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Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1997


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IV. Staatsgebiet und Grenzen, extraterritoriale Jurisdiktion

     14. Der Vertrag vom 23. November 1964 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der schweizerischen Eidgenossenschaft über die Einbeziehung der Gemeinde Büsingen am Hochrhein in das schweizerische Zollgebiet, sog. Büsinger-Staatsvertrag32, ist mit dem Abkommen vom 19. März 1997 abgeändert worden.33 Mit dem Änderungsabkommen soll die Gemeinde Büsingen am Hochrhein vollständig in das schweizerische Wirtschafts- und Zollgebiet integriert werden. Das ursprüngliche Abkommen wird in vier Punkten (Einbeziehung der Agrarstatistik, Berücksichtigung der neuen schweizerischen Gesetze zur Mehrwertsteuer und zur Mineralölsteuer, Aufhebung des Heilpraktikerverbots34) den veränderten Bedingungen, insbesondere der neuen Gesetzeslage auf schweizerischer Seite, angepaßt.

     15. In einer schriftlichen parlamentarischen Anfrage war nach der Position der Bundesregierung im Rahmen der auf OECD-Ebene laufenden Verhandlungen über das Multilateral Agreement on Investments (MAI) zur Aufnahme einer Vorschrift zum Schutz völkerrechtswidrig enteigneten Vermögens gefragt worden. Die Bundesregierung führte hierzu folgendes aus:

"Die Bundesregierung unterstützt die derzeitigen Bemühungen, gemäß dem 'memorandum of understanding' zwischen den USA und der EG-Kommission vom vergangenen April bis zum 15. Oktober 1997 Vorschläge für eine MAI-Vorschrift zum Schutz von völkerrechtswidrig enteignetem Vermögen auszuarbeiten. Dabei geht es um Bestimmungen, welche es Investoren künftig erschweren, Vermögensgegenstände zu erwerben, die völkerrechtswidrig enteignet worden sind."35

     Die Arbeiten am MAI im Rahmen der OECD konnten im Berichtszeitraum nicht abgeschlossen werden.

     16. Die Maßnahmen gegen die Embargogesetze der Vereinigten Staaten gegenüber Kuba, dem Iran und Libyen, die exterritoriale Auswirkungen haben, wurden durch die Bundesregierung im Berichtszeitraum verschärft. Durch eine Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung werden Verstöße gegen die Anti-Boykott-Verordnung der EG mit Bußgeld bedroht. In der Begründung der Verordnung bezeichnet die Bundesregierung die exterritoriale Anwendung von Maßnahmen als völkerrechtswidrig:

"Die ausländischen Maßnahmen verletzen durch ihre extraterritoriale Anwendung das Völkerrecht und behindern die Verwirklichung des Ziels eines freien Kapitalverkehrs zwischen den EG-Mitgliedstaaten und dritten Ländern. Um die Interessen der Gemeinschaft dagegen zu schützen, ist es erforderlich, die Durchsetzung der ausländischen Rechtsakte in der Gemeinschaft zu blockieren."36

     17. Am 3. März 1997 erging das Zustimmungsgesetz zu dem Vertrag vom 3. November 1994 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik über die gemeinsame Staatsgrenze37, der am 1. September 1997 in Kraft getreten ist.38 Der Verlauf der Grenze bestimmt sich demnach im Teil der Grenze des Freistaates Sachsen durch die Grenzdokumentation zu dem Vertrag aus dem Jahre 1980 zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik über die gemeinsame Staatsgrenze. Im Teil der Grenze des Freistaates Bayern bestimmt sich die Grenze durch ein Grenzurkundenwerk aus dem Jahre 1937, das allerdings durch eine bereits durchgeführte neue Vermessung zu ersetzen ist. Auch die Grenzdokumentation im Bereich der sächsischen Grenze ist zu aktualisieren. Das damit entstehende aktuelle Grenzurkundenwerk der deutsch-tschechischen Staatsgrenze wird in einem selbständigen Vertrag zu bestätigen sein (vgl. Art. 2 des Vertrages).

     Das in Prag am 18. November 1996 unterzeichnete Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Tschechischen Republik über Grenzübergänge an der gemeinsamen Staatsgrenze ist am 28. Februar 1997 in Kraft getreten.39

     18. Am 11. November 1997 wurde vom Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates das Zustimmungsgesetz zu dem Vertrag vom 21. Dezember 1993 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über den Durchgangsverkehr von Exekutivorganen und die Durchbeförderung von Häftlingen verabschiedet. Infolge diese Abkommens dürfen die Exekutivorgane der beiden Vertragsstaaten (auf deutscher Seite Polizeibeamte und Zollbeamte, auf österreichischer Seite Organe der Bundesgendarmerie, Bundespolizei, Justizwache, Zollwache und der Gemeindesicherheitswachen) festgelegte Durchgangsstrecken im Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates benutzen, um das eigene Dienstgebiet zur Dienstverrichtung zu erreichen. Exekutivorgane der Grenzaufsicht dürfen auch Grenzpfade auf dem Hoheitsgebiet des anderen Staates benutzen (Art. 1). Die Durchbeförderung von Häftlingen ist ebenfalls auf den gesondert festzulegenden Durchgangsstrecken möglich, wenn die Häftlinge nicht nach Ansicht des Durchgangsstaates seine Staatsangehörigen sind oder dies nicht ausgeschlossen werden kann oder wegen einer nach Ansicht des Durchgangsstaates politischen Straftat verfolgt werden (Art. 2). Zudem werden Benachrichtigungspflichten geregelt und bestimmte Überflugmöglichkeiten eingeräumt (Art. 5-7 und 8).40



    32 BGBl. 1967 II, 2029.
    33 Das Zustimmungsgesetz erging am 23.6.1998, BGBl. 1998 II, 1130.
    34 Vgl. hierzu bereits Röben (Annm. 4), Ziff. 7.
    35 BT-Drs. 13/8396 vom 15.8.1997, 18.
    36 BT-Drs. 13/7916, 3.
    37 BGBl. 1997 II, 566.
    38 BGBl. 1997 II, 1542.
    39 BGBl. 1997 II, 1385.
    40 BGBl. 1997 II, 1814.