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Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1997


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Roland Bank


VIII. Ausländer

1. Ausländerrecht

     32. Auf eine Kleine Anfrage zur Umsetzung des deutsch-vietnamesischen Rückübernahmeabkommens vom 21. Juli 1995 hat die Bundesregierung Auskunft über die bisherige Vertragspraxis bis Anfang Juli 1997 gegeben. Danach wurden aufgrund des Rückführungsabkommens 3518 Personen und außerdem 105 Straftäter aufgrund der Vereinbarung vom 9. August 1995 nach Vietnam abgeschoben. Mit Unterstützung durch die International Organisation of Migration (IOM) haben Deutschland 743 Personen verlassen. Von 17 207 Aufnahmegesuchen der Bundesregierung wurden 7252 von der vietnamesischen Seite auf die Staatsangehörigkeit hin geprüft und akzeptiert. Die Aufnahme von 3692 Personen wurde mit der Begründung abgelehnt, die Überprüfung habe wegen ungenauer Angaben zu Namen, Vornamen und Wohnanschrift keinen Erfolg gehabt. Der Bundesregierung ist kein Fall bekannt, in dem die Rückübernahme trotz zweifelsfreier Klärung der Staatsangehörigkeit abgelehnt wurde.

     Nach Angaben der Bundesregierung sind derzeit 19 571 Ersuche nach Rücknahme registriert. Ihre Bereitschaft zur freiwilligen Rückkehr im Sinne des Abkommens hätten die Betroffenen gegenüber der Ausländerbehörde in etwa 6000 Fällen erklärt. Bei 1122 Personen sei die Übernahme ohne Begründung im Einzelfall abgelehnt worden, obwohl sie als freiwillige Rückkehrer bezeichnet gewesen seien. Freiwilligen Rückkehrern würden Reisebeihilfen im Rahmen des "Reintegration and Migration Programme for Asylumseekers in Germany" (ReAG) gewährt. Bisher seien Darlehen für die wirtschaftliche Eingliederung von Rückkehrern aus dem Kreditprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau über 10 Millionen noch nicht gezahlt worden, weil der Vertrag auf Wunsch der vietnamesischen Seite erst im Oktober 1997 unterzeichnet werden sollte.

     Zu Fragen über Maßnahmen des vietnamesischen Staates gegen Rückkehrer führte die Bundesregierung aus, daß ihr keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Rückkehrern wegen früherer Fluchtversuche oder wegen einer politischen Betätigung im Ausland vorlägen. Die bislang bekanntgewordenen Verhaftungen stünden im Zusammenhang mit vor der Ausreise aus Vietnam begangenen Straftaten. Anfang des Jahres 1997 sei einem deutschen Staatsangehörigen vietnamesischer Abstammung - es handelte sich um ein Mitglied der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte, der mit einem Touristenvisum einreisen wollte - von den vietnamesischen Behörden am Flughafen die Einreise verweigert worden. Der Bundesregierung seien keine Fälle bekannt, in denen Rückkehrer aus Deutschland über Erpressungsversuche am Flughafen, Schikanen durch vietnamesische Beamte oder Schwierigkeiten bei der Beschaffung der Familienregistrierkarte und des Personalausweises berichtet hätten.61

     In einer Stellungnahme im Innenausschuß bezeichnete die Bundesregierung die Umsetzung des deutsch-vietnamesischen Rückübernahmeübereinkommens als nicht zufriedenstellend. Problematisch sei insbesondere, daß die vietnamesische Seite in einer großen Zahl von Fällen die vertraglich vereinbarten Prüfungsfristen nicht einhalte. Hierfür seien in dem Durchführungsprotokoll bei freiwilligen Rückkehrern und Straftätern Fristen von 6 Wochen oder in anderen Fällen von 3 Monaten vorgesehen. Von den derzeit dem vietnamesischen Innenministerium vorliegenden Rückübernahmeersuchen seien bereits weit über die Hälfte der Anträge verfristet.

     Darüber hinaus würden seitens Hanoi in einer größeren Zahl Übernahmeersuchen zurückgegeben, ohne daß zu erkennen sei, aus welchen Gründen den Ersuchen nicht stattgegeben werde.62

     33. Mehrfach nahm die Bundesregierung im Berichtszeitraum Stellung zu Fragen der Rückführung von Flüchtlingen im Libanon. In ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage erklärte die Bundesregierung ihre Absicht, in absehbarer Zeit Verhandlungen mit der libanesischen Regierung über ein Abkommen zur Rückübernahme in Deutschland lebender, aus dem vorderasiatischen Land kommender Flüchtlinge zu beginnen.63

     In ihrer Antwort auf eine weitere parlamentarische Anfrage räumt die Bundesregierung Probleme im Hinblick auf die menschenrechtliche Situation der palästinensischen Flüchtlinge im Libanon ein, betont jedoch, daß diese Situation von der Rückführung ausreisepflichtiger Personen aus Deutschland zu differenzieren sei:

"Die Bundesregierung teilt die Ansicht, daß die rechtliche Behandlung als Ausländer für die Flüchtlinge im Libanon zu Härten u.a. im wirtschaftlichen Bereich führt. Sie unterstützt die zuständigen internationalen Einrichtungen, vor allem das VN-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge UNRWA, in ihrem Bemühen um eine Verbesserung der Gesamtsituation der Flüchtlinge. Eine wirkliche Lösung ist jedoch nur im Rahmen einer umfassenden Friedensregelung für die Region zu erwarten.

... Die Bundesregierung vermag keinen Zusammenhang zwischen der allgemeinen Situation der palästinensischen Flüchtlinge im Libanon und der Rückführung ausreisepflichtiger Personen aus Deutschland zu erkennen. Auch bei Abschluß einer entsprechenden Vereinbarung mit dem Libanon wird die Rückführung der ausreisepflichtigen Personen mit Augenmaß erfolgen, Massenabschiebungen wird es nicht geben. Eine allgemeine Gefahr von Eingriffen in Leib, Leben oder Freiheit besteht bei der Rückkehr in den Libanon nicht. Konkrete und individuelle Gefahren für einzelne Personen werden bei der jeweiligen Abschiebungsentscheidung durch die zuständigen Ausländerbehörden berücksichtigt, deren Entscheidungen einer verwaltungsgerichtlichen Prüfung unterliegen."64

     34. Das Rückübernahmeabkommen mit der Bundesrepublik Jugoslawien vom 10. Oktober 1996 war mehrfach Gegenstand von Stellungnahmen der Bundesregierung. Auf eine Anfrage zu Berichten über Verhöre, Inhaftierungen und Mißhandlungen, insbesondere von in die Bundesrepublik Jugoslawien zurückkehrenden Kosovo-Albanern, führte die Bundesregierung folgendes aus:

"Der Bundesregierung ist bekannt, daß sich die Bundesrepublik Jugoslawien in einigen Einzelfällen der Rückübernahme eigener Staatsangehöriger nach dem bilateralen Rückübernahmeabkommen vom 10. Oktober 1996 nicht entsprechend Art. 2 Abs. 2 des Abkommens - Rückübernahme unter voller Achtung der Menschenrechte und der Würde der rückkehrenden Personen - verhalten hat. Die deutsche Botschaft in Belgrad ist diesen Einzelfällen umgehend in Zusammenarbeit mit Menschenrechtsorganisationen vor Ort nachgegangen. Sie wurden zudem in dem durch das Abkommen begründeten deutsch-jugoslawischen Expertenausschuß angesprochen. Die jugoslawische Regierung hat der Bundesregierung zugesagt, daß sie die Vorwürfe überprüfen und zu ihnen Stellung nehmen wird. Sie hat versichert, sich an ihre menschenrechtliche Verpflichtungen halten zu wollen."65

     In ihrer Antwort auf eine weitere Anfrage zu diesem Thema gab die Bundesregierung bekannt, daß seit dem Inkrafttreten des Abkommens am 1. Dezember 1996 bis zum Juni 1997 laut Auskunft der jugoslawischen Seite ca. 20 000 Rückübernahmeersuchen beim Bundesinnenministerium Jugoslawiens eingegangen seien. Die Bundesregierung bestätigt Berichte, daß die jugoslawischen Behörden darauf bestünden, daß eine Person, nach dem für sie ein Rückübernahmeersuchen gestellt worden sei, das Verfahren des Rückübernahmeabkommens durchlaufen müsse, auch wenn sich diese Person im Laufe des Verfahrens entschlossen habe, freiwillig auszureisen. Die Bundesregierung versuche in Gesprächen mit der jugoslawischen Seite, sie zur Aufgabe dieser Position zu bewegen und die freiwillige Ausreise der Betroffenen zu ermöglichen - bisher allerdings ohne Erfolg. Zu der Frage nach den Gründen für die Herausnahme von abgelehnten Asylbewerbern aus der Bundesrepublik Jugoslawien aus der sogenannten Härtefallregelung der Innenministerkonferenz von 1996 nahm die Bundesregierung wie folgt Stellung:

"Die Herausnahme Staatsangehöriger der Bundesrepublik Jugoslawien aus der Härtefallregelung ist darin begründet, daß nur besondere, in der Person des Antragstellers begründete Härten, nicht aber rechtswidriges Verhalten des Heimatstaates wie z.B. die völkerrechtswidrige Zurückweisung eigener Staatsangehöriger einen Anspruch auf Aufenthalt eröffnen sollen.

Sofern im Einzelfall andere Gründe der Abschiebung entgegenstehen, unterfallen ausreisepflichtige Staatsangehörige der Bundesrepublik Jugoslawien der Härtefallregelung."66

     Berichte von Menschenrechtsorganisationen über Mißhandlungen von Rückkehrern konnten nach Recherchen der Botschaft in Belgrad nur in wenigen Einzelfällen belegt werden. Wegen dieser Fälle habe die Bundesregierung gegenüber der jugoslawischen Seite nachdrücklich protestiert. Zu der Frage, ob die Bundesregierung prinzipiell bereit sei, bei Verletzungen der Menschenrechte von Rückkehrern durch den Vertragspartner ein Rückübernahmeabkommen auszusetzen, führte die Bundesregierung folgendes aus:

"Entsprechend § 54 Ausländergesetz können die obersten Landesbehörden aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, daß die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmten Staaten für die Dauer von längstens 6 Monaten ausgesetzt wird. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Inneren, wenn die Abschiebung länger als 6 Monate ausgesetzt werden soll.

Mit diesem Verfahren wird ein ausreichender Schutz der Betroffenen gewährleistet. Die Aussetzung von Rückübernahmeabkommen würde dagegen u.U. auch die Rückführung nicht schutzbedürftiger Personen (z.B. Straftäter) behindern. Es erscheint daher wenig sinnvoll, das Instrument der Aussetzung eines Rückübernahmeabkommens für solche Fallkonstellationen anzuwenden."67

     35. Am 1. Dezember 1997 wurde in Budapest ein Abkommen zwischen Ungarn und der Bundesrepublik Deutschland zur Rückübernahme von Personen an der Grenze unterzeichnet. Wichtige Bestandteile des Abkommens sind nicht nur die Rückübernahmeverpflichtung der jeweils eigenen Staatsangehörigen, sondern vor allem auch die Gestattung der Durchbeförderung von Drittstaatsangehörigen durch das jeweils andere Hoheitsgebiet (Art. 6) und die Einbeziehung von Drittstaatsangehörigen in die Rückübernahmeverpflichtung, die in einem der beiden Vertragsstaaten über einen Aufenthaltstitel verfügen und unerlaubt in den anderen Vertragsstaat eingereist sind oder deren Aufenthalt dort nach erlaubter Einreise unerlaubt geworden ist (Art. 4).68

     36. Im Berichtszeitraum nahm die Bundesregierung Stellung zu der Frage der Rückführung von Ausländern, bei denen sich das Verfahren aufgrund ungeklärter Staatsangehörigkeit bzw. fehlender Reisedokumente verzögert. Die Bundesregierung weist darauf hin, daß grundsätzlich die Rückführung von Ausländern eine Angelegenheit sei, die dem Zuständigkeitsbereich der Länder obliege, was gegebenenfalls die Beschaffung der notwendigen Heimreisedokumente und die Klärung der Staatsangehörigkeit einschließe. Im Rahmen des § 43 b des Asylverfahrensgesetzes sei eine Modifizierung für Asylbewerber geschaffen worden, die im Rahmen des Asylverfahrens verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. In derartigen Fällen habe das Bundesministerium des Innern im Wege der Amtshilfe für die Paßbeschaffung zu sorgen. Darüber hinaus habe es die Grenzschutzdirektion im Rahmen des Möglichen übernommen, auch bei der Beschaffung von Reisedokumenten über den genannten Personenkreis hinaus behilflich zu sein. Konkrete Probleme gebe es vor allen Dingen mit ausreisepflichtigen Personen aus den zentralafrikanischen Staaten, da diese Personen in aller Regel über keinerlei Ausweispapiere verfügten und ihre Herkunft verschleierten.

"Zur Lösung dieses Problems hat die Bundesregierung bereits seit geraumer Zeit ihre Anstrengungen verstärkt, gegenüber den Ländern unterstützend tätig zu werden. Dies geschieht sowohl auf diplomatischem Wege, indem das Auswärtige Amt durch Verbalnoten und Einbestellungen von Botschaftern der betroffenen Länder allgemein oder einzelfallbezogen interveniert. Geprüft wird derzeit auch, die wirtschafts-, entwicklungs- und asylpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland stärker als bisher zu bündeln und miteinander zu verknüpfen, wie es bereits im Rahmen der schwierigen Rückübernahmeverhandlungen mit Vietnam im Jahre 1995 erfolgreich geschehen ist. Als Ansatzpunkt wird außerdem das im Jahre 2000 auslaufende Lomé IV-Abkommen der EG und ihrer Mitgliedstaaten in Erwägung gezogen, dem sämtliche der einschlägigen Problemstaaten angehören. So tritt das Bundesministerium des Innern dafür ein, in die Novelle des genannten Abkommens eine Rückübernahmeklausel einzustellen, die es erlaubt, ein Junktim zwischen den nach dem Abkommen gewährten Vergünstigungen (finanzielle Hilfen oder weitere Liberalisierungen im Dienstleistungs- oder Niederlassungsbereich) mit der Erfüllung der Rückübernahmepflicht herzustellen. Eine solche Muster-Rückübernahmeklausel ist bereits im vergangenen Jahr vom Rat der Europäischen Union für - wie hier - gemischte Abkommen verabschiedet worden."69

     Darüber hinaus werde die Möglichkeit geprüft, mit den betreffenden zentralafrikanischen Staaten Rücknahmeübereinkommen abzuschließen.70

     37. Am 22. Oktober 1997 trat das deutsch-kroatische Rückübernahmeabkommen vom 25. April 1994 in Kraft.71 Das deutsch-bosnisch-herzegowinische Rückübernahmeabkommen vom 20. November 1996 trat am 14. Januar 1997 in Kraft.72 Weiterhin wurde am 16. Dezember 1997 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Bundesregierung der Republik Österreich ein Rückübernahmeabkommen unterzeichnet.73

     38. Zur Frage der Sicherheitsbegleitungen bei Rückführungen auf dem Luftwege führt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage aus:

"Generell ist aber festzustellen, daß die jeweiligen Begleitpersonen - BGS-Beamte, Beamte der Länderpolizeien oder von den jeweiligen Luftverkehrsunternehmen eingesetztes Sicherheitspersonal ihres Herkunftsstaates - uneingeschränkt der Bindung an Recht und Gesetz unterliegen; dies gilt insbesondere für die Ausübung unmittelbaren Zwangs. Soweit staatliche Sicherheitskräfte der anderen Vertragspartei zur Flugbegleitung eingesetzt werden, besitzen diese während des Übergabeverfahrens auf dem deutschen Flughafen lediglich ein durch das Rückübernahmeabkommen eingeräumtes Anwesenheitsrecht. Sie üben auf dem Boden der Bundesrepublik Deutschland keine Hoheitsgewalt aus, hierzu sind nur die deutschen Sicherheitskräfte befugt. Dies gilt insbesondere für die Ausübung unmittelbaren Zwangs, Festnahmen, den Gebrauch von Schußwaffen oder förmliche Vernehmungen der abzuschiebenden Person. Ergänzend ist ferner darauf hinzuweisen, daß die Entscheidungsgewalt in Sicherheitsfragen an Bord des Flugzeuges nach Völkervertragsrecht ausschließlich dem jeweiligen Flugkapitän zusteht."74

     39. Im Juli 1997 hat die Bundesregierung in der Antwort auf eine Kleine Anfrage Auskunft über Zukunft und Finanzierung der Ausbildung Jugendlicher ausländischer Herkunft gegeben. Nach Angaben der Bundesregierung zeigen die jüngsten Ergebnisse des Berufsbildungsberichts, daß die Beteiligung ausländischer Jugendlicher an der beruflichen Ausbildung seit 1995 nachgelassen hat. Seit 2 Jahren stiegen auch die Zahlen der zum 30. September nicht vermittelten Bewerber ausländischer Herkunft an. Zur Unterstützung der Ausbildungsbereitschaft dieser Jugendlichen habe die Bundesregierung seit 1989 mit Griechenland, Italien, Spanien, Portugal und der Türkei binationale Ausbildungsprojekte vereinbart. Deren Ziel sei es, neben der Stärkung der Ausbildungsbeteiligung die Befähigung im zusammenwachsenden Europa für 2 Arbeitsmärkte zu erlangen und die Mehr- bzw. natürliche Zweisprachigkeit dieser Jugendlichen zu unterstützen. Es sei mit allen Partnerländern vereinbart, daß die in Deutschland erworbenen beruflichen Abschlüsse und zertifizierten Zusatzqualifikationen dort anerkannt würden.75

     40. In ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage ging die Bundesregierung auf Fragen der Aussetzung der Werkvertragsabkommen mit mittel- und osteuropäischen Staaten (MOE-Staaten) ein. Nach Angaben der Bundesregierung ist die Kommission der Europäischen Gemeinschaften der Auffassung, die bilateralen Vereinbarungen über die Beschäftigung ausländischer Werkvertragsarbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland verletze die im EG-Vertrag garantierte Dienstleistungsfreiheit, da nach den Vereinbarungen nur Unternehmen, die in Deutschland ihren Sitz haben, auf der Grundlage von Werkverträgen mit Unternehmen aus den MOE-Staaten zusammenarbeiten können. Die EU-Kommission verlange, auch solchen Unternehmen einen Zugriff auf die bilateral ausgehandelten Beschäftigungskontingente zu ermöglichen, die ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der EU haben. Zu ihrer eigenen Position in dieser Frage führte die Bundesregierung aus:

"Die Bundesregierung hat die EG-Kommission demgegenüber darauf hingewiesen, daß beim Abschluß der Vereinbarungen die Vermittlung von know-how und von technischen Kooperationskenntnissen an die in Deutschland tätigen Unternehmen aus den betreffenden MOE-Ländern sowie die Vermittlung von beruflichen Fachkenntnissen an die Arbeitnehmer der Unternehmen im Vordergrund stand. Die Werkvertragsvereinbarungen erfüllen insoweit auch eine wichtige Funktion im Integrationsprozeß dieser Länder in Richtung der EU. Dies ist auch der Grund, weshalb die Assoziationsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft sowie ihren Mitgliedstaaten und den MOE-Ländern den Abschluß solcher Vereinbarungen ausdrücklich gutheißen und an andere EU-Mitgliedstaaten appellieren, den Abschluß entsprechender Vereinbarungen wohlwollend zu prüfen. Allerdings hat bisher allein die Bundesrepublik Deutschland derartige Abkommen abgeschlossen."76

     Der Antwort ist ferner zu entnehmen, daß die Regierung eine Kündigung der Werkvertragsvereinbarungen in Erwägung zieht, falls die EU-Kommission im weiteren Verlauf des Vertragsverletzungsverfahrens die Bundesrepublik wegen Verletzung des EG-Vertrages verklagen würde.

     41. In ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage nahm die Bundesregierung Stellung zur Untersagung der Einreise für Ausländer, die zu Zwecken der Teilnahme an politischen Kundgebungen Einreise begehren. Anlaß war die Einreiseverweigerung für Teilnehmer des "Europäischen Friedenszuges MUSANTER" durch den Bundesminister des Inneren. Hierzu führt die Bundesregierung folgendes aus:

"Die Bundesregierung hat im November 1993 aus Anlaß mehrerer massiver, von der PKK zu verantwortender Gewaltwellen gegen die Organisation ein Betätigungsverbot verhängt. Untersagt ist der PKK jegliches Tätigwerden im Bundesgebiet. Auch Dritte dürfen Aktivitäten der PKK nicht unterstützen. Verstöße gegen dieses Betätigungsverbot sind nach § 20 Vereinsgesetz zu ahndende Straftaten. Nachdem Anfang Mai 1997 - später auch durch eine Verbalnote der türkischen Botschaft vom 9. Juli 1997 - bekanntgeworden war, daß Ende August ein sogenannter Friedenszug von Brüssel nach Diyarbakir stattfinden sollte, erhielt die Bundesregierung einige Tage vor dem Abfahrtstermin Kenntnis vom PKK-Hintergrund dieser Aktion."77

     Die Bundesregierung weist darauf hin, daß eine Zurückweisung dann geboten sei, wenn aus den Umständen des Einzelfalles deutlich werde, daß der Ausländer einen Ausweisungsgrund erfüllen werde - insbesondere durch die Beeinträchtigung von erheblichen Interessen Deutschlands -, der im Inland zu seiner Ausweisung führen müßte:

"Im vorliegenden Fall beeinträchtigt die erkennbare Unterstützung einer Veranstaltung, die nach Auffassung der zuständigen Behörden einer verbotenen Vereinigung zuzurechnen ist, somit die Interessen Deutschlands in erheblichem Maße. Dabei entspricht es dem allgemeinen Rechtsgedanken, daß einem Ausländer dann bereits die Einreise zu verweigern ist, wenn zu erwarten ist, daß er während seines Aufenthaltes einen Ausweisungsgrund erfüllen wird. Dieser allgemeine Rechtsgedanke ist im übrigen keine deutsche Besonderheit, sondern allgemeiner internationaler Standard."78



    61 BT-Drs. 13/8230 vom 15.7.1997, 2-7.
    62 WIB 11/97, 9.
    63 BT-Drs. 13/8192 vom 10.7.1997, 1.
    64 BT-Drs. 13/8770 vom 14.10.1997, 3.
    65 BT-Drs. 13/8596 vom 26.9.1997, 1.
    66 BT-Drs. 13/8784 vom 15.10.1997, 4.
    67 Ibid., 9.
    68 Bull. Nr. 97 vom 5.12.1997, 1260.
    69 BT-Drs. 13/8097 vom 27.6.1997, 2 f.
    70 Ibid.
    71 BGBl. 1998 II, 9.
    72 BGBl. 1997 II, 742.
    73 Das Abkommen trat am 15.1.1998 in Kraft. BGBl. 1998 II, 80.
    74 BT-Drs. 13/8470 vom 5.9.1997, 6.
    75 BT-Drs. 13/8225 vom 15.7.1997, 2.
    76 BT-Drs. 13/8839 vom 27.10.1997, 2.
    77 BT-Drs. 13/8670 vom 1.10.1997, 2.
    78 Ibid., 3.