracht, die - wie in den Vorjahren - mit deutlicher Mehrheit angenommen worden sei. Bei deutsch-iranischen Gesprächen werde regelmäßig auch die Menschenrechtslage im Iran angesprochen und auf Verbesserungen gedrängt. Dies gelte für die Gespräche auf allen Ebenen, einschließlich der der Außenminister. Die Bundesregierung und die anderen Mitgliedstaaten der EU sprächen bei allen Treffen im Rahmen des kritischen Dialogs mit dem Iran unter dem Tagesordnungspunkt "Menschenrechte" die Menschenrechtslage bzw. Einzelfälle an und forderten zu Fortschritten auf. Der bilaterale Menschenrechtsdialog finde im wesentlichen im Rahmen von Konsultationen zwischen Vertretern der Außenministerien und zwischen Parlamentsabgeordneten statt. Zuletzt habe im Juni 1995 eine iranische Delegation unter Leitung des Leiters des Menschenrechtsreferats im iranischen Außenministerium Gespräche in Bonn (Auswärtiges Amt, Bundesministerium der Justiz, Deutscher Bundestag) geführt. Deutschland habe in den vergangenen Jahren insgesamt vier Seminare mit privaten und offiziellen iranischen Vertretern veranstaltet, an deren Vorbereitung unter anderem Amnesty International und andere Menschenrechtsorganisationen beteiligt gewesen seien. Hochrangige Wahrnehmungen sowie außerordentlich starke Publizität des letzten Menschenrechtsseminars im Iran und die Tatsache, daß die iranische Regierung inzwischen einen Menschenrechtsbeauftragten ernannt habe und das iranische Parlament darüber hinaus offiziell einen Menschenrechtsausschuß ins Leben gerufen habe, sei ein Zeichen dafür, daß der Iran Defizite auf dem Gebiet der Menschenrechte anerkenne. Auf die Frage, ob die Bundesregierung Kontakte zu relevanten oppositionellen Kreisen im Iran unterhalte, antwortete die Bundesregierung, die Deutsche Botschaft in Teheran unterhalte unter anderem Kontakte auch zu Abgeordneten oder Gruppierungen (Rezalatfraktion u.ä. im Parlament), die in Opposition zur Regierung oder zu Präsident Rafsanjani stehen. Die Bundesregierung unterhalte aber keine Kontakte zu den Volksmujaheddin (MKO). Bundesaußenminister Kinkel legte vor dem Bundestag dar, er sei mit Salman Rushdie in Bonn zusammengetroffen.182 Er habe darüber hinaus veranlaßt, daß Salman Rushdie von den Außenministern der EU-Troika empfangen worden sei. In einem Schreiben an den iranischen Außenminister Velayati habe er verdeutlicht, daß für eine Verbesserung der Beziehungen eine Reihe von klaren Voraussetzungen erfüllt sein müßten.

      1.) Eine klar erkennbare positivere Haltung zum Nahost-Friedensprozeß;
      2.) Anerkennung der demokratisch gewählten palästinensischen Autonomieverwaltung;
      3.) Umsetzung der gegenüber der EU-Troika in Teheran gemachten Zusicherung, daß Iran den nahöstlichen Terror weder finanziell noch logistisch unterstützt;
      4.) Konkreter Beitrag Teherans zu einer langfristigen friedlichen Lösung im Libanon durch mäßigende Einwirkung auf die Hisbollah;
      5.) Selbstverpflichtung Irans, an kooperativen friedensorientierten Lösungen der Nahostregion mitzuwirken;
      6.) Verbesserung der Menschenrechtslage, insbesondere vollständige Herstellung der Presse- und Meinungsfreiheit und der freien Religionsausübung;
      7.) Wirksame Kontrolle der Einhaltung der vom Iran unterzeichneten C-Waffen-Konvention und schließlich
      8.) Beendigung aller Aktivitäten des iranischen Geheimdienstes, die darauf gerichtet sind, im Ausland lebende iranische Oppositionelle zu verfolgen und Leib und Leben dieser Personen zu gefährden.

    73. Nach dem Bericht der Bundesregierung über die Lage in Nigeria unternimmt sie Bemühungen, die Entwicklung von demokratischen Institutionen in Nigeria zu fördern, nicht erst seit der Machtübernahme durch General Abacha im Jahre 1993. Dieser habe allerdings sogar die wenigen demokratischen Institutionen aus der Babangida-Zeit abgeschafft. Insbesondere habe er die gewählten zivilen Gouverneure der Bundesstaaten durch Offiziere ersetzt. Daraufhin habe die Bundesregierung, zusammen mit ihren europäischen Partnern, den Druck auf die nigerianische Regierung durch weitere Verschärfung der im Juli 1993 gegen die Vorgängerregierung beschlossenen Maßnahmen erhöht:

      Reisebeschränkungen für alle Militärangehörigen der nigerianischen Auslandsvertretungen,
      Einzelprüfungen von Exportlizenzen für Verteidigungsmaterial,
      Aussetzung aller Ausbildungskurse für nigerianisches Militär,
      Überprüfung aller Hilfsprojekte der EU und ihrer Mitgliedstaaten,
      Aussetzung aller nicht essentiellen hochrangigen Besuche.
     Diese Sanktionen seien ohne die erhoffte Wirkung geblieben. Vielmehr seien im Gegenteil einige der prominentesten Gegner der Regierung in zwei Prozessen mundtot gemacht worden. Weitergehende Maßnahmen, namentlich ein Ölembargo und eine Sperrung nigerianischer Auslandskonten seien im Kreise der europäischen Partner nicht durchsetzbar gewesen. Die Bundesregierung habe zusammen mit ihren europäischen Partnern über die oben genannten konkreten Sanktionsmaßnahmen hinaus wiederholt das nigerianische Regime in Erklärungen und Demarchen zur Wiederherstellung demokratischer Verhältnisse aufgefordert. Sie habe keinen Zweifel daran gelassen, daß die Rückkehr des Botschafters nach Lagos vor allem der Wiederaufnahme des kritischen Dialogs über die Wiederherstellung demokratischer Verhältnisse dienen sollte. Die Bemühungen der Bundesregierung hätten sich in den letzten Wochen darauf konzentriert, einen Prozeß vor einem Sondertribunal gegen die 19 Ogonis zu verhindern und darauf hinzuwirken, daß dieser Prozeß vor einem ordentlichen Gericht mit der Möglichkeit einer zweiten Instanz und in rechtsstaatlich einwandfreier Form stattfinde. Dabei habe sie sowohl zusammen mit den europäischen Partnern durch Erklärungen und Demarchen der Troika der EU als auch bilateral den nigerianischen Behörden die Folgen vor Augen geführt, die notwendigerweise nach einem weiteren Sondertribunalverfahren von der Staatengemeinschaft und insbesondere den Mitgliedstaaten der EU zu erwarten seien. Die Bundesregierung habe ebenso wie ihre Partner bisher vor allem auf eine Wirkung der verhängten Sanktionen gehofft. Auch wenn diese Hoffnung bisher nur in bescheidenen Ansätzen erfüllt worden sei, sei sie der Ansicht, daß der Druck aufrechterhalten werden sollte, bis zumindest unumkehrbare Ansätze zu einer Wiederherstellung demokratischer Verhältnisse, vor allem aber eine Verbesserung der Menschenrechtssituation, erkennbar seien.183 Daneben gebe es zahlreiche weitere Initiativen von privater Seite und von Nichtregierungsorganisationen. Aus der Unterrichtung der Bundesregierung zu ihrer Politik gegenüber Nigeria ergibt sich, daß sie sich darum bemühen werde, daß es im Rahmen der VN-Menschenrechtskommission zu einer Verurteilung Nigerias und zur Einsetzung eines Sonderberichterstatters komme.184 Vor dem Hintergrund der drohenden Abschiebungen nigerianischer Flüchtlinge hatte die Bundesregierung erneut zur Menschenrechtslage in Nigeria Stellung zu nehmen. Die Zahl der aus politischen Gründen Inhaftierten sei nicht bekannt. Die internationalen Bemühungen um die Freilassung solcher Häftlinge dauerten an. Sie würden in jüngster Zeit deutlich stärker. Sowohl die Generalversammlung 1995 als auch die VN Menschenrechtskommission 1996 hätten sich erstmalig mit der Menschenrechtslage in Nigeria befaßt. Im März/April 1996 habe sich eine vom Generalsekretär beauftragte Fact-Finding Mission der VN in Nigeria aufgehalten und einen Bericht über die Menschenrechtslage und den Fortgang des Demokratisierungsprozesses erarbeitet. Ihr Forderungskatalog an das Regime enthalte unter anderem die Freilassung aller willkürlich Verhafteten sowie eine Amnestie für aus politischen Gründen Verurteilte. Hinsichtlich der weiteren Inhaftierung des früheren Staatschefs Nigerias, Olusegun Obasanjo legte die Bundesregierung dar, daß bei den genannten Bemühungen im internationalen Rahmen General Obasanjo vorrangig berücksichtigt worden sei. Nach Kenntnis der Bundesregierung hätten sich etwa 1.000 Angehörige des Ogoni-Volkes nach Benin geflüchtet. Sie würden dort vom Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) und Nichtregierungsorganisationen angemessen betreut. Die Bundesregierung unterstütze die Flüchtlinge mit humanitärer Hilfe. Zur Pressefreiheit in Nigeria habe die Bundesregierung in ihrem Bericht an den deutschen Bundestag vom 11. April 1996185 Stellung genommen. Die Lage habe sich seither nicht geändert. Die Bundesregierung habe darüber hinaus keine Erkenntnisse, daß eine deutsche Firma seit Inkrafttreten der EU-Beschlüsse über die Aussetzung der militärischen Zusammenarbeit für die nigerianische Luftwaffe Flugzeuge baue und Schiffe der nigerianischen Kriegsmarine repariere. Die Bundesregierung legte ferner Maßnahmen dar, mit denen sie den Aufbau und die Tätigkeit demokratischer Parteien sowie die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen in Nigeria unterstützt.

    74. Auf die Frage, wie die Bundesregierung die derzeitige Menschenrechtssituation im Verlauf des Demokratisierungsprozesses in Äthiopien beurteile, antwortete diese: Trotz anerkennenswerter Bemühungen der Regierung in den letzten Jahren zur Verbesserung der Menschenrechtssituation in Äthiopien komme es immer wieder zu Verletzungen der Menschenrechte, was auch in Berichten von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International seinen Niederschlag finde. In der neuen äthiopischen Verfassung sei der Schutz der Menschenrechte ausdrücklich garantiert. Zwar sei der äthiopischen Regierung nicht vorzuwerfen, daß sie Menschenrechtsverletzungen bewußt als repressives Mittel zur Absicherung ihrer Macht einsetze. Es seien jedoch fehlende demokratische und menschenrechtliche Traditionen, eine von Gewalt und Dominanz einzelner Ethnien geprägte Geschichte sowie die Weite des Landes bei einem unterentwickelten Justizsystem, die es schwer machte, menschenrechtliche Normen überall effektiv durchzusetzen. Menschenrechtsfragen spielten bei allen Gesprächen der Bundesregierung mit äthiopischen Partnern eine prominente Rolle. Sie wurden erst kürzlich beim Besuch von Bundespräsident Herzog und von Bundesaußenminister Kinkel sowie von Bundesminister Spranger in Addis Abeba zu Beginn dieses Jahres erörtert.186

    75. Im Rahmen einer Lateinamerika-Reise forderte Bundesaußenminister Kinkel den peruanischen Präsidenten Fujimori auf, in seinem Land allen Bürgern faire und stabile rechtsstaatliche Verhältnisse zu garantieren.187

    76. In ihrem gemeinsamen Standpunkt vom 25. Juni 1996 betreffend Ost-Timor führt die Europäische Union aus: Art. 1: Die Europäische Union erinnert an ihre früheren Erklärungen zur Lage in Ost-Timor und hebt hervor, daß sie weiterhin das Ziel der Verbesserung der Lage in Ost-Timor in bezug auf die Einhaltung der Menschenrechte verfolge.188

    77. Auf die schriftliche Parlamentarische Anfrage, ob der Bundesregierung Augenzeugenberichte und Pressedarstellungen bekannt seien, nach denen die Polizeikräfte der Republik Südafrika in zunehmendem Maße mit großer Brutalität sowie unter Verstoß gegen die Menschenrechte gegen Einzelpersonen und Menschenansammlungen vorgingen, antwortete die Bundesregierung, solches sei dem Auswärtigen Amt nicht bekannt.189

    78. Auf die schriftliche Parlamentarische Anfrage zur Entwicklung im Sudan führte die Bundesregierung aus, das Auswärtige Amt setze derzeit die VN-Sicherheitsratsresolution 1054 vom 26. April 1996 um, in der die VN-Mitgliedstaaten zur Reduzierung des sudanesischen Botschaftspersonals, zur Beschränkung der Bewegungsfreiheit des verbleibenden Personals sowie zu Ein- und Durchreisebeschränkungen für sudanesische Regierungsmitglieder, Beamte und Armeeangehörige aufgefordert wurden. Der Sudan solle so zur Auslieferung der mutmaßlich dort befindlichen Mubarak-Attentäter und zur Beendigung der Unterstützung des internationalen Terrorismus veranlaßt werden. Das Auswärtige Amt werde der sudanesischen Botschaft in Kürze mitteilen, welcher Diplomat Deutschland zu verlassen habe. Außerdem würden alle Reisen sudanesischer Botschaftsangehöriger außerhalb eines Umkreises von 50 km um Bonn in Kürze notifizierungspflichtig. Die deutsche Visaerteilung werde schon seit einigen Wochen gegenüber sudanesischen Offiziellen erheblich restriktiver gehandhabt. Deutschland bewege sich mit seinen Maßnahmen auf einer Linie mit den EU-Partnern und den USA. Der wichtigste Ansatzpunkt für eine umfassende Regelung der Probleme im Sudan liege im Abschluß eines tragfähigen Waffenstillstands und einer sich daran anschließenden Vermittlung eines dauerhaften Friedens zwischen der sudanesischen Regierung und der Rebellenfraktion. Die Bundesregierung unterstütze dabei ausdrücklich die von den Staatspräsidenten der vier ostafrikanischen Länder Kenia, Uganda, Eritrea und Äthiopien initiierte Friedensbemühung (IGADD: Intergovernmental Authority on Defence and Development Initiative), da sie davon überzeugt sei, daß eine Lösung des Konflikts im regionalen Rahmen gefunden werden müsse. Die Bundesregierung setze sich dafür ein, daß die zuletzt im März 1996 in Nairobi erfolgten Gespräche soweit wie möglich fortgesetzt würden.190

    79. Auf die schriftliche Parlamentarische Anfrage, über welche Instrumentarien zur Durchsetzung elementarer Menschenrechte die Bundesregierung nachdenke und welche Sanktionsmöglichkeiten sie bei eklatanten Ungleichbehandlungen von Frauen, insbesondere islamischen Staaten gegenüber, anwende, antwortete die Bundesregierung wie folgt: Die Bundesregierung unterstütze bilateral und multilateral alle geeigneten Maßnahmen, die die Gleichbehandlung von Frauen förderten. Beispielhaft verwies der Staatssekretär auf die Mitarbeit in der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen. Die Bundesregierung thematisiere Menschenrechtsverletzungen an Frauen auf allen politischen Ebenen und setze sich mit Nachdruck dafür ein, daß die Empfehlungen des Schlußdokuments der 4. Weltfrauenkonferenz weltweit umgesetzt würden. Die Auslandsvertretungen verfolgten die Menschenrechtssituation der Frauen in ihrem Gastland mit besonderer Aufmerksamkeit und berichteten regelmäßig zur Entwicklung. Die Bundesregierung setze sich dafür ein, daß das wichtigste auf Frauenrechte bezogene internationale Menschenrechtsübereinkommen, das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW), von noch mehr Staaten ratifiziert und implementiert werde. Gegen Vorbehalte, die den Zielen des Übereinkommens zuwider liefen, dies gelte insbesondere für solche, die der islamischen Sharia-Gesetzgebung Vorrang einräumten, lege die Bundesregierung Einspruch ein. Die Verbesserung der Menschenrechtssituation in den Partnerländern sei ein wesentliches Ziel der Entwicklungszusammenarbeit der Bundesregierung. Negative Tendenzen stünden einer Ausweitung entgegen und führten zu Konsequenzen für Art und Umfang der Zusammenarbeit, gegebenenfalls auch zur Einstellung. Alle Projekte der Entwicklungszusammenarbeit der Bundesregierung würden daraufhin geprüft, ob sie Frauen in den Entwicklungsprozeß einbezögen und ihre rechtliche, wirtschaftliche und soziale Situation stärkten. Im Rahmen der 4. Weltfrauenkonferenz habe die Bundesregierung mit dem Ziel der Durchsetzung der Gleichstellung von Frauen 40 Mio. US-Dollar für Projekte der rechts- und sozialpolitischen Beratung zugesagt.

    80. In ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage zur Haltung der Bundesregierung zu Kinderprostitution und Prostitutionstourismus habe die Bundesregierung wiederholt betont, daß sie in der sexuellen Ausbeutung von Kindern und insbesondere in dem sogenannten Kindersextourismus eine der schlimmsten Formen der Ausbeutung sozialer Not zu Lasten der Schwächsten einer Gesellschaft sehe. Sie bekräftige deshalb erneut an dieser Stelle ihre Bereitschaft, bei der Gesetzgebung, der Durchführung von Gesetzen, der Prävention, der Folgen für die Opfer und der internationalen Zusammenarbeit im Rahmen ihrer Möglichkeiten die zur effektiven Bekämpfung des sexuellen Mißbrauchs von Kindern notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Da strafrechtliche Maßnahmen alleine nicht ausreichten, um den Sextourismus wirksam zu bekämpfen, müsse versucht werden, ihm sowohl in den Hauptzielländern als auch in den Herkunftsländern der Sextouristen präventiv die gesellschaftliche Duldung und Legitimation zu nehmen. Die Bundesregierung habe deshalb in der Vergangenheit immer wieder ihre Mißbilligung über diese abscheuliche Art des Tourismus ausgedrückt und in der Öffentlichkeit auf die nicht akzeptablen Motive der Täter und die sozialen Folgen für die Betroffenen hingewiesen. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend habe zu dem Thema Prostitutionstourismus zwei Untersuchungen durchführen lassen.191 Im Rahmen der vorstehend genannten Untersuchungen habe es auch Gespräche mit Reiseunternehmen gegeben. Das Bundesministerium der Justiz habe im November 1995 ein Symposium mit Experten aus zahlreichen Ländern durchgeführt zu dem Thema "Sexueller Mißbrauch ausländischer Kinder durch Deutsche im Ausland". Die teilnehmenden Vertreter der Reisebranche hätten im Rahmen des Symposiums die Bereitschaft bekundet, die bereits ergriffenen Maßnahmen zur Zurückdrängung des Prostitutionstourismus auszubauen und fortzusetzen, etwa durch eine entsprechende Prospektgestaltung, durch eine die Problemsicht fördernde Schulung ihrer Mitarbeiter und durch Auswahl und Überwachung der angebotenen Hotels. Seit 1994 sei das Bundesministerium der Justiz in ca. 10 Fällen durch das Auswärtige Amt über Festnahmen Deutscher in Thailand, Sri Lanka, Brasilien und auf den Philippinen wegen des Verdachts des sexuellen Mißbrauchs von Kindern unterrichtet worden. In fünf dieser Fälle seien Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Ein Ermittlungsverfahren sei mittlerweile eingestellt worden, weil die durchgeführten Vernehmungen der Anzeigeerstatter als Zeugen den Tatverdacht nicht bestätigt hätten. Die vier anderen Ermittlungsverfahren dauerten an. Nach dem Vertrag vom 26. Mai 1993 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Thailand über die Überstellung von Straftätern und über die Zusammenarbeit bei der Vollstreckung von Strafurteilen stelle das Übereinkommen vom 21. März 1983 über die Überstellung verurteilter Personen die Rechtsgrundlage dafür da, daß Strafgefangene in geeigneten Fällen ihre Strafe im Heimatstaat verbüßen könnten. Diesem Übereinkommen gehörten außer Albanien, Andorra, Lettland, Moldawien, Rußland, San Marino und die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien alle Europaratsstaaten an. Daneben sei es für die Bahamas, Kanada, Kroatien, Trinidad und Tobago sowie die Vereinigten Staaten von Amerika in Kraft. Chile und Costa Rica beabsichtigten in Kürze beizutreten. Vergleichbare bilaterale Abkommen oder Verhandlungen mit anderen Ländern gebe es nicht. Der bilaterale Vertrag mit Thailand sei noch nicht in Kraft getreten, so daß er noch nicht für die Überstellung von Häftlingen herangezogen worden sei. Die Tätigkeit der Verbindungsbeamten des Bundeskriminalamtes richte sich nach der Vereinbarung zwischen dem Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium des Innern über die Entsendung von Verbindungsbeamten des Bundeskriminalamtes an deutsche Auslandsvertretungen vom 20. Dezember 1994. Danach hätten die Verbindungsbeamten unter anderem die Aufgabe, Informationsgewinnung und Informationsaustausch vor allem zur Unterstützung deutscher Ermittlungsverfahren, aber auch zur Unterstützung der für die Bekämpfung des jeweiligen Kriminalitätsbereichs zuständigen Behörden der Gastländer bei ihren eigenen Ermittlungsverfahren mit Bezug zur Bundesrepublik Deutschland zu betreiben. In diesem Zusammenhang wirkten sie in Fahndung und polizeilichen Rechtshilfeangelegenheiten mit. Der Leiter der Auslandsvertretung sei befugt, Aktivitäten der Verbindungsbeamten des BKA, die nach seiner Auffassung die außenpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigen könnten, bis auf weiteres zu untersagen. Strafverfahren, bei denen sich die wesentlichen Beweismittel im Ausland befänden, seien durch besondere Probleme in der Beweisführung gekennzeichnet. Dies treffe in besonderem Maße für die Strafverfolgung Deutscher wegen im Ausland begangenen sexuellen Mißbrauchs ausländischer Kinder zu. Beweismittel seien in diesen Fällen häufig nur im Wege des strafrechtlichen Rechtshilfeverkehrs mit dem Tatortstaat zu erlangen. Die Bundesregierung werde insbesondere in Fällen des Kindersextourismus weiterhin alle ihre gegebenen Möglichkeiten nutzen, die Gestaltung des Rechtshilfeverkehrs mit den betroffenen Staaten zu optimieren, um die genannten Beweisführungsprobleme zu lösen. In Kenia sei mit einem Projekt begonnen worden, das sich ausschließlich an Frauen, Jugendliche und Kinder wende, die der Tourismus bedingten Prostitution nachgingen.192

    81. Im Rahmen der Kleinen Anfrage zur Menschenrechtslage in Haiti legte die Bundesregierung dar, das Auswärtige Amt (Arbeitsstab humanitäre Hilfe) habe aus Mitteln des Titels 68312 im Jahre 1995 5 006 480 DM für Projekte der humanitären Soforthilfe in Haiti zur Verfügung gestellt. Im Jahre 1995 seien über das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vor allem Vorhaben über nichtstaatliche Träger unterstützt worden. Die Gesamtsumme der Auszahlung belaufe sich auf ca. 2,9 Mio. DM. Unterstützt seien sechs Vorhaben der Kirchen, die 1995 insgesamt 52 411 DM einsetzten. Es handele sich um Vorhaben zum Bodenschutz und zur Erosionskontrolle, zur Lehrerfortbildung an Berufsschulen und zur Förderung der ländlichen Primarschulen, zur Trinkwasserversorgung sowie zur Ausrüstung einer Schlosserlehrwerkstatt.193

    82. In einer Aussprache im Bundestag zur Situation in Zypern sagte Staatsminister Hoyer aus, daß die Resolution der Vereinten Nationen zu diesem Thema eindeutig und auch für die Bundesrepublik Deutschland "bindend" sei.194 Die Bundesregierung setze sich für eine Lösung der Zypernfrage auf der Grundlage der vorliegenden VN-Resolution ein. Die Bundesregierung habe die Gelegenheit des Besuches von Staatspräsident Demirel genutzt, um sich für eine möglichst rasche Lösung des Problems auf dieser Grundlage einzusetzen.195 Ziel der Bundesregierung sei es, Zypern als Ganzes bikommunal und bizonal in die Europäische Union aufzunehmen.196 Auf die Frage, welche Konsequenzen die Bundesregierung aus der Ermordung eines weiteren griechischen Zyprioten durch Vertreter der türkischen Besatzungsmacht an der Grenze zwischen beiden Teilen Zyperns am 13. Oktober 1996 ziehe, und in welcher Weise sie öffentlich und/oder bei den Behörden des NATO-Partners Türkei dagegen protestiert habe, antwortete Staatsminister Hoyer, daß der Sprecher des Auswärtigen Amtes den Zwischenfall bereits am 15. Oktober in der Bundespressekonferenz deutlich verurteilt habe. Darüber hinaus habe die irische Präsidentschaft auch im deutschen Namen, also im Namen der Europäischen Union, am 16. Oktober die Erschießung des griechisch-zyprischen Zivilisten Pedros Kakoullis durch türkisch-zyprische Soldaten in eindeutiger Weise verurteilt. Diese zwischen den Partnern abgestimmte Erklärung der Europäischen Union zeige auch die Konsequenzen auf, die nach Ansicht der Bundesregierung zu ziehen seien:

      1. kein tödlicher Waffeneinsatz gegen Personen einer Waffenstillstandslinie oder in der Pufferzone;
      2. keine scharfe Munition für Posten an dieser Linie und verstärkte Ausdünnung dieser Posten, wie in den VN-Resolutionen vorgesehen;
      3. alle Seiten sind aufgerufen sich zurückzuhalten, damit derartige Todesfälle nicht mehr vorkommen;
      4. Fortschritte im Dialog zischen den beiden Volksgruppen, um eine umfassende politische Lösung unter der Ägide der Vereinten Nationen zu ermöglichen.197
    Auf die Frage nach Reaktionen auf Verletzungen in der Grenze der Türkei, antwortete Staatsminister Hoyer, entscheidend sei die Frage, ob die Verhältnismäßigkeit gewahrt werde.198 Auf die Frage, wie die Bundesregierung die Presseverlautbarung des Kommandeurs der VN-Friedenstruppen auf Zypern vom 14. Oktober 1996, in der dieser den Kommandeur der türkischen Truppen in den "stärkstmöglichen Worten" öffentlich aufgefordert habe, "die Soldaten unter seinem Kommando zu instruieren, nicht zu schießen, es sei denn, ihr eigenes Leben wäre bedroht", beurteile, führte Staatsminister Hoyer aus, Maßnahmen im Sinne der Erklärung des UNFICYP-Kommandeurs vom 14. Oktober dieses Jahres seien ein richtiger und wichtiger Schritt zur Deeskalation auf Zypern. Die Türkei sei aufgefordert, in dieser Richtung tätig zu werden.199

    83. Zur Kleinen Anfrage betreffend die Zusammenarbeit der Bundesregierung mit der Republik Jemen unter besonderer Berücksichtigung der Lage der Menschenrechte im Jemen nahm die Bundesregierung dahin gehend Stellung, es gebe derzeit keine Vereinbarungen mit der Republik Jemen über militärische und/oder polizeiliche Zusammenarbeit bzw. Ausstattungs- und Ausbildungshilfe. Auf der Grundlage von Ressortvereinbarungen (BMVG) hatten die jeminitischen Streitkräfte von 1971 bis 1994 Ausstattungshilfe in Höhe von insgesamt 27 Mio. DM erhalten. Die Bundesregierung habe Kontakt zu Vertretern von Oppositionsparteien in der Republik Jemen sowohl innerhalb als auch außerhalb des Parlaments. Obwohl sich die Menschenrechtslage seit Ende des Bürgerkrieges im Frühsommer 1994 auch infolge einer Stabilisierung der politischen Lage insgesamt verbessert habe, bleibe sie in diesem islamischen Land aus europäischer Sicht nicht zufriedenstellend. Dies gelte insbesondere für das hier geltende islamische Familienrecht, das Frauen weiterhin erheblich benachteilige. Die Frauen hätten allerdings das aktive und passive Wahlrecht. In den vergangenen Monaten habe es einzelne Fälle politisch motivierter Inhaftierungen, von denen auch Journalisten betroffen gewesen seien, gegeben. Diese Personen seien jedoch jeweils nach wenigen Tagen wieder auf freien Fuß gesetzt worden. In Einzelfällen habe die Bundesregierung bei den jemenitischen Behörden zugunsten der Gefangenen demarchiert. Der Jemen sei zudem bereit, mit Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International einen Dialog zu führen und Wünschen nach Gefängnisbesuchen zu entsprechen. Die Gewährleistung von politischem Pluralismus, freier Meinungsäußerung, Pressefreiheit und Menschenrechten sei Gegenstand des laufenden bilateralen Dialogs auf allen Ebenen. Die Bundesregierung fördere den nationalen Dialog innerhalb des Landes durch direkten Kontakt mit der jemenitischen Regierung durch entsprechende Streuung deutscher EZ-Projekte im ganzen Land.200



    170 BT-Drs. 13/6628, 4; s. auch BT-Drs. 13/6558, 1, in dieser Angelegenheit.
    171 BT-Drs. 13/6545.
    172 Art. 32 EMRK.
    173 Art. 54 EMRK.
    174 BT-Drs. 13/5941; s. noch zu Burma BT-Drs. 13/6614.
    175 FAZ vom 21.10.1996, 6.
    176 FAZ vom 22.10.1996, 1.
    177 BT-Drs. 13/3461.
    178 BT-Drs. 13/4819.
    179 FAZ vom 21.11.1996, 10.
    180 BT-Drs. 13/3485.
    181 In den Schlußfolgerungen des Vorsitzenden heiße es: "Angesichts der Bedeutung Irans in der Union bekräftigt der Europäische Rat seinen Standpunkt, daß ein Dialog mit der iranischen Regierung geführt werden sollte. Dabei sollte es sich um einen kritischen Dialog handeln."
    182 BT-PlPr., 104. Sitzung, 9218.
    183 BT-Drs. 13/4327; s. hierzu auch Gemeinsamer Standpunkt der Europäischen Union vom 30.11.1995, vom Rat aufgrund Art. J. 2 und des Vertrages über die Europäische Union festgelegt, BT-Drs. 13/4327; Gemeinsamer Standpunkt vom 12.12.1995, BT-Drs. 13/4327.
    184 BT-Drs. 13/4327.
    185 BT-Drs. 13/4327.
    186 BT-Drs. 13/4596, 4.
    187 FAZ vom 2.5.1996, 2.
    188 Gemeinsamer Standpunkt, vom Rat aufgrund von Art. J. 2 des Vertrages über die Europäische Union festgelegt, ABl. EG Nr. L 168/2.
    189 BT-PlPr., 134. Sitzung, 12011.
    190 BT-Drs. 13/4909, 4.
    191 Frauenhandel und Prostitutionstourismus - eine Bestandsaufnahme 1990, Aktionsgemeinschaft gegen internationale und rassistische Ausbeutung von Frauen, Umfeld und Ausmaß des Menschenhandels mit ausländischen Mädchen und Frauen, 1992, Katholische Universität Eichstätt, erschienen als Band 8 der Schriftenreihe des früheren Bundesministeriums für Frauen und Jugend.
    192 BT-Drs. 13/4593.
    193 BT-Drs. 13/3820.
    194 BT-PlPr., 134. Sitzung, 12013.
    195 BT-PlPr., 134. Sitzung, 12015.
    196 BT-PlPr., 134. Sitzung, 12017.
    197 BT-PlPr., 134. Sitzung, 12017.
    198 BT-PlPr., 134. Sitzung, 12018.
    199 BT-PlPr., 134. Sitzung, 12020.
    200 BT-Drs. 13/3600.