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Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1996


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Volker Röben

I. Völkerrechtsquellen, Grundlagen der völkerrechtlichen Beziehungen

    Die Bundesrepublik Deutschland war während eines Teiles des Berichtszeitraums nichtständiges Mitglied des VN-Sicherheitsrates. Sie legte im Rahmen ihrer Stellungnahmen zu den Beratungsgegenständen des Rates ihre Auffassung auch zu Völkerrechtsquellen und Grundlagen der völkerrechtlichen Beziehungen dar.1

    1. Zu internationaler Zusammenarbeit, Gewaltverbot, internationaler Gerichtsbarkeit und Menschenrechten als Grundlage des friedlichen Zusammenlebens der Völker nahm die Bundesregierung im Berichtszeitraum Stellung.
    Bundesaußenminister Kinkel legte in seiner Rede vor der VN-Vollversammlung dar:2

    "Part of the European Union's peace message is that we Europeans stand for a policy of international cooperation among equals, and for a global partnership for development and the environment in the twenty-first century. ... The recipe is free markets, democracy, reliability of the judicial system, and integration into the global economy."
    Die Bundesregierung nahm zu den durch das IGH-Gutachten vom 8. Juli 1996 zum Einsatz von Nuklearwaffen aufgeworfenen Fragen des Gewaltverbots in Beantwortung einer schriftlichen Parlamentarischen Anfrage wie folgt Stellung:3
    "Die Bundesregierung sieht sich durch das Gutachten in ihrer Auffassung bestärkt, daß bei Androhung des Einsatzes oder Einsatz von Nuklearwaffen Art. 2 Abs. 4 und Art. 51 der VN-Charta, die Regeln der Verhältnismäßigkeit sowie die auf alle Waffen anwendbaren Regeln des humanitären Völkerrechts zu beachten sind. Das Gutachten des IGH zeigt auch, daß der Gerichtshof zur Kenntnis nimmt, daß die Staatenpraxis noch nicht zu einem generellen Verbot von Nuklearwaffen gelangt ist. Er bezeichnet folgerichtig den Besitz von Nuklearwaffen durch die Kernwaffenstaaten und die zugrundeliegende Abschreckungsstrategie nicht als völkerrechtswidrig. Der IGH hat in seinem Gutachten nicht die Aufnahme von Verhandlungen über eine weltweite Konvention zum Verbot von Atomwaffen gefordert. Er hat festgestellt, daß eine Verpflichtung der Kernwaffenstaaten zur nuklearen Abrüstung unter strikter und effektiver internationaler Kontrolle bestehe."
    Der IGH mache deutlich, daß es sich bei Art. 6 des Vertrages über die Nichtverbreitung von Kernwaffen nicht nur um eine prozedurale Verhandlungspflicht handele, sondern daß die Verpflichtung darin bestehe, ein bestimmtes Ergebnis - nukleare Abrüstung in allen Aspekten - zu erreichen. Die Bundesregierung habe sich seit jeher gemeinsam mit ihren Verbündeten und Partnern nachdrücklich für eine Reduzierung der Nuklearwaffen in der Welt eingesetzt. Mit der unbefristeten und unkonditionierten Verlängerung des NVV und der gleichzeitigen Annahme des Dokuments zu "Prinzipien und Zielen für die nukleare Nichtverbreitung und Abrüstung" im Mai 1995 und der Annahme des Vertrages über einen umfassenden nuklearen Teststop durch die 50. VN-Vollversammlung im September 1996 seien wichtige nichtverbreitungspolitische Schritte getan worden. Jetzt komme es vor allem darauf an, daß die Verträge zur Verminderung von Nuklearwaffen wie START II in Kraft träten und strikt umgesetzt würden. Weiterhin messe die Bundesregierung der Aufnahme von Verhandlungen über ein Verbot der Produktion von Spaltmaterial für Waffenzwecke (cut off ) große Bedeutung zu. Der Prozeß der nuklearen Abrüstung entsprechend den Verpflichtungen in Art. 6 NVV solle in dieser Weise wichtige weitere Impulse erhalten.
    Die irische Regierung befürwortete im Namen der EU das Projekt eines Internationalen Strafgerichtshofs:4
    "A permanent international criminal court should be established and should function as an independent institution closely linked to United Nations. The widest possible number of States should accede to its statute, and its jurisdiction should be expressly limited to the most serious offences, which must be defined without any ambiguity. The statute of the court should also contain provisions on the principle of complementarity, the applicable general rules of criminal law, the protection of the rights of the accused, and the protection of witnesses and victims. Furthermore, the statute should impose on States parties the obligation to cooperate with the court, particularly with respect to the transfer of the accused, taking into account the existing structures of judicial cooperation. The court should play a deterrent role, ensuring that those responsible for the crimes covered by its statute, in particular serious violations of international humanitarian law, were brought to justice."
    Zum Beratungsgegenstand "International Tribunal for the Former Yugoslavia" rief der deutsche Vertreter alle Staaten zur Unterstützung des Tribunals auf und nutzte diese Gelegenheit,
    "to express once again Germany's unequivocal commitment to the Tribunal and its purposes: that justice be done and executed."5
    Zum Ruanda Tribunal legte der deutsche Vertreter dar, daß Deutschland das Tribunal weiter politisch und materiell unterstütze. Der von der deutschen Regierung gestellte Vertreter der Anklage, der wertvolle Erfahrungen als Mitglied der Human Rights Field Operation in Ruanda gesammelt habe, werde seine Arbeit in Kigali Ende Dezember 1996 aufnehmen.6
    Die Bedeutung der schiedsgerichtlichen zwischenstaatlichen Streitigkeiten unterstrich im Rahmen des Beratungsgegenstands "International Crimes" in der Völkerrechtskommission der deutsche Vertreter im 6. Ausschuß der Generalversammlung:
    "The draft articles on international crimes, as they stand now, are devoid of any such safeguards; there is no attempt to subject counter measures on the part of not directly injured states to some form of collective decision, within or outside the framework of the UN Charter. What can be found with regard to specific legal consequences consists of the relaxing of the usual limitations to claims of reparation and, further, of a set of obligations arising for all states. Finally, the draft part 3 on dispute settlement does not contain any element of compulsory arbitration or adjudication specifically designed to counter the dangers of unleashing the concept of crimes in an international legal environment that remains characterised by individual state determination of rights and duties."7
    Der deutsche Vertreter im 6. Ausschuß führte zu den Empfehlungen in Kapitel VII des Kommissionsberichts aus, daß die im Statut der Kommission getroffene Unterscheidung zwischen "progressive development of international law" und "codification" in der Praxis schwierig sei.8 Er empfahl die enge Konsultation mit den Staaten, um die für "progressive development" geeigneten Themen zu identifizieren. Die Generalversammlung und andere VN-Organe bzw. Institutionen sollten ermutigt werden, der Kommission Kodifikationsvorschläge zu unterbreiten. Heute gebe es allerdings kaum noch Bedürfnis für eine Kodifikation im großen Stil, wenn auch die gegenwärtige Arbeit an einem internationalen Strafgerichtshof und an einem "Code of Crimes against the Peace and Security of Mankind" die fortdauernde Bedeutung dieser Arbeit illustriere. 9
    In ihrem dritten Bericht über Menschenrechtspolitik in den auswärtigen Beziehungen, den sie in Form einer Unterrichtung des Bundestages vorlegte,10 machte die Bundesregierung deutlich, daß sie für eine universelle Geltung der Menschenrechte eintrete, Überheblichkeit gegenüber anderen Kulturen und Feindbilder aber entschieden ablehne. Hervorzuheben sei auch, daß Menschenrechtspolitik im eigenen Lande anfange, denn nur so sei sie glaubwürdig und könne international effizient umgesetzt werden. Ziel deutscher Menschenrechtspolitik sei die weltweite Durchsetzung und Sicherung der ganzen Bandbreite der bürgerlichen, politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte. Sie selbst setze sich für die Erarbeitung einer konsensfähigen Konzeption des Rechts auf Entwicklung ein. Die Bundesregierung erläuterte, solange Menschen anders vor Verletzungen ihrer Rechte und Grundfreiheiten nicht geschützt werden könnten, müßten Kontrolle, Druck und öffentliche Kritik als Mittel zur Durchsetzung zur Verfügung bleiben. Zugleich sei auf Dialog und Kooperation gegründete Menschenrechtspolitik Herzstück präventiver Diplomatie und Konfliktvorbeugung. Zudem sei Menschenrechtspolitik eine Querschnittaufgabe für alle Politikbereiche, der sich die Bundesregierung national wie international in nachhaltigem Engagement widme. Neben der Bekämpfung aktueller Menschenrechtsverletzungen sehe sie ihre Hauptaufgabe darin, die Menschenrechte auf den unterschiedlichen Aktionsfeldern der Außenbeziehungen stärker zu berücksichtigen und die Position des im April 1994 von den Vereinten Nationen eingesetzten Hochkommissars für Menschenrechte auszubauen und zu konsolidieren. Durch die Schaffung dieses Postens sei der Stellenwert der Menschenrechte weltweit erhöht und damit eine Voraussetzung für langfristige Verbesserung geschaffen worden. Notwendig sei es ferner, das Menschenrechtszentrum und seine beratenden Dienste zu fördern und den finanziellen Anteil der Menschenrechtsaktivitäten am Gesamtbudget der VN zu erhöhen. Die Bundesregierung konstatierte, einerseits sei zwar das Bewußtsein für den Stellenwert der Menschenrechte in den internationalen Beziehungen sowohl bei politischen Entscheidungsträgern als auch in der öffentlichen Meinung geschärft worden, auf der anderen Seite sei aber in der letzten Zeit die Akzeptanz der Universalität der Menschenrechte zurückgegangen. Dies beruhe einmal auf der weiterbestehenden Nord-Süd-Problematik und der Forderung mancher Länder, auch menschenrechtlich einen eigenen Entwicklungsweg zu gehen. Einen weiteren Grund sieht die Bundesregierung im Erstarken fundamentalistischer Tendenzen vor allem in islamischen Staaten. Versuche, die Universalität der Menschenrechte, die bei der Menschenrechts-Weltkonferenz 1993 im Konsens bestätigt worden sei, zu relativieren, zeigten sich auch bei der Weltbevölkerungskonferenz 1994, dem Weltsozialgipfel und der vierten Weltfrauenkonferenz 1995. Positiv würdigte die Bundesregierung die fortschreitende europäische Integration, die auch die gemeinsame Außenpolitik auf die Menschenrechte intensiviere, und den Einsatz der Nichtregierungsorganisationen, ohne den der heute weltweit erreichte Stand der Geltung und Respektierung der Menschenrechte nicht denkbar wäre. Dem konstruktiv kritischen Austausch mit den NGOs komme bei der Umsetzung und Fortentwicklung der Menschenrechtspolitik eine "wesentliche Rolle" zu. Die Bundesregierung habe zur besseren Koordinierung im Auswärtigen Amt einen Beauftragten für humanitäre Hilfe und Menschenrechtsfragen ernannt und eine neue Abteilung "Vereinte Nationen, Menschenrechte und humanitäre Hilfe" gegründet. Innerhalb der EU habe sie sich erfolgreich dafür eingesetzt, daß die Achtung der Grundrechte, wie sie in der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten gewährleistet seien, in den EU-Vertrag aufgenommen worden sei. Sie habe sich im Berichtszeitraum international dafür eingesetzt, daß alle Staaten das Übereinkommen über die Rechte des Kindes entsprechend dem Appell des Weltkindergipfels ratifizierten. Die Kinder stellten eine besonders schwache Gruppe dar, die in der Regel nicht selbst für die Beachtung ihrer elementaren Rechte eintreten könne. Deshalb bräuchten sie weltweit besondere Schutzinstrumente und nachhaltige Anstrengungen zur Verbesserung ihrer sozialen Lage. Im einzelnen geht die Bundesregierung in ihrem Bericht auf die Situation in Staaten Asiens, des Nahen Ostens, Afrikas und Lateinamerikas ein.
    In der Aussprache des Bundestages und der Regierungserklärung zum Menschenrechtstag der Vereinten Nationen am 5. Dezember 1996 wies Bundesaußenminister Kinkel unter anderem den Vorwurf zurück, das Eintreten für die Menschenrechte laufe darauf hinaus, anderen Kulturen westliche Werte überzustülpen. Die Menschenrechte hätten deshalb globale Geltung, weil die Menschen überall von dieser Idee erfaßt seien. Kinkel sprach sich für einen Dialog der Kulturen und für gegenseitige Toleranz aus. Aber mit Extremisten, die sich auf absolute Heilslehren beriefen, gebe es keinen Dialog. Die weltweite Abschaffung von Folter und Todesstrafe sei ein wichtiges Ziel deutscher Politik. An diese Feststellung knüpften in der Debatte mehrere Redner an und forderten die Bundesregierung dazu auf, auf die Abschaffung der Todesstrafe in Amerika hinzuweisen.11

    2. Die deutsche Außenpolitik hatte sich im Berichtszeitraum im Rahmen der Neuregelung der Beziehungen zur Tschechischen Republik mit den Grundlagen der völkerrechtlichen Beziehungen zwischen benachbarten Staaten auseinanderzusetzen.
    Die Bundesregierung unterzeichnete am 19. Dezember 1996 eine Protokollnotiz zur gemeinsamen Erklärung mit der Tschechischen Republik.12 Darin stellen beide Seiten ihr Einvernehmen über den Wortlaut der "deutsch-tschechischen Erklärung über die gegenseitigen Beziehungen und deren künftige Entwicklung" fest. Regierungssprecher Hausmann erläuterte, die Erklärung sei von den beiden Außenministern nicht paraphiert worden, weil es nur bei völkerrechtlichen Verträgen, die der parlamentarischen Ratifizierung bedürften, üblich sei, daß die Texte vor der formellen Unterzeichnung mit den Namenskürzeln der verantwortlichen Unterhändler abgezeichnet würden. Da es sich jetzt um eine nicht ratifizierungsbedürftige "politische Erklärung" handele, komme die Form der Protokollnotiz in Betracht. Bundeskanzler Kohl werde im Januar 1997 in Prag die Erklärung zusammen mit dem tschechischen Ministerpräsidenten Klaus unterschreiben. Danach würden sich die Parlamente mit dem Text befassen. Regierungssprecher Hausmann benutzte dafür den Begriff, sie würden sich mit der Erklärung "auseinandersetzen". Die deutsch-tschechische Erklärung lautet:13

    "Die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik eingedenk des Vertrages vom 27. Februar 1992 über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik, mit dem Deutsche und Tschechen einander die Hand gereicht haben, in Würdigung der langen Geschichte fruchtbaren und friedlichen Zusammenlebens von Deutschen und Tschechen, in deren Verlauf ein reiches kulturelles Erbe geschaffen wurde, das bis heute fortwirkt, in der Überzeugung, daß zugefügtes Unrecht nicht ungeschehen gemacht, sondern allenfalls gemildert werden kann, und daß dabei kein neues Unrecht entstehen darf, im Bewußtsein, daß die Bundesrepublik Deutschland die Aufnahme der Tschechischen Republik in die Europäische Union und die Nordatlantische Allianz nachdrücklich und aus der Überzeugung heraus unterstützt, daß dies im gemeinsamen Interesse liegt, im Bekenntnis zu Vertrauen und Offenheit in den beiderseitigen Beziehungen als Voraussetzung für dauerhafte und zukunftsgerichtete Versöhnung erklären gemeinsam: Ziff. 1. Beide Seiten sind sich ihrer Verpflichtung und Verantwortung bewußt, die deutsch-tschechischen Beziehungen im Geiste guter Nachbarschaft und Partnerschaft weiterzuentwickeln und damit zur Gestaltung des zusammenwachsenden Europas beizutragen. Die Bundesrepublik Deutschland und die Tschechische Republik teilen heute gemeinsame demokratische Werte, achten die Menschenrechte, die Grundfreiheiten und die Normen des Völkerrechts und sind den Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit und einer Politik des Friedens verpflichtet. Auf dieser Grundlage sind sie entschlossen, auf allen für die beiderseitigen Beziehungen wichtigen Gebieten freundschaftlich und eng zusammenzuarbeiten. Beide Seiten sind sich zugleich bewußt, daß der gemeinsame Weg in die Zukunft ein klares Wort zur Vergangenheit erfordert, wobei Ursache und Wirkung in der Abfolge der Geschehnisse nicht verkannt werden dürfen. Ziff. 2: Die deutsche Seite bekennt sich zur Verantwortung Deutschlands für seine Rolle in einer historischen Entwicklung, die zum Münchner Abkommen von 1938, der Flucht und Vertreibung von Menschen aus dem tschechoslowakischen Grenzgebiet sowie zur Zerschlagung und Besetzung der Tschechoslowakischen Republik geführt hat. Sie bedauert das Leid und das Unrecht, das dem tschechischen Volk durch die nationalsozialistischen Verbrechen und von Deutschen angetan worden ist. Die deutsche Seite würdigt die Opfer nationalsozialistischer Gewaltherrschaft und diejenigen die dieser Gewaltherrschaft Widerstand geleistet haben. Die deutsche Seite ist sich auch bewußt, daß die nationalsozialistische Gewaltpolitik gegenüber dem tschechischen Volk dazu beigetragen hat, den Boden für Flucht, Vertreibung und zwangsweise Aussiedelung nach Kriegsende zu bereiten. Ziff. 3: Die tschechische Seite bedauert, daß durch die nach dem Kriegsende erfolgte Vertreibung sowie zwangsweise Aussiedlung der Sudetendeutschen aus der damaligen Tschechoslowakei, die Enteignung und Ausbürgerung unschuldigen Menschen viel Leid und Unrecht zugefügt wurde, und dies auch angesichts des kollektiven Charakters der Schuldzuweisung. Sie bedauert insbesondere die Exzesse, die im Widerspruch zu elementaren Grundsätzen der Menschlichkeit und auch den damals geltenden rechtlichen Normen gestanden haben, und bedauert darüber hinaus, daß es aufgrund des Gesetzes Nr. 115 vom 8. Mai 1946 ermöglicht wurde, diese Exzesse als nicht widerrechtlich anzusehen und daß infolgedessen die Taten nicht bestraft wurden. Ziff. 4: Beide Seiten stimmen darin überein, daß das begangene Unrecht der Vergangenheit angehört und werden daher ihre Beziehung auf die Zukunft ausrichten. Gerade deshalb, weil sie sich der tragischen Kapitel ihrer Geschichte bewußt bleiben, sind sie entschlossen, in der Gestaltung ihrer Beziehung weiterhin der Verständigung und dem gegenseitigen Einvernehmen Vorrang einzuräumen, wobei jede Seite ihrer Rechtsordnung verpflichtet bleibt und respektiert, daß die andere Seite eine andere Rechtsauffassung hat. Beide Seiten erklären deshalb, daß sie ihre Beziehungen nicht mit aus der Vergangenheit herrührenden politischen und rechtlichen Fragen belasten werden. Ziff. 5: Beide Seiten bekräftigen ihre Verpflichtungen aus den Art. 20 und 21 des Vertrages vom 27. Februar 1992 über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik, in denen die Rechte der Angehörigen der deutschen Minderheit in der Tschechischen Republik und von Personen tschechischer Abstammung in der Bundesrepublik Deutschland im einzelnen niedergelegt sind. Beide Seiten sind sich bewußt, daß diese Minderheit und diese Personen in den beiderseitigen Beziehungen eine wichtige Rolle spielen, und stellen fest, daß deren Förderung auch weiterhin im beiderseitigen Interesse liegt. Ziff. 6: Beide Seiten sind überzeugt, daß der Beitritt der Tschechischen Republik zur Europäischen Union und die Freizügigkeit in diesem Raum das Zusammenleben von Deutschen und Tschechen weiter erleichtern wird. In diesem Zusammenhang geben sie ihrer Genugtuung Ausdruck, daß aufgrund des Europaabkommens über die Assoziierung zwischen der Tschechischen Republik und den Europäischen Gemeinschaften und ihrer Mitgliedstaaten wesentliche Fortschritte auf dem Gebiet der wirtschaftlichen Zusammenarbeit einschließlich der Möglichkeiten selbständiger und unternehmerischer Tätigkeit gemäß Art. 45 dieses Abkommens erreicht worden sind. Beide Seiten sind bereit, im Rahmen ihrer geltenden Rechtsvorschriften bei der Prüfung von Anträgen auf Aufenthalt und Zugang zum Arbeitsmarkt humanitäre und andere Belange, insbesondere verwandtschaftliche Beziehungen und familiäre und weitere Bindungen, besonders zu berücksichtigen. Ziff. 7: Beide Seiten werden einen deutsch-tschechischen Zukunftsfond errichten. Die deutsche Seite erklärt sich bereit, für diesen Fond den Betrag von 140 Millionen DM zur Verfügung zu stellen. Die tschechische Seite erklärt sich bereit, ihrerseits für diesen Fond einen Betrag von 20 bzw. 25 Millionen DM zur Verfügung zu stellen. Über die gemeinsame Verwaltung dieses Fonds werden beide Seiten eine gesonderte Vereinbarung treffen. Dieser gemeinsame Fond wird der Finanzierung von Projekten gemeinsamen Interesses dienen (Jugendbegegnungen, Altenfürsorge, Sanatorienbau und -betrieb, Pflege und Renovierung von Baudenkmälern und Grabstätten, Minderheitenförderung, Partnerschaftsprojekte, deutsch-tschechische Gesprächsforen, gemeinsame wissenschaftliche und ökologische Projekte, Sprachunterricht, grenzüberschreitende Zusammenarbeit). Die deutsche Seite bekennt sich zu ihrer Verpflichtung und Verantwortung gegenüber all jenen, die Opfer nationalsozialistischer Gewalt geworden sind. Daher sollen die dafür in Frage kommenden Projekte insbesondere Opfern nationalsozialistischer Gewalt zugute kommen. Ziff. 8: Beide Seiten stimmen darin überein, daß die historische Entwicklung der Beziehung zwischen Deutschen und Tschechen insbesondere in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts der gemeinsamen Erforschung bedarf, und treten daher für die Fortführung der bisher erfolgreichen Arbeit der deutsch-tschechischen Historikerkommission ein. Beide Seiten sehen zugleich in der Erhaltung und Pflege des kulturellen Erbes, das Deutsche und Tschechen verbindet, einen wichtigen Beitrag zum Brückenschlag in die Zukunft. Beide Seiten vereinbaren die Einrichtung eines deutsch-tschechischen Gesprächsforums, das insbesondere aus den Mitteln des gemeinsamen deutsch-tschechischen Zukunftsfonds gefördert wird und in dem unter der Schirmherrschaft beider Regierungen und Beteiligung aller an einer engen und guten deutsch-tschechischen Partnerschaft interessierten Kreise der deutsch-tschechische Dialog gepflegt werden soll."
    Zur deutsch-tschechischen Regierungserklärung führte die Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage folgendes aus:14
    "Das Ziel der gegenwärtig zwischen der Bundesregierung und der Regierung der Tschechischen Republik laufenden Verhandlungen über eine gemeinsame Erklärung gilt der Gestaltung der Zukunft und dem Ausbau von Beziehungen guter Nachbarschaft in dem sich einigenden Europa. Soweit in den Gesprächen die Vergangenheit berührt ist, geht es um den Versuch, Worte der Versöhnung zur gemeinsamen Bewältigung der leidvollen Vergangenheit zu finden, insbesondere auch angemessene Worte zum schweren Schicksal der vertriebenen Sudetendeutschen."
    Bundesaußenminister Kinkel legte in einer aktuellen Stunde dar:15
    "Wir möchten unsere engen und freundschaftlichen Beziehungen mit der Tschechischen Republik konsequent fortentwickeln. Diese Beziehungen sind gut. Ein gutes Verhältnis zu unserem wichtigen Nachbarn ist im Hinblick auf unsere gemeinsame Geschichte von absolut zentraler Bedeutung. Dabei wissen wir sehr genau, daß wir die Vergangenheit nicht abstreifen, nicht verdrängen können - wir wollen das auch nicht - , sondern uns dieser Vergangenheit stellen müssen. Das gilt für beide Seiten. Aber es darf nicht nur um das gehen, was war. Unser Blick muß, so wie ich es vor diesem Hause am 31. Januar 1996 gesagt habe, in die Zukunft gerichtet sein. Dazu gehört auch, daß Deutschland ohne Bedingungen den Wunsch der Tschechischen Republik nach Beitritt zur Europäischen Union und zur NATO unterstützt."
    Die Bundesregierung bestätigte im Bundestag, daß sie die Vertreibung und entschädigungslose Enteignung der Sudetendeutschen immer als völkerrechtswidrig verurteilt habe.16 Die Vertreibung Deutscher in der Folge des Zweiten Weltkriegs widerspreche den Grundsätzen des Selbstbestimmungsrechts der Völker. Die Bundesregierung sei sich gleichzeitig bewußt, daß auch aus völkerrechtlichen Unrechtsakten neue Realitäten erwachsen könnten.17 (s. auch unten Ziff. 22).

    3. Auch im Jahre 1996 waren Fragen der Souveränität und der Nichteinmischung der Staaten wiederholt Gegenstand von Stellungnahmen.18
    Im Zusammenhang mit dem sog. Mykonos-Prozeß vor dem Berliner Landgericht stellte sich auch die Frage, ob die Prozeßdurchführung eine Intervention in die inneren Angelegenheiten Irans darstellen könne. Die iranische Regierung hatte förmlich gegen die Plädoyers der Bundesanwaltschaft protestiert. Teherans Botschafter habe sich über den "politischen Prozeß" beschwert. Gleichzeitig sei der deutsche Botschafter im Iran in das Teheraner Außenministerium einbestellt worden.19 Das Auswärtige Amt wies iranische Behauptungen zurück, wonach Bonn die Niederschlagung der Ermittlungen der Bundesanwaltschaft gegen Teherans Geheimdienstminister Falahian zugesichert habe. Diese Behauptung sei unzutreffend. Eine solche Äußerung sei nicht gefallen und könne auch nicht gefallen sein, da die deutsche Justiz nach der Verfassung unabhängig sei.20 Der Sprecher des Generalbundesanwalts, Oberstaatsanwalt Hannich rief in diesem Zusammenhang die Rechtslage in Erinnerung:21 Da nach den Gesetzen von einer Strafverfolgung abgesehen werden könne, wenn der Bundesrepublik schwere Nachteile drohten, § 153 c StPO, habe die Bundesanwaltschaft diesbezüglich bei der Bundesregierung angefragt. Die vorgetragenen Fakten hätten aber nicht ausgereicht, um von der Beantragung eines Haftbefehls abzusehen. Ergänzend stellte er fest, Weisungen des Bundesjustizministeriums habe es keine gegeben.
    Das Einreiseverbot für die iranische Staatsbürgerin Mariam Radjavi begründete die Bundesregierung in folgender Weise:22 Die Absicht der Bundesregierung, Mariam Radjavi die Einreise zu verweigern, habe in keinerlei Zusammenhang mit den von der Presse verbreiteten Meldungen über einen angeblich geplanten Mordanschlag gestanden. Für die Entscheidung der Bundesregierung seien allgemeine außenpolitische Belange und völkerrechtliche Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland maßgeblich gewesen. Die Bundesregierung lehne Gewalt als Mittel der Politik ab. Frau Radjavi bezeichne sich als Staatspräsidentin des Iran und habe sich offen zu einem gewaltsamen Umsturz im Iran bekannt. Sie habe auch auf der Dortmunder Veranstaltung hierzu aufrufen wollen. Die Duldung von Aufrufen zur Gewalt sei zudem unvereinbar mit den völkerrechtlichen Prinzipien des Interventionsverbots und der souveränen Gleichheit aller Staaten. Die Staaten hätten die Verpflichtung, auf eigenem Hoheitsgebiet alles zu unterlassen, was als Unterstützung oder Duldung von Aktivitäten, die auf gewaltsamen Umsturz in einem dritten Staat zielen, ausgelegt werden könnte. In ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage führte die Bundesregierung aus, daß die Tatsache, daß die Republik Irland und die USA sich am Friedensprozeß in Nordirland beteiligen, nicht der Aussage widerspreche, daß es sich bei dem Nordirlandkonflikt um eine "innere Angelegenheit des Vereinigten Königreichs" handele. Die britische Regierung habe seit Abschluß des Anglo-Irischen Hilsborough Abkommens 1985 Irland ein begrenztes Mitspracherecht in nordirischen Angelegenheiten eingeräumt und dies seither in mehreren gemeinsamen Erklärungen bestätigt. Der Bundesaußenminister habe in einem Beileidstelegramm an seinen britischen Amtskollegen aus Anlaß des Bombenattentats der Irisch-Republikanischen-Armee in London am 9. Februar 1996 die Verantwortlichen für das Attentat aufgerufen, der Gewalt "jetzt endlich unwiderruflich abzuschwören" und sich ausschließlich demokratischer und friedlicher Mittel zur Lösung des Konflikts zu bedienen. Darüber hinaus bestehe keine Veranlassung, in dieser Frage gegenüber dem Vereinigten Königreich tätig zu werden. Derzeit befänden sich keine IRA-Angehörigen in Deutschland in Haft.23 In einer Aussprache im Bundestag zu seinem Besuch in Moskau und St. Petersburg legte Bundeskanzler Kohl dar, er habe es gegenüber dem russischen Präsidenten Jelzin wie auch öffentlich immer deutlich gemacht, daß es ein Fehler sei, was beim Tschetschenien-Konflikt geschehen sei.24

    4. Mehrfach hatte sich die Bundesregierung im Berichtszeitraum mit dem Selbstbestimmungsrecht der Völker und den damit zusammenhängenden Menschenrechten auseinanderzusetzen.
    Der Deutsche Bundestag nahm am 20. Juni 1996 eine Entschließung zu Menschenrechten und Selbstbestimmung der Völker in China und insbesondere in Tibet an. Bundesaußenminister Kinkel hatte zur deutschen Politik in derselben Frage in der aktuellen Stunde des Bundestages wie folgt Stellung genommen:

    "Wir unterhalten zu China gute politische, wirtschaftliche und auch kulturelle Beziehungen, und wir sind daran interessiert, daß das auch so bleibt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, allerdings muß es möglich sein, auch schwierige Fragen - dazu gehören natürlich die Menschenrechte und Tibet - offen auszusprechen. Es kommt jedoch darauf an, wie das geschieht. Die Bundesregierung hat immer einen offenen Dialog geführt. Ich habe mich in allen meinen Gesprächen generell für die Menschenrechte und insbesondere für die Schicksale vieler einzelner Menschen eingesetzt, übrigens nicht ohne Erfolg. Das gilt auch und gerade für Tibet und die Menschen dort. Ich erkläre ausdrücklich und nachdrücklich, daß uns, der Bundesregierung und mir, das Schicksal dieser Menschen alles andere als gleichgültig ist. Meine Damen und Herren, die Außenpolitik der Bundesregierung bleibt interessen- und wertorientiert, auch in unserem Verhältnis zu China und in der Tibetfrage. Der fraktionsübergreifende Antrag, über den wir heute abstimmen, greift wesentliche Punkte auf, die die Haltung der Bundesregierung in der Tibetfrage bestimmen. 1. Wir unterstützen den Anspruch der Tibeter auf kulturelle und religiöse Autonomie. Die Tibeter haben ihr traditionelles, historisch belegbares Recht. Ich werde in Peking erneut an die chinesische Regierung appellieren, über die Frage der Autonomie in Gespräche einzutreten. Für die Tibeter darf die Zugehörigkeit zu China nicht den Verlust ihrer Kultur und ihrer Religion bedeuten. 2. Die Bundesregierung fordert von der chinesischen Regierung die Beachtung der Menschenrechte der Tibeter und ihrer religiösen Freiheiten. ... Inzwischen gibt es einen institutionalisierten europäisch-chinesischen Dialog über dieses Thema, und dabei wird Tibet nicht ausgespart. Die Bundesregierung wird die Politik des Dialogs mit China fortsetzen. 3. Die Bundesregierung betrachtet wie alle anderen Regierungen der Welt Tibet als Teil des chinesischen Staatsverbandes und aus dieser klaren völkerrechtlichen Feststellung ergibt sich, daß die Bundesregierung eine sich selbst so bezeichnende Regierung Tibets im Exil nicht anerkennen wird. Dabei geht es nicht um Formalien, sondern es geht dabei um Völkerrecht. Die chinesische Regierung hat sich immer zur Einheit des deutschen Volkes bekannt, und wir haben von Anfang an eine klare Chinapolitik betrieben. Die Bundesregierung ist darüber hinaus völkerrechtlich verpflichtet - das wäre jede Regierung - , alles zu unterlassen, was als Unterstützung separatistischer Tätigkeit auf deutschem Boden ausgelegt werden kann.25"
    Vor dem Hintergrund der Tibetresolution aller Fraktionen des Bundestages mit Ausnahme der PDS, die die Abgeordneten am 20. Juni 1996 beschlossen hatten, hatte die chinesische Bundesregierung einen Besuch des Bundesaußenministers für nicht geeignet erklärt. Bundeskanzler Kohl nutzte eine aktuelle Stunde des Bundestages zur Klarstellung seiner Chinapolitik. Er solidarisierte sich mit Außenminister Kinkel und bekräftigte das Recht des Bundestages, sich kritisch zur Lage Tibets zu äußern. Kohl nahm für sich als Kanzler und die Bundesregierung ebenso wie für den Bundestag das selbstverständliche Recht in Anspruch, Stellung zur Situation der Menschenrechte in einem anderen Land, mit dem gute Beziehungen bestünden, zu beziehen. Kohl verwahrte sich gegen chinesischen Einspruch und die Darstellung Pekings, die Entschließung des Bundestags bedeute eine Einmischung. Seit jeher sei die Chinapolitik Deutschlands auf die Erhaltung politischer Stabilität und territorialer Integrität der Volksrepublik China gerichtet. Alle Gesichtspunkte seien zu berücksichtigen: Menschenrechte, aber auch politische und wirtschaftliche Erwägungen.26 Fragen des Selbstbestimmungsrechts der Völker hatte die Bundesregierung - im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in der Europäischen Union auch im Hinblick auf die Situation in Ost-Timor zu behandeln. In ihrem gemeinsamen Standpunkt vom 25. Juni 1996 betreffend Ost-Timor führt die Europäische Union aus:
    "Art. 1: die Europäische Union erinnert an ihre früheren Erklärungen zur Lage in Ost-Timor und hebt hervor, daß sie weiterhin folgende Ziele verfolgt: Herbeiführung einer gerechten, umfassenden und international annehmbaren Lösung für Ost-Timor im Wege des Dialogs, bei der die Interessen und die legitimen Bestrebungen des Volkes von Timor gemäß dem Völkerrecht gewahrt werden; Verbesserung der Lage in Ost-Timor in bezug auf die Einhaltung der Menschenrechte in diesem Bereich."27
    Im Hinblick auf die Lage der irakischen Kurden erklärte die Bundesregierung, sie halte Bestrebungen der irakischen Kurden nach einer örtlichen Autonomie innerhalb des irakischen Staates für legitim.28 Anläßlich der Gewährung eines Kredits über 50 Millionen DM zur Sanierung des georgischen Energieversorgungssystems erteilte Präsident Herzog bewaffneten separatistischen Bewegungen eine entscheidende Absage. Die Bundesrepublik werde gewaltsame Grenzveränderungen nicht akzeptieren.29

    5. Die Zusammenarbeit zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus wurde im Berichtszeitraum weiter30 vorangetrieben. Am 30. Juli 1996 trafen sich in Paris die Außen- und die für Sicherheit zuständigen Minister der G-7-Staaten und Rußlands, um über eine engere Zusammenarbeit im Kampf gegen den internationalen Terrorismus zu beraten. Verabschiedet wurde eine 25 Punkte-Erklärung, die für die künftige intensivierte Zusammenarbeit konkrete Felder benennt.31 Die Minister "verpflichten" sich, "die unverzügliche Umsetzung dieser Maßnahmen zu gewährleisten." Zu diesem Zweck fordern sie ihre "zuständigen Experten auf, schnellstmöglich die erforderlichen Sitzungen zu veranstalten." Sie fordern ihre Terrorismusexperten auf, "vor Jahresende zusammenzukommen, um die erzielten Fortschritte bei der Umsetzung dieser Maßnahmen zu bewirken."

    6. Zu einer Frage der Völkerrechtsquellenlehre hatte die Bundesregierung im Zusammenhang mit dem Dayton-Abkommen Stellung zu nehmen. Nach Ansicht der Bundesregierung ist die völkerrechtliche Bedeutung der Wörter "witnessed by", der Unterzeichnerstaaten Frankreich, Deutschland, Rußland, Großbritannien, Vereinigte Staaten von Amerika und Europäische Union unter dem Vertrag von Dayton/Ohio lediglich darauf beschränkt, daß die Vertragsunterzeichnung durch die Vertragsparteien bezeugt wird. Eine völkerrechtliche Verpflichtung sei damit nicht eingegangen. Allerdings komme der Unterzeichnung eine politische Bedeutung zu.32



    1 Die Stellungnahmen der deutschen Vertreter im Sicherheitsrat und im 6. Ausschuß werden unten im speziellen Gliederungspunkt VN (XVI.1.) zusammenhängend dargestellt. Die Darstellung stützt sich auf die Protokolle der Sitzungen sowie auf die auf dem Internet publizierten "Positions of Germany". Eine Publikation der "Positions" in Papierform wie in den letzten Jahren üblich hat das Auswärtige Amt für den Berichtszeitaum nicht mehr herausgegeben.
    2 UN-Doc. A/51/PV.8, 7.
    3 BT-Drs. 13/5689, 7.
    4 UN-Doc. A/C.6/51/SR.26, 3, para. 8.
    5 UN-Doc. A/51/PV.59, 22.
    6 UN-Doc. A/51/PV.78, 18.
    7 Positions of Germany: Statement by the representative of Germany Simma, Permanent Mission of Germany to the United Nations, 7.11.1996.
    8 UN-Doc. A/C.6/51/SR.40, 14 para. 60, Report of the International Law Commission on the Work of its Forty-Eighth Session Agenda, Item 146.
    9 UN-Doc. A/C.6/51/SR.40, 15 para. 67.
    10 BT-Drs. 13/3312; s. auch Pressereferat Auswärtiges Amt vom 24.1.1996, 85.
    11 FAZ vom 6.12.1996, 2.
    12 FAZ vom 20.2.1996, 8.
    13 Abgedruckt Bull. vom 24.1.1997; FAZ vom 11.12.1996, 7.
    14 BT-Drs. 13/5547, 1.
    15 BT-PlPr., 111. Sitzung, 9875.
    16 Schriftliche Parlamentarische Anfrage, BT-PlPr., 97. Sitzung, 8649.
    17 BT-Drs. 13/5272, 4.
    18 Vgl. hierzu Christian Walter, VRPr. 1992, ZaöRV 55 (1995), 1095-1245, Ziff. 3; Rainer Grote, VRPr. 1995, ZaöRV 57 (1997), 923-1163, Ziff. 3.
    19 Bericht der SZ vom 16./17.11.1996, 1.
    20 SZ vom 20.3.1996, 2.
    21 Ibid.
    22 Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Parlamentarische Anfrage, BT-Drs. 13/3483, 1.
    23 BT-Drs. 13/3832, Auswärtiges (hrsg. v. Pressereferat des AA) vom 6.3.1996, 67.
    24 BT-PlPr., 88. Sitzung, 7762.
    25 BT-PlPr., 113. Sitzung, 1086.
    26 FAZ vom 28.6.1996, 2.
    27 Gemeinsamer Standpunkt des Rates aufgrund von Art. J.2 des Vertrages über die Europäische Union festgelegt, ABl. EG Nr. L 168/2.
    28 BT-Drs. 13/5451.
    29 SZ vom 13.6.1996, 9.
    30 Vgl. dazu Walter (Anm. 18), Ziff. 3.
    31 Abgedruckt in Politik 4 /1996 vom 30.8.1996, 4 f.
    32 BT-Drs. 13/4252, 3.