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Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1999


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Silja Vöneky/Markus Rau


VI. Luft- und Weltraumrecht

2. Weltraumrecht

     26. Die Bundesregierung ging in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage ausführlich auf Fragen der Raumfahrtstrategie, Raumfahrtpolitik und -forschungsförderung ein.67 Bezug genommen wurde darin u.a. auf die Ergebnisse der Ministerkonferenz der Europäischen Weltraumorganisation (ESA), die in Brüssel am 11./12. Mai 1999 stattfand. Sie stellte fest, daß

     "(e)xzellente Forschung und wirtschaftlicher Nutzen (...) die maßgeblichen Kriterien der Raumfahrtförderung (sind). Nach intensiver Vorbereitung auf nationaler Ebene durch Gespräche mit Spitzenvertretern der Raumfahrtindustrie und der Wissenschaft sowie in Abstimmung mit europäischen Partnern ist auf der ESA-Ministerratskonferenz am 11./12. Mai 1999 in Brüssel eine entscheidende Weichenstellung im Sinne der deutschen Zielvorstellungen gelungen. Auf deutsche Initiative hin wurde die Grundlage für eine stärkere Beteiligung der Wirtschaft geschaffen und die 'Public Private Partnership' in die europäische Raumfahrt eingeführt. (...)
     Als weiteres Ergebnis der Brüsseler Konferenz und von Beschlüssen des EU-Forschungsministerrates werden ESA und die Kommission der EU bis Ende des Jahres 2000 eine gemeinsame europäische Raumfahrtstrategie vorlegen. (....)
     Wichtig ist, die Raumfahrt in ihrer Funktion als Dienstleistung für exzellente Forschung und kommerzielle Anwendungen zu stärken. (...) Der Zugang zum Weltraum, die damit verbundenen Technologieentwicklungen und Dienstleistungen sind zu einem unverzichtbaren Bestandteil moderner Industriegesellschaften geworden. Raumfahrt und Weltraumforschung haben deshalb für die Bundesregierung einen hohen Stellenwert.
     Fast alle deutschen Raumfahrtaktivitäten werden in internationaler Zusammenarbeit durchgeführt, sei es im europäischen Rahmen, sei es in bilateralen Kooperationen mit Partnern wie den USA, Rußland oder Japan. (...)
     Gegenüber den Vorgängerregierungen strebt die Bundesregierung eine stärkere Anwender- und Nutzerorientierung und eine stärkere Beteiligung der Industrie in marktnahen Bereichen an. (...)
    Wesentliche Schritte in diese Richtung wurden bereits auf der ESA-Ministerkonferenz in Brüssel im Mai 1999 unternommen. Beispielhaft seien genannt:
    - deutliche Prioritätensetzungen in anwendungsnahen Bereichen durch die deutschen Programmbeteiligungen bei Ariane 5 und bei der Erdbeobachtung,
    - Absenkung der deutschen Beteiligung beim Mikrogravitationsprogramm und bei den variablen Kosten des Raumstationsbetriebs,
    - Vorgabe einer Einsparung von weiteren 10 % der Entwicklungskosten bei Ariane 5-Plus,
    - Auftrag an die ESA zur Industrialisierung des Betriebs der europäischen Raumstationselemente mit dem Ziel einer deutlichen Kostensenkung,
    - Start der Definitionsphase des Satellitennavigationsprogramms Galileo mit dem Ziel des Aufbaus eines zivilen Satellitennavigationssystems in öffentlich-privater Partnerschaft mit einer weitreichenden privaten Finanzierung.
     Die meisten deutschen Raumfahrtaktivitäten sind in längerfristige internationale Kooperationen eingebunden. Insbesondere die von der Vorgängerregierung eingegangenen Verpflichtungen zur Beteiligung an der internationalen Raumstation belasten den Raumfahrthaushalt für die nächsten Jahre erheblich und begrenzen den finanziellen Spielraum für neue Schwerpunktsetzungen. Gleichwohl bleibt Deutschland ein verläßlicher Partner und wird seine internationalen Vertragsverpflichtungen erfüllen. (...)
     Die Erdbeobachtung hat sich zu einem unverzichtbaren Instrument für die Untersuchung von Umweltveränderungen im globalen Maßstab, bei der Klimaforschung und einer Vielzahl weiterer öffentlicher und privater Anwendungen entwickelt. In einer Situation, in der die Einflüsse des Menschen auf seine natürliche Umwelt zu einer Beeinträchtigung des Lebens führen können, müssen durch weltweit abgestimmte Erforschung und Beobachtung der Erde fundierte Grundlagen für politisches Handeln geschaffen werden.
     Die Bundesregierung hält es daher für wichtig, ein langfristiges gemeinsames europäisches Wissenschafts- und Technologieprogramm zur Erkundung des Planeten Erde und unserer Umwelt durch satellitengestützte Fernerkundung zu realisieren. (...)
     Die kontinuierliche Umweltüberwachung mit Satelliten und die dazu erforderliche Datenauswertung und -nutzung werden darüber hinaus künftig einen wesentlichen neuen Schwerpunkt staatlicher Aufgaben darstellen, insbesondere im Hinblick auf die Überwachung der seit der Kyoto-Konferenz international vereinbarten Maßnahmen. (...)
     Die Raumfahrtpolitik der Bundesregierung ist insgesamt dem Gemeinwohl verpflichtet. Die Forschungsförderung des BMBF wird ausschließlich für zivile Zwecke gewährt. Die Aktivitäten in der ESA sind gemäß dem Gründungsabkommen ausschließlich friedlichen Zwecken gewidmet.
     Soweit die Bundeswehr für ihren Bedarf Raumfahrttechnik nutzt, greift sie für die Navigation auf die durch langfristige Regierungsabkommen zugänglichen Daten des US-GPS zurück und nutzt für die Telekommunikation kommerzielle Angebote ziviler Satellitenbetreiber."68



    67 BT-Drs. 14/2510, 19. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Marquardt, Kutzmutz, Jüttemann und der Fraktion der PDS, Drs. 14/2416.

    68 Ibid., 2, 5, 7, 19.


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