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Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1997


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Roland Bank


XVII. Friedenssicherung und Kriegsrecht

3. Kollektive militärische und nicht-militärische Maßnahmen

     260. Im Namen der Europäischen Union haben der Vertreter der Niederlande im 6. Ausschuß der VN-Generalversammlung Stellung zu Fragen der Umsetzung von Bestimmungen der VN-Charta, die sich auf die Hilfeleistung für dritte von Sanktionsmaßnahmen betroffene Staaten beziehen:

"The State members of the European Union had given ample proof of their determination to minimise the detrimental effects suffered by third states, not only through their support of the measures stipulated in the relevant resolutions, but also through substantial economic and humanitarian assistance, especially to those countries which had experienced the adverse effects of the measures taken against the former Yugoslavia. For that reason, he firmly supported the Secretary-General's suggestion that the ad-hoc expert group should be requested to explore innovative and practical measures of systems that could be provided by all relevant organisations. (...)

He noted with satisfaction that the Economic and Social Council and the Committee for Program and Co-ordination had continued to play their respective roles in mobilising and monitoring economic assistance by the international community and the United Nations system to specially affected third States and in identifying solutions to the sanctions-related economic programs. While recognising the right of adversely affected states to consult the Security Council with regard to a solution on those problems, as provided for in Art. 50 of the Charter of the United Nations, he believed that it was essential not to undermine the powers of the Security Council under Chapter VII of the Charter for maintenance of international peace and security and to preserve the overall effectiveness of sanctions regimes."459

     261. In ihrer Antwort auf eine schriftliche parlamentarische Anfrage gibt die Bundesregierung eine Einschätzung von der Wirksamkeit der Embargo-Politik gegen das Regime von Saddam Hussein im Irak ab:

"Die vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen getroffenen Sanktionsbeschlüsse richten sich auf die Erfüllung der in der Resolution 687 ('Waffenstillstandsresolution' vom 3. April 1991) vom Sicherheitsrat - für die gesamte Staatengemeinschaft - gestellten Forderungen durch die irakische Regierung. Die Resolution 687 fordert insbesondere den Verzicht des Irak auf Massenvernichtungswaffen und ballistische Raketen über 150 km Reichweite einschließlich sämtlicher zugehöriger Komponenten, Vorprodukte, Produktions- und Forschungs-einrichtungen. Die bisherige Bilanz ist gemischt. Der Irak arbeitet zwar mit der vom Sicherheitsrat eingesetzten VN-Sonderkommission (UNSCOM) zusammen, behindert jedoch ihre Tätigkeit in vielfältiger Weise. Dennoch konnten auch positive Ergebnisse erzielt werden, insbesondere im Nuklearbereich und bei ballistischen Raketen über 150 km Reichweite. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß diese begrenzten Erfolge ohne die VN-Sanktionen nicht erzielt worden wären. Wie in der Nr. 22 der Resolution 687 niedergelegt, kann daher das irakische Importverbot erst aufgehoben werden, wenn der Sicherheitsrat feststellt, daß die irakische Regierung sämtliche Bedingungen dieser Resolution erfüllt hat."460

     Im Hinblick auf die sozialen Folgen des Embargos führt die Bundesregierung folgendes aus:

"Die wichtigsten Erkenntnisse über die sozialen Folgen der VN-Sanktionen sind in den einschlägigen Berichten der FAO/WFP und von UNICEF sowie des VN-Koordinators für die humanitäre Hilfe im Irak enthalten. Danach sind sowohl Ernährung und insbesondere die Gesundheitsversorgung der irakischen Bevölkerung äußerst unbefriedigend, mit gravierenden Auswirkungen vor allem auf die Kindersterblichkeit in Irak. Dies war einer der wichtigsten Gründe für die Einrichtung des 'Öl für Nahrungsmittel-Programms', nachdem der Irak frühere entsprechende Angebote des Sicherheitsrats nicht genutzt hatte. Ob die vollständige Abwicklung der gegenwärtig laufenden zweiten Tranche dieses Programms ausreicht, insbesondere die Gesundheitsversorgung wieder auf ein einigermaßen akzeptables Niveau zu heben, ist nicht sicher. Die Bundesregierung hat sich daher für eine Verlängerung und - im Rahmen des Möglichen - Erweiterung des 'Öl für Nahrungsmittel-Programms' ausgesprochen."461

     262. Im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen nahm ein Vertreter der Bundesrepublik Deutschland Stellung zu dem Einsatz der WEU in Albanien:

"On the basis of Council resolutions 1101 (1997) and 1114 (1997), the multinational protection force played a decisive role in protecting the delivery of militarian aid and guaranteeing the safety of international experts during the election process in Albania. (...)

The Western European Union has been engaged in the joint management of the crises in Albania from its start with a Multinational Advisory Police Element (MAPE). On 22 July, the WEU Council decided on an extension of the MAPE mandate until mid-October 1997. This will give the time necessary to complete the WEU's short-term advisory program and gain experience. The mandate of MAPE includes the following elements. First, giving the Albanian police authorities information and advice on appropriate aspects of policing and restoring order; secondly, giving advice for the purpose of training instructors, by defining the needs and proposing training modules in the following areas: organisation, public order, border control, logistics and communications; thirdly, supporting the police academy by drawing up a teaching program. In the framework of the MAPE mission, a number of WEU Nations have provided equipment for the Albanian police.

In addition to this short-term program, the WEU Council will also take up consideration of a longer-term program. The WEU cease admission in Albania within the framework of a variety of activities by a number of international organisations, among them the OSCE, the European Union and the Council of Europe, and also by individual states. From the very beginning of the MAPE Mission, the WEU has been striving for close co-operation with the organisations involved in Albania under the overall co-ordination of the OSCE, as well as with the Albanian authorities. We consider it to be of the utmost importance to further continue and intensify this co-ordination of activities. The future of the country will have to be shaped by the Albanian people. The international community is continuing, and will continue, to support the process of stabilisation. I would like to underline that within this context, the WEU is playing and will continue to play an active role."462

     263. Zur Lage in Albanien gab Bundeskanzler Kohl am 17. März 1997 eine Erklärung ab, in der die Beschlüsse der Außenminister der Europäischen Union vom 16. März 1997, im Zusammenwirken mit der OSZE eine Beratungsmission nach Albanien zu entsenden, die bei der Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung mithelfen soll, begrüßt werden. Weiter führt der Bundeskanzler aus:

"Im übrigen bleibe ich bei meiner schon früher geäußerten Auffassung, daß eine militärische Intervention von außen zum Zwecke der Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung in Albanien derzeit nicht in Betracht kommen kann. Angesichts der bestehenden Situation vor Ort wäre niemand in der Lage, den Soldaten ein klares, erfolgversprechenden Mandat für ein militärische Eingreifen mit auf den Weg zu geben."



    459 UN Doc. A/C.6/52/SR.5, 4 f.
    460 BT-Drs. 13/9392 vom 12.12.97, 1.
    461 Ibid., 2.
    462 SR 3811, 14.8.1997, 22.