Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Logo Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht

Sie befinden sich hier: Publikationen Archiv Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland 1997

Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1997


Inhalt | Zurück | Vor

Roland Bank


XVI. Internationale Organisationen

3. Sonstige Organisationen

     248. Im Rahmen des zweiten Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten des Europarates am 10. und. 11. Oktober 1997 in Straßburg wurde ein Aktionsplan beschlossen, mit dem die demokratische Stabilität in den Mitgliedstaaten gestärkt werden soll. Als Schwerpunktbereiche sind darin Demokratie und Menschenrechte, sozialer Zusammenhalt, Sicherheit der Bürger, demokratische Werte und kulturelle Vielfalt sowie Strukturen und Arbeitsmethoden angeführt. Im Bereich der Menschenrechte wurde insbesondere beschlossen, das Ministerkomitee zu beauftragen, die Voraussetzung für die Verwirklichung des Vorschlags, das Amt eines Kommissariats für Menschenrechte zur Förderung der Achtung der Menschenrechte in den Mitgliedstaaten einzurichten, unter Berücksichtigung der Zuständigkeiten des einheitlichen Gerichtshofs zu prüfen. Ein weiterer Punkt in dem Aktionsplan bezieht sich darauf, daß die Einhaltung der durch die Mitgliedstaaten eingegangenen Verpflichtungen mittels eines vertraulichen, konstruktiven und nicht diskriminierenden Dialogs innerhalb des Ministerkomitees sichergestellt werden soll. Im Sozialbereich wurde beschlossen, das Ministerkomitee mit der Festlegung einer Strategie des sozialen Zusammenhalts zu beauftragen, um den Herausforderungen der Gesellschaft gerecht zu werden und innerhalb des Europarates die erforderlichen Umstrukturierungen einzuleiten, insbesondere durch die Schaffung einer Spezialeinheit für Beobachtung, Vergleich und Umgang mit Problemen des sozialen Zusammenhaltes. Zur Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten im Kampf gegen Korruption, einschließlich ihrer Verbindungen zum organisierten Verbrechen und zur Geldwäsche, beauftragten die Staats- und die Regierungschefs das Ministerkomitee, die Leitlinien zur Ausarbeitung von nationaler Gesetzgebung und Verfahren zu verabschieden, die Arbeiten an internationalen Rechtsinstrumenten gegen die Korruption rasch abzuschließen sowie unverzüglich einen angemessenen und wirksamen Mechanismus zur Überwachung der Einhaltung der Leitlinien und zur Umsetzung der erwähnten Rechtsinstrumente einzuführen. Weiterhin wurde das Ministerkomitee im Hinblick auf den 50. Jahrestag der Gründung des Europarates im Jahr 1999 mit der Durchführung von Strukturreformen beauftragt, die für die Anpassung der Organisation an ihre neuen Aufgaben und ihre erweiterte Zusammensetzung sowie zur Verbesserung ihres Entscheidungsfindungsprozesses notwendig sind.442

     249. In ihrer Antwort auf eine parlamentarische Kleine Anfrage nahm die Bundesregierung Stellung zu der Frage, wie festzustellende Überschneidungen der Arbeit des Europarats mit der anderer zwischenstaatlicher Organisationen wie der EU und der OSZE zu vermeiden seien:

"Die Bundesregierung mißt der effizienten Zusammenarbeit der verschiedenen Institutionen in Europa hohe Priorität bei. Wichtig ist, daß die Organisationen sich untereinander verständigen und jeweils nach Maßgabe ihrer komparativen Vorteile tätig werden. Dabei ist Doppelarbeit zu vermeiden. In diesem Zusammenhang unterstützt die Bundesregierung die Bemühungen, das ins Auge gefaßte Memorandum of Understanding zwischen OSZE und Europarat zu verabschieden, das die Richtlinien für die Kooperation beider Organisationen definiert. Dem Ziel einer möglichst effizienten Zusammenarbeit dienen auch die regelmäßigen Treffen zwischen Vertretern des Europarates, der Europäischen Union und der OSZE.

Ein jüngstes Beispiel ist die vorgesehene Kooperation zwischen der im Rahmen der Europäischen Union beschlossenen Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (ESBRF) und der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) des Europarates. Darüber hinaus werden auf der Grundlage eines Briefwechsels zwischen dem Präsidenten der EU-Kommission Santer und Generalsekretär Tarschys vom 5. November 1996 Vertreter der EU-Kommission eingeladen, an den Sitzungen der verschiedenen Berichterstattergruppen des Komitees der Ministerbeauftragten teilzunehmen, die für sie von Interesse sind. Eine ähnliche Regelung gilt umgekehrt für die Teilnahme von Vertretern des Europarats an Sitzungen im EU-Rahmen."443

     250. Im Hinblick auf die Stellung der parlamentarischen Versammlung des Europarates und ihre Beteiligung bei der Ausarbeitung von Konventionstexten führt die Bundesregierung folgendes aus:

"Die Bundesregierung begrüßt die substantiellen und engagierten Beiträge der parlamentarischen Versammlung bei der Ausarbeitung von Konventionen. So sind vor allem durch das aktive Mitwirken der parlamentarischen Versammlung wichtige Verbesserungen bei der Ausarbeitung der Biomedizinkonvention möglich geworden. Insgesamt geht ein großer Teil der derzeit 165 zur Zeichnung aufgelegten Konventionen des Europarats auf Vorschläge der parlamentarischen Versammlung zurück. Insofern ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die Beteiligung der parlamentarischen Versammlung bei der Ausarbeitung von Konventionstexten im hohen Maße gegeben ist. Die Bundesregierung hält es allerdings für wichtig, daß der parlamentarischen Versammlung vor der endgültigen Annahme eines Textes durch das Ministerkomitee genügend Zeit für eine fundierte Stellungnahme zur Verfügung steht."444

     Auf die Frage, ob und wie die Rolle der parlamentarischen Versammlung nicht nur bei der Ausarbeitung von Konventionen gegenüber dem Ministerkomitee gestärkt werden könnte, weist die Bundesregierung darauf hin, daß eine eigenständigere Rolle der parlamentarischen Versammlung in Bezug auf die übrigen Organe des Europarats eine Änderung der Statuten des Europarates vom 5. Mai 1949 voraussetzen würde. Die Bundesregierung würde jedoch eine stärkere Beteiligung der parlamentarischen Versammlung bei der Gestaltung des Arbeitsprogramms begrüßen.445



    442 Bull. vom 3. November 1997, Nr. 86, 987 f.
    443 BT-Drs. 13/8129 vom 1.7.97, 3.
    444 Ibid., 4.
    445 Ibid., 5.