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Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1998


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Karen Raible


XIII. Umwelt- und Naturschutz

7. Abfall und gefährliche Güter

    157. Dem Protokoll vom 7. November 1996 zum Übereinkommen über die Verhütung der Meeresverschmutzung durch das Einbringen von Abfällen und anderen Stoffen von 1972 wurde durch Gesetz vom 9. Juli 1998 zugestimmt.322 In der Begründung ihres Gesetzentwurfs führte die Bundesregierung am 20. April 1998 aus, daß das Protokoll von 1996 zum Londoner Übereinkommen vom 29. Dezember 1972 den Meeresumweltschutz erheblich verbessere und die zum gegenwärtigen Zeitpunkt international durchsetzbare Regelung zur weitestmöglichen Unterbindung der Einbringung von Abfällen und anderen Stoffen in die Hohe See und das Küstenmeer enthalte. Es habe zum Ziel, daß bei dem weltweit geltenden Grundsatz von einer allgemeinen Erlaubnis zur Abfallentsorgung auf See mit Verbotsmöglichkeit zu einem allgemeinen Verbot mit begrenzten Ausnahmen übergegangen werde. In der Bundesrepublik Deutschland sei durch das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz die Abfallbeseitigung auf See mit der Ausnahme von Baggergut bereits verboten worden. Die Bundesregierung betonte weiter, daß sie während der Verhandlungen eine aktive Rolle gespielt und sich dabei auch für weitergehende Regelungen ausgesprochen habe, die allerdings international noch nicht durchsetzbar gewesen seien.323 Das Protokoll gliedert sich in 29 Artikel und 3 Anlagen. Art. 1-15 enthalten die sachlichen Vorschriften, wie z.B. das Verbot des Einbringens von Abfällen (Art. 4) und das Verbot der Verbrennung von Abfällen und sonstigen Stoffen auf See (Art. 5). Art. 16-20 regeln Organisations- und Verfahrensvorschriften, Art. 21 und 22 Vorschriften über die Änderung des Übereinkommens und der Anhänge und Art. 23-29 die Schlußklauseln. In Anlage 1 sind die Abfälle und anderen Stoffe aufgeführt, für die eine Beseitigung im Meer überhaupt in Erwägung gezogen werden darf. In Anlage 2 werden die Abfallbeurteilungsrichtlinien behandelt. In Anlage 3 stehen die Regelungen für ein Schiedsgerichtsverfahren.

    Gleichzeitig mit dem Zustimmungsgesetz wurde ein Gesetz zur Ausführung des Protokolls vom 7. November 1996 zum Übereinkommen über die Verhütung der Meeresverschmutzung durch das Einbringen von Abfällen und anderen Stoffen von 1972 verabschiedet.324 Das Ausführungsgesetz bezweckt, die erforderlichen innerstaatlichen Vorschriften zu erlassen. Es faßt das Hohe-See-Einbringungsgesetz neu und bringt Folgeänderungen im Wasserhaushaltsgesetz, im Wasserabgabengesetz, im Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz sowie im Abfallverbringungsgesetz.325

    158. Am 11. September 1998 wurde von der Bundesrepublik Deutschland die PIC-Konvention unterzeichnet, das die erste internationale Chemikalienkonvention darstellt und das bislang auf Freiwilligkeit ruhende prior informed consent-Verfahren völkerrechtlich verbindlich regelt.

    Der Anwendungsbereich der Konvention erstreckt sich auf verbotene oder strengen Beschränkungen unterliegenden Chemikalien und sehr gefährlichen Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmitteln. Zunächst sind 22 Pestizide und 5 Industriechemikalien in Anlage III der Konvention aufgeführt. Kernstück der Konvention ist ein Informations- und Notifizierungssystem, nachdem der Import von Stoffen die in Anlage III aufgelistet sind, nur dann zulässig ist, wenn die Ausfuhr bei der einführenden Vertragspartei notifiziert ist und die Vertragspartei der Einfuhr zugestimmt hat. Langfristig beabsichtigt die Konvention in allen Staaten eine den Industrieländern vergleichbare Chemikalien-Management-Infrastruktur mittels technischer Hilfe einschließlich Aus- und Fortbildung aufzubauen.326

    Staatssekretär Jauck erklärte anläßlich der Bewerbung der Bundesrepublik Deutschland für den Sitz des nach Art. 19 der Konvention einzurichtenden Sekretariats:

"Im freiwilligen PIC-Verfahren wurden die Verwaltungsfunktionen für Pestizide von FAO in Rom und Chemikalien von UNEP in Genf wahrgenommen. Zur Durchführung des international rechtlich verbindlichen PIC-Verfahrens - nach Inkrafttreten der Konvention - hält es die Bundesregierung aus fachlichen, organisatorischen und nicht zuletzt aus finanziellen Gründen für erforderlich, daß die Sekretariatsaufgaben von einem Ort aus wahrgenommen werden. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß unser Land wegen der weltweiten Bedeutung der chemischen Industrie, dank ihrer langen Tradition und Erfahrung und angesichts ihres anerkannt hohen Sicherheitsstandards besonders geeignet ist, das PIC-Sekretariat als institutionelle Basis für ein umfassendes weltweites Chemikaliensicherheitssystem aufzunehmen."327



    322 BGBl. 1998 II, 1345; vgl. Bank (Anm. 1), Ziff. 161.

    323 BT-Drs. 13/10430.

    324 BGBl. 1998 I, 2455.

    325 BT-Drs. 13/10364 vom 3.4.1998; Umwelt Nr. 7-8/1998, 359.

    326 Umwelt Nr. 10/1998, 453.

    327 Ibid.