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Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1997


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Roland Bank


XIII. Umwelt- und Naturschutz

5. Landschafts- und Bodenschutz

     172. Im Namen der Europäischen Union begrüßte der Vertreter Luxemburgs im zweiten Komitee der VN-Generalversammlung die Ergebnisse der ersten Sitzung der Konferenz der Vertragsparteien zum Übereinkommen zur Bekämpfung der Wüstenbildung, insbesondere den im Hinblick auf den weltweiten Mechanismus sowie die Etablierung des permanenten Sekretariats erreichten Konsens. Auch die Tatsache, daß einige Staaten, insbesondere in Afrika bereits mit nationalen Aktionsprogrammen zur Bekämpfung der Wüstenbildung begonnen hätten, wird begrüßt. Der Vertreter Luxemburgs kündigt an, daß auch die Europäische Gemeinschaft selbst die Konvention ratifizieren werde. Weiterhin führte der Vertreter Luxemburgs aus:

"Progress achieved in combating desertification had contributed to poverty eradication and food security. In that context, the European Union welcomed the Convention's special focus on draught and desertification in Africa, where most of the poorest countries were located. It supported the 'bottom-up' approach proposed by the Convention, since the participation of local communities and, in particular, women, was crucial at every stage of its implementation. The Union was also extremely pleased that a European city had been chosen to host the Conventions' permanent Secretariat, reflecting the European Unions commitment to combating desertification. Co-operation by the Convention's Secretariat with the Secretariats for the United Nations Framework Convention on Climate Change and the Convention on Biological Diversity should be increased with a view to taking an integrated approach to the three closely related issues.

The proliferation of natural disasters, particularly water-related disasters, highlighted the importance of international co-operation in that area. The European Union was pleased that, within the framework of the international decade for natural disaster reduction, the United Nations was actively assisting countries to integrate disaster prevention and emergency preparedness into their overall development programs. It attached great importance to the elaboration and strengthening of the early-warning systems outlined in the General Assembly resolutions 49/22 B and 50/117 B and a regional and a subregional framework for natural disaster prevention."282

     173. In ihrer Antwort auf eine parlamentarische Kleine Anfrage weist die Bundesregierung Forderungen zurück, bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein ständiges Sekretariat zur Umsetzung der Alpenkonvention einzurichten. Vielmehr sollten zunächst in der Sache weitere Fortschritte erzielt werden, insbesondere durch die Ratifizierung der Konvention durch alle Mitgliedstaaten, das Inkrafttreten der bisher von der Alpenkonferenz angenommenen Durchführungsprotokolle sowie die Annahme weiterer wichtiger Protokolle, z. B. zu den Bereichen Verkehr, Bodenschutz und Energie. Die Wahrnehmung der Sekretariatsaufgaben durch das jeweilige Vorsitzland hält die Bundesregierung den bisher zu erledigenden Aufgaben angemessen.

     Im Hinblick auf die Frage nach Umsetzungsmaßnahmen verweist die Bundesregierung darauf, daß die Maßnahmen zur Umsetzung der Alpenkonvention in Deutschland in der Zuständigkeit des Freistaates Bayern lägen. Für Raumplanung im Alpenraum habe sich die Bundesregierung mit Österreich und Italien darauf verständigt, ein gemeinsames Pilotaktions-Programm im Rahmen des Europäischen Fonds für Regionalentwicklung durchzuführen. Damit werde in den Ostalpen ein Beitrag zur pilotartigen Umsetzung des Protokolls "Raumplanung und nachhaltige Entwicklung" der Alpenkonvention geleistet. Deutschland habe u. a. zwei Projekte in die Pilotaktion eingebracht, die sich ausdrücklich auf die Alpenkonvention bezögen: Zum einen soll an Fallbeispielen die Raumverträglichkeitsprüfung für überörtlich bedeutsame Projekte im Sinne des Art. 10 in Verbindung mit Art. 12 (3) des Protokolls erprobt werden, zum anderen sei vorgesehen, innerhalb der Pilotaktion das Gemeindenetzwerk "Allianz in den Alpen" zu vertiefen. Ziel dieses Netzwerks sei es, einen Informations- und Erfahrungsaustausch der Gemeinden zu fördern, die bereit sind, ihre zukünftige Entwicklung an den Prinzipien der Nachhaltigkeit auszurichten, wie sie in der Alpenkonvention festgelegt sind. Nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens zeichne sich ab, daß einer begrenzten Zahl alpiner Modellgemeinden des bayrischen Alpenraums mit Kofinanzierung der Europäischen Union sowie finanzieller Unterstützung von Land und Bund eine aus Sicht der Alpenkonvention fachkundige Beratung und Betreuung angeboten werden könne. Die Einzelheiten des Verfahrens würden derzeit im Zusammenwirken der beteiligten Regierung mit der Europäischen Kommission abgestimmt.283

     174. Auf die Frage nach eventuell noch zu erwartenden substantiellen Änderungen im Entwurf eines Protokolls zum Bodenschutz bringt die Bundesregierung ihre Erwartung zum Ausdruck, daß die Inhalte des Entwurfs des Bodenschutzprotokolls vom 12. Juli 1996 erhalten werden könnten. Restriktivere Formulierungen, die in der Fassung von 1994 enthalten und für die Bundesregierung wie für Umweltschutzgruppen wünschenswert gewesen seien, hätten sich nicht als konsensfähig erwiesen. Im Anbetracht der von Seiten der Schweiz, Österreichs und Italiens im ständigen Ausschuß der Alpenkonferenz eingebrachten Einwendungen gegen den Protokolltext werde die Bundesregierung sich in den bevorstehenden Verhandlungen mit Nachdruck dafür einsetzen, daß die Regelungen des Entwurfs vom Juli 1996 nicht abgeschwächt werden.

     175. Weiter führt die Bundesregierung aus, daß im Protokoll "Bergwald" die Ziele der Alpenkonvention für den wichtigen Bereich des Schutzes und der nachhaltigen Nutzung des Bergwaldes konkretisiert würden. Das Protokoll verpflichtet die Alpenstaaten und die Europäische Gemeinschaft, den Bergwald als naturnahen Lebensraum zu erhalten, erforderlichenfalls zu entwickeln oder zu vermehren und seine Stabilität zu verbessern. Gleichzeitig verpflichteten sich die Vertragspartner, die zur Erbringung der vielfachen Funktionen des Bergwaldes erforderliche pflegliche, naturnahe und nachhaltig betriebene Forstwirtschaft im Berggebiet zu fördern. Die Bundesregierung würdigt dies als den ersten Fall, in dem die Erhaltung und nachhaltige Bewirtschaftung des Waldes in einem internationalen Abkommen geregelt würden. Das Protokoll "Bergwald" könnte damit zum Vorbild für andere internationale Vereinbarungen zum Schutz der Wälder werden. Zur Lösung von eventuellen Interessenkonflikten zwischen der Erhaltung von Wäldern und der Neuerschließung von Gebieten zu Tourismuszwecken führt die Bundesregierung folgendes aus:

"Die Lösung von Zielkonflikten muß im Rahmen einer umfassenden Interessensabwägung erfolgen. Die Alpenkonvention und ihre Protokolle tragen dazu bei, der Erhaltung und der nachhaltigen Entwicklung der empfindlichen Gebirgsökosysteme bei der Abwägung mit anderen Interessen größeres Gewicht zu verleihen. So verpflichten sich die Vertragsparteien in Art. 2 des Protokolls 'Bergwald', die Ziele dieses Protokolls auch in ihren anderen Politikbereichen zu berücksichtigen; in Art. 2 b wird ausdrücklich die Erholungsnutzung genannt."284

     176. Auch ihre Auffassungen zum Verkehrsprotokoll der Alpenkonvention, das im Entwurf vorliege, teilt die Bundesregierung in ihrer Antwort mit:

"Strittig ist nach wie vor die Forderung Österreichs, daß neue, hochrangige alpenquerende Straßen, die den grenzüberschreitenden Verkehr zwischen den Vertragsparteien merklich erhöhen, nur gebaut werden dürfen, wenn dem Projekt von keiner Vertragspartei, auf die es sich auswirken kann, begründet widersprochen wird. Aus grundsätzlichen Erwägungen ist die Bundesregierung nicht bereit, der Einführung eines Vetorechts im Verkehrsprotokoll zuzustimmen, unabhängig davon, daß in Deutschland nicht geplant ist, neue hochrangige alpenquerende Straßen zu bauen.

Die deutsche Delegation hat statt dessen vorgeschlagen, ein Konsultationsverfahren zur Erstellung des Konsenses in der Planungsphase eines Straßenbauprojekts im Verkehrsprotokoll zu regeln. Für die Fälle, in denen kein Konsens erzielt werden kann, sollte die Alpenkonvention entsprechend der Praxis im internationalen Völkervertragsrecht um Streitbeilegungsklauseln mit Wirkung für alle Durchführungsprotokolle ergänzt werden.

(...) Der Entwurf des Verkehrsprotokolls entspricht der Verkehrspolitik der Bundesregierung, den Personen- und Güterverkehr soweit wie möglich auf umweltfreundlichere Verkehrsmittel zu verlagern."285

     177. Im Juni 1997 legte die Bundesregierung ihren 5. Tropenwaldbericht vor, in dem sie betont, daß Lösungsansätze vor allem das Interesse der Tropenwaldländer an der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung ihrer Wälder wecken müßten, da es dabei auch um ihre eigenen langfristigen Entwicklungsmöglichkeiten gehe. Die Bundesregierung habe im Berichtszeitraum mit nationalen, bi- und multilateralen Maßnahmen sowie Maßnahmen im Rahmen der EU weiter aktiv zu solchen Lösungsansätzen beigetragen. Um eine nachhaltige Waldbewirtschaftung in den Tropen durch marktwirtschaftliche Anreize zu fördern, unterstütze die Bundesregierung seit 1994 ein von ihr initiiertes und vom internationalen Forstforschungszentrum CIFOR koordiniertes überregionales Projekt zur Entwicklung eines Rahmens weltweit anwendbarer Kriterien und Indikatoren nachhaltiger Waldbewirtschaftung als Hilfestellung für die weltweit laufenden Zertifizierungsinitiativen auf freiwilliger Basis. Hierzu seien erste Ergebnisse vorgelegt worden.

     Auch an multilateralen Maßnahmen, die direkt oder indirekt der Tropenwalderhaltung dienen, habe sich die Bundesregierung weiterhin konzeptionell und finanziell beteiligt, so z. B. am Pilotprogramm zur Erhaltung der brasilianischen Regenwälder, an der globalen Umweltfazilität (GEF), an der Entwicklung des Konzeptes nationaler Forstprogramme zur Förderung einer geschlossenen Politik, zur Erhaltung der Tropenwälder in den Entwicklungsländern, in Fortführung des Tropenwalds-Aktionsprogrammes der FAO, am Programm "Capacity 21" von UNDP sowie an Aktivitäten der UNESCO im Bereich des Managements natürlicher Ressourcen.

     Zudem habe die Bundesregierung an einer weiteren Verbesserung der Konditionen für international koordinierte Schuldenerleichterungen mitgewirkt und gewähre einer Reihe hochverschuldeter, armer Entwicklungsländer Schuldenerlasse in Form von Schuldenumwandlungen für Umweltschutzmaßnahmen.

     Das neue internationale Tropenholzübereinkommen (ITTA) sei zum 1. Januar 1997 in Kraft getreten. Die Bundesregierung sei dem Übereinkommen im August 1995 beigetreten. Hier komme es weiter prioritär darauf an, zu erreichen, daß vom Jahr 2000 an nur noch Tropenholz aus nachhaltig und umweltfreundlich bewirtschafteten Wäldern in den internationalen Handel gelange (ITTO-Ziel "2000").286

     Umstritten bleibe weiter die Frage nach der Erforderlichkeit neuer Rechtsinstrumente. Die Bundesregierung werde sich weiter für die Aufnahme von Verhandlungen über eine internationale Waldkonvention als ein Instrument zur völkerrechtlich verbindlichen Festlegung genereller Grundsätze, Leitlinien, Verpflichtungen oder Standards für die Bewirtschaftung, Erhaltung und nachhaltige Entwicklung der Wälder weltweit einsetzen. Dabei solle die Schaffung neuer und eigener Mechanismen zur Finanzierung und operativen Umsetzung waldbezogener Maßnahmen in Entwicklungsländern angesichts der bereits hierfür zur Verfügung stehenden Instrumente vermieden werden.287



    282 UN Doc. A/C. 2/52/SR. 40, 4.
    283 BT-Drs. 13/7351 vom 27.3.97, 2 f.
    284 Ibid., 10.
    285 Ibid., 11.
    286 BT-Drs. 12/8100 vom 25.6.97, 3.
    287 Ibid., 4.