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Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1997


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Roland Bank


XV. Europäische Union und Europäische Gemeinschaften

2. Außenbeziehungen

     200. Die Bundesregierung brachte auch 1997 wieder Entwürfe für Ratifikationsgesetze zu gemischten Abkommen in den Bundestag ein.

     Mit dem Abschluß eines Europa-Abkommens mit der Republik Slowenien wurde der Prozeß der Assoziierung von mittel- und osteuropäischen Staaten an die Europäische Gemeinschaft abgeschlossen. Das Zustimmungsgesetz hierzu wurde vom Bundestag am 26. Juni 1997 beschlossen. Da es sich bei dem genannten Abkommen mit der Republik Slowenien, das sich nach dem gleichen Modell wie die Europa-Abkommen der Gemeinschaft mit anderen assoziierten mittel- und osteuropäischen Ländern gestaltet, um ein Abkommen handelt, das neben Materien mit Gemeinschaftskompetenz auch Materien regelt, für die die Mitgliedstaaten zuständig sind (sog. gemischte Abkommen), bedurfte es der Ratifizierung durch die Mitgliedstaaten. Gegenüber dem bisherigen Kooperationsabkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften und der Republik Slowenien vom 5. April 1993 enthält das Assoziierungsabkommen eine Reihe qualitativ neuer Elemente, die teilweise auf Initiativen und Vorschläge der Bundesregierung beruhen. Dabei handelt es sich um eine Institutionalisierung eines Mechanismus für den politischen Dialog auf hoher Ebene, die Errichtung einer Freihandelszone zwischen der Republik Slowenien und der Gemeinschaft, die Beachtung demokratischer Grundprinzipien, der Menschen- und Minderheitenrechte und die Verwirklichung der Grundsätze der Marktwirtschaft, Bestimmungen über industrielle, technische, wissenschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit, Bestimmungen über die Rechtsangleichung und gemeinsame Regeln über Wettbewerb, Dumping und staatliche Beihilfen sowie Bestimmungen über die finanzielle Zusammenarbeit. Besonders bemerkenswert ist, daß in der Präambel das Ziel Sloweniens anerkannt wird, der Europäischen Union beizutreten. Das Assoziierungsabkommen soll einen Beitrag zur Erreichung dieses Ziels leisten.371

     201. Im Berichtszeitraum hat die Bundesregierung mehrere Gesetzgebungsverfahren für Zustimmungsgesetze zu Abkommen über die Zusammenarbeit der Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Nachfolgestaaten der ehemaligen UdSSR andererseits eingeleitet. Die Entwürfe betrafen die Zusammenarbeit mit Kasachstan,372 Aserbaidschan,373 Usbekistan,374 Republik Moldau,375 Georgien376 und Armenien377. Mit diesen gemischten Abkommen soll das am 18. Dezember 1989 unterzeichnete Abkommen über Handel und handelspolitische und wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen der EWG, der EAG und der ehemaligen UdSSR ersetzt werden. Gegenüber dem zu ersetzenden Abkommen enhält das neue Abkommen im wesentlichen folgende neue Elemente, die nach Angaben der Bundesregierung in ihrer Denkschrift zum Abkommen teilweise auf ihren Initiativen und Vorschlägen beruhen: die Institutionalisierung eines Mechanismus für den politischen Dialog; weitgehende Bestimmungen über industrielle, technische, wissenschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit; Bestimmungen über Rechtsangleichung, Wettbewerb und ein Verbot von Beihilfen; Bestimmungen über die finanzielle Zusammenarbeit. Im Abkommen mit der Republik Moldau ist über die genannten Faktoren hinaus die Möglichkeit erwähnt, im Rahmen des Abkommens ab 1998 Verhandlungen über die Errichtung einer Freihandelszone zu beginnen.378

     202. Mit Gesetz vom 24. Februar 1997 hat der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates dem Europa-Mittelmeer-Abkommen vom 17. Juli 1995 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits zugestimmt.379

     203. In den Schlußfolgerungen des Vorsitzes zum Europäischen Rat in Amsterdam am 16. und 17. Juni 1997 sind Stellungnahmen des Europäischen Rates zu Handelsfragen, den Beziehungen zwischen der EU und den USA, dem Mittelmeerraum, Rußland, Albanien, Südafrika, Kongo, Hongkong und Macau, das geplante EU-Gipfeltreffen mit Lateinamerika, der Karibik und Afrika sowie zur Kontroll von Rüstungsausfuhren enthalten. Außerdem geht der Europäische Rat darin auf die Situation im ehemaligen Jugoslawien ein. Er äußert darin seine Besorgnis über die nur langsamen Fortschritte bei der Festigung von Bosnien und Herzegowina als einheitlichem Staat in Übereinstimmung mit dem Übereinkommen von Dayton. Die Bundesrepublik Jugoslawien wird daran erinnert, daß die weitere Entwicklung ihrer Beziehungen zur EU von der vollständigen Umsetzung des González-Berichts sowie von Fortschritten in der Situation der Menschenrechte und der Einräumung von Autonomie im Kosovo abhängen. Auch im Hinblick auf Kroatien wird betont, daß eine Verbesserung der Beziehungen zur EU von einer strikten Beachtung von Menschen- und Minderheitenrechten abhänge.

     204. Auf dem Amsterdamer Gipfel verabschiedete der Europäische Rat einen "Aufruf der Europäischen Union für Frieden im Nahen Osten", in dem die Grundlagen für den Frieden unterstrichen werden:

"(...) das Recht aller Staaten und Völker in der Region auf ein Leben in Frieden innerhalb sicherer und anerkannter Grenzen; Achtung des legitimen Wunsches des palästinensischen Volkes, über seine Zukunft selbst zu bestimmen; Anwendung des Grundsatzes Land gegen Frieden; keine Hinnahme gewaltsamer Gebietsaneignung; Achtung der Menschenrechte; Ablehnung jeder Form des Terrorismus; gutnachbarliche Beziehungen; Erfüllung bestehender Vereinbarungen und Ablehnung kontraproduktiver einseitiger Initiativen. In diesem Zusammenhang erinnert die Union an ihre Ablehnung der Siedlungspolitik und an ihr Eintreten für die Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen."380

     205. Im Hinblick auf die Situation in Albanien verabschiedete der Rat am 2. Juni 1997 einen Gemeinsamen Standpunkt (97/357/GASP: Gemeinsamer Standpunkt vom 2. Juni 1997 - vom Rat aufgrund von Artikel J.2 des Vertrags über die Europäische Union festgelegt - betreffend Albanien) in dem festgelegt wird, daß die EU Albanien im Rahmen der Koordination durch die OSZE bei der Förderung des Demokratieprozesses und der Rückkehr zu Stabilität unterstützen werde. Neben den bereits stattfindenden humanitären Hilfslieferungen und der Unterstützung von ökonomischen Reformen sowie von Beiträgen zur Initiative von WEU und Europarat für ein "Multinational Advisory Police Element" erklärt sich die EU in dem Gemeinsamen Standpunkt dazu bereit, die Ausrichtung von freien und fairen Parlamentswahlen zu unterstützen, insbesondere durch Wahlbeobachtung.381

     206. Ein weiterer Gemeinsamer Standpunkt bezog sich auf die Konfliktverhütung und Konfliktlösung in Afrika (97/356/GASP: Gemeinsamer Standpunkt vom 2. Juni 1997 - vom Rat aufgrund von Artikel J.2 des Vertrags über die Europäische Union festgelegt - betreffend Konfliktverhütung und Konfliktlösung in Afrika). Die Union erklärt in diesem Dokument die Absicht, die Verbindung zwischen ihren eigenen Bemühungen und denen der Afrikaner zu verbessern und die verschiedenen verfügbaren Instrumente kohärent anzuwenden (Art. 3). Außerdem sollen die Mitgliedstaaten sich vermehrt um die Bekämpfung von illegalem Export von Waffen kümmern (Art. 4). Schließlich wird angekündigt, im Fall von verteidigungstechnischen Implikationen des weiteren Vorgehens in diesem Bereich die WEU mit der Ausarbeitung und Durchführung von entsprechenden Initiativen, insbsondere hinsichtlich des Einsatzes militärischer Mittel, zu beauftragen.382

     207. Gemeinsame Standpunkte wurden außerdem zu folgenden Themen beschlossen: 97/193/GASP: Gemeinsamer Standpunkt vom 17. März 1997 - vom Rat auf der Grundlage von Artikel J.2 des Vertrags über die Europäische Union festgelegt - zu restriktiven Maßnahmen gegenüber den Personen, die während der Vorfälle in Mostar am 10. Februar 1997 Gewalttaten begangen haben;383 97/759/GASP: Gemeinsamer Standpunkt vom 30. Oktober 1997 - vom Rat aufgrund von Artikel J.2 des Vertrags über die Europäischen Union festgelegt - betreffend Angola, um die União Nacional para a Independência Total de Angola (UNITA) aufzufordern, ihren Verpflichtungen im Friedensprozeß nachzukommen.384

     208. Als Gemeinsame Aktionen wurden beschlossen: 97/817/GASP: Gemeinsame Aktion vom 28. November 1997 - vom Rat aufgrund von Artikel J.3 des Vertrags über die Europäische Union beschlossen - über Antipersonenminen.385 97/288/GASP: Gemeinsame Aktion vom 29. April 1997 - vom Rat aufgrund von Artikel J.3 des Vertrags über die Europäische Union angenommen - betreffend den Beitrag der Europäischen Union zu stärkerer Transparenz bei Ausfuhrkontrollen im Zusammenhang mit Kernmaterial;386 97/289/GASP: Gemeinsame Aktion vom 29. April 1997 - vom Rat aufgrund von Artikel J.3 des Vertrags über die Europäische Union angenommen - über ein Hilfsprogramm der Europäischen Union zur Unterstützung der Palästinensischen Autonomiebehörde bei ihren Bemühungen zur Bekämpfung terroristischer Aktivitäten, die von den unter ihrer Kontrolle stehenden Gebieten ausgehen;387

     209. Ergänzende Akte hierzu und zu frühenen Gemeinsamen Standpunkten und Aktionen waren: 97/224/GASP: Beschluß des Rates vom 24. März 1997 zur Ergänzung der Gemeinsamen Aktion 96/406/GASP betreffend Massnahmen der Union zur Unterstützung der Wahlen in Bosnien-Herzegowina;388 97/689/GASP: Beschluß des Rates vom 20. Oktober 1997 zur Ergänzung der Gemeinsamen Aktion 96/406/GASP betreffend Massnahmen der Union zur Unterstützung der Wahlen in Bosnien- Herzegowina;389 97/690/GASP: Beschluß des Rates vom 20. Oktober 1997 über die Durchführung des vom Rat aufgrund von Artikel J.2 des Vertrags über die Europäische Union festgelegten Gemeinsamen Standpunkts 97/356/GASP betreffend Konfliktverhütung und Konfliktlösung in Afrika;390 97/818/GASP: Beschluß des Rates vom 28. November 1997 zur Durchführung der Gemeinsamen Aktion 96/588/GASP über Antipersonenminen, um zur Finanzierung der Sonderaufrufe des IKRK beizutragen;391 97/819/GASP: Beschluß des Rates vom 28. November 1997 zur Durchführung der Gemeinsamen Aktion 96/588/GASP über Antipersonenminen, um zur Finanzierung bestimmter Programme der SADC und des IKRK beizutragen;392 97/820/GASP: Beschluß des Rates vom 28. November 1997 über die Durchführung des Gemeinsamen Standpunkts 95/544/GASP betreffend Nigeria.393



    371 BT-Drs. 13/7447 vom 17.4.1997, 139.
    372 BT-Drs. 13/8457 vom 5.9.1997.
    373 BT-Drs. 13/8695 vom 7.10.1997.
    374 BT-Drs. 13/8696 vom 7.10.1997.
    375 BT-Drs. 13/8697 vom 7.10.1997.
    376 BT-Drs. 13/9343 vom 3.12.1997.
    377 BT-Drs. 13/9512 vom 18.12.1997.
    378 BT-Drs. 13/8697 vom 7.10.1997, 38.
    379 BGBl. 1997 II, 342.
    380 Bull. Nr. 66 vom 6.8.1997, 797.
    381 ABl. EG L 153, 4.
    382 ABl. EG L 153, 1.
    383 ABl. EG L 81, 1.
    384 ABl. EG L 309, 8.
    385 ABl. EG L 338, 1.
    386 ABl. EG L 120, 1.
    387 Ibid., 2.
    388 ABl. EG L 90, 1.
    389 ABl. EG L 293, 2.
    390 Ibid., 3.
    391 ABl. EG L 338, 5.
    392 Ibid., 6.
    393 Ibid., 7.