Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Logo Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht

Sie befinden sich hier: Publikationen Archiv Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland 1999

Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1999


Inhalt | Zurück | Vor

Silja Vöneky/Markus Rau


VIII. Ausländer

1. Ausländerrecht

     29. In ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage nahm die Bundesregierung am 4. März 1999 zum Ausländerwahlrecht in der Bundesrepublik Deutschland Stellung.81 Anlaß der Anfrage war zum einen die Koalitionsvereinbarung der Regierungsparteien vom 20. Oktober 1998 nach der, "zur Förderung der Integration (...) auch die hier lebenden Ausländerinnen und Ausländer, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der EU besitzen, das Wahlrecht in Kreisen und Gemeinden erhalten" sollen.82 In der Antwort der Bundesregierung hieß es:

     "Die Einführung eines allgemeinen kommunalen Ausländerwahlrechts ist Bestandteil eines integrationspolitischen Gesamtkonzepts der Bundesregierung, in dessen Mittelpunkt die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts steht. Die sachgerechte und erfolgreiche Bewältigung der mit diesem Vorhaben verbundenen rechtlichen und politischen Fragen bestimmt den Zeitplan für die Umsetzung der weiteren integrationspolitischen Zielvorstellungen (...).
     Die Bundesregierung wird sich vorrangig den Integrationsmaßnahmen zuwenden, die Teil des in der Koalitionsvereinbarung vom 20. Oktober 1998 festgelegten Regierungsprogrammes sind. Davon abgesehen fördert die Bundesregierung bereits seit Jahren die sprachliche, soziale und berufliche Integration insbesondere von
    - ausländischen Arbeitnehmern aus den ehemaligen Anwerbestaaten der Bundesrepublik Deutschland,
    - ehemaligen Vertragsarbeitnehmern der früheren DDR aus Angola, Mosambik und Vietnam,
    - von Ausländern, die über einen auf Dauer angelegten Aufenthaltsstatus verfügen sowie
    - von Familienangehörigen der vorgenannten Gruppen."83

     Die Bundesregierung betonte aber, daß die Einführung eines allgemeinen kommunalen Ausländerwahlrechts mit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts nicht hinfällig werde.84

     30. Die Bundesregierung äußerte sich aus Anlaß einer Kleinen Anfrage am 7. April 1999 auch zu den unterschiedlichen Regelungen für Ausländer und Deutsche in der Bundesrepublik Deutschland:85

     "Die Bundesregierung ist bestrebt, die Integration der rechtmäßig und auf Dauer in Deutschland lebenden Ausländer zu fördern. Zu diesem Zweck wird sie sich den in der Koalitionsvereinbarung vom 20. Oktober 1998 angekündigten gesetzlichen Reformvorhaben zuwenden, in deren Mittelpunkt die Neuordnung des Staatsangehörigkeitsrechts steht. Darüber hinaus enthält die Koalitionsvereinbarung den Auftrag, ein Gesetz gegen Diskriminierung zu schaffen, das u.a. Schutz vor ungerechtfertigter Benachteiligung wegen der Herkunft, Hautfarbe oder der ethnischen Zugehörigkeit bieten soll. Im Rahmen eines solchen Vorhabens wird auch zu prüfen sein, ob bestehende unterschiedliche Regelungen für Deutsche und Ausländer aufgehoben werden können. Zudem wird bei jedem Rechtsetzungsakt eingehend geprüft, ob unterschiedliche Regelungen für Deutsche und Ausländer sachlich gerechtfertigt sind."

     31. In ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage nahm die Bundesregierung zu den Protestaktionen von Kurden in der Bundesrepublik Deutschland in Zusammenhang mit der Entführung von Abdullah Öcalan Stellung.86 Die Bundesregierung legte darin dar, daß die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) seit dem 26. November 1993 einem inzwischen rechtsbeständigen Betätigungsverbot unterliege. Der Organisation seien jegliche Aktivitäten untersagt, unabhängig davon, ob diese im Einzelfall mit Gewalt verbunden seien. Hierzu gehörten auch die Vorbereitung und Durchführung zentraler Veranstaltungen durch die PKK. Verstöße gegen das Betätigungsverbot seien Straftaten nach dem Vereinsgesetz.87

     Weiter sei die Bundesregierung der Auffassung, daß die PKK die Ausschreitung im Zusammenhang mit der Entführung und Festnahme Öcalans gesteuert habe. Es gebe aber keine Weisungen seitens der Bundesregierung, generell zentrale Veranstaltungen und Demonstrationen von Kurden zu verbieten. Nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes liege der Vollzug vereinsrechtlicher Maßnahmen in der Hand der Länder. Entsprechend dem wiederholt, auch in der Konferenz der Innenminister und -senatoren vom Bund der Länder bekundeten Willen, das PKK-Verbot konsequent zu vollziehen, ergriffen die Länder von sich aus alle Maßnahmen, die zur Durchsetzung des Verbots zweckmäßig und notwendig seien.88

     Die Ergebnisse der vergangenen Wochen hätten gezeigt, daß die PKK nach wie vor ein erhebliches Sicherheitsrisiko für Deutschland, aber auch für viele andere europäische Staaten darstelle und daß die Organisation zu grenzüberschreitend koordinierten Gewaltaktionen in der Lage sei. Eine wirkungsvolle Bekämpfung derartiger Aktivitäten erfordere deshalb eine künftig noch engere Zusammenarbeit der betroffenen Staaten. Anläßlich des informellen Treffens von Innenministern der Europäischen Union und der Schweiz am 23. Februar 1999 seien sich die Teilnehmer einig gewesen, daß neben einer konsequenten Strafverfolgung die konkrete praktische Zusammenarbeit intensiviert werden solle. Formelle Vereinbarungen der Bundesregierung mit anderen Staaten der Europäischen Union im Zusammenhang mit Maßnahmen gegen die PKK gebe es jedoch nicht.89

     32. Die am 9. Juni 1998 unterzeichnete Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium des Innern der Bundesrepublik Deutschland und dem Innenministerium von Rumänien über die Rücknahme von staatenlosen Personen trat am 1. Februar 1999 in Kraft.90 Die Vertragsparteien verpflichten sich darin, in Ergänzung der Regelung des Art. 1 Abs. 1 und des Art. 2 Abs. 1 der Vereinbarung vom 24. September 1992 zwischen dem Bundesministerium des Innern der Bundesrepublik Deutschland und dem Innenministerium von Rumänien über die Rücknahme von deutschen und rumänischen Staatsangehörigen, auch diejenigen Personen zurückzunehmen, die sich nach den Gesetzen der ersuchenden Vertragspartei illegal auf dem Hoheitsgebiet der ersuchenden Vertragspartei aufhalten und bei denen feststeht, daß sie aus der Staatsangehörigkeit der ersuchten Vertragspartei entlassen worden sind, ohne eine andere Staatsangehörigkeit erworben oder zumindest eine Einbürgerungszusicherung der ersuchenden Vertragspartei erhalten zu haben. Diese Verpflichtung zur Rückübernahme von staatenlosen Personen gilt aber nur für solche Personen, die nach Inkrafttreten der neuen Vereinbarung aus der Staatsangehörigkeit der ersuchten Vertragspartei entlassen worden sind. Der Nachweis der ehemaligen Staatsangehörigkeit wird in der Regel durch eine von einer diplomatisch-konsularischen Vertretung ausgestellten Bescheinigung der ersuchten Vertragspartei über den Verzicht auf die Staatsangehörigkeit erbracht. Die Vertragsparteien gestatten dabei entsprechend ihren gesetzlichen Bestimmungen den zurückzuführenden Personen, ihre legal erworbenen persönlichen Güter in das Gebiet der ersuchten Vertragspartei zu bringen.91

     33. Die in Bern durch Notenwechsel vom 23. Februar/5. März 1999 geschlossene Vereinbarung zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Erleichterungen des Arbeitserlaubnisverfahrens trat am 5. März 1999 in Kraft.92 Ziel der Vereinbarung ist die weitere Entwicklung der wirtschaftlichen Beziehungen der beiden Länder. Nach der Vereinbarung sind Fachkräfte von Unternehmen, die Staatsangehörige eines Vertragsstaates sind und die von ihrem Arbeitgeber mit Sitz im Hoheitsgebiet dieses Staates vorübergehend entsandt werden, um in dem anderen Vertragsstaat Messestände aufzubauen, abzubauen oder zu betreuen von dem Erfordernis der Aufenthaltsgenehmigung und Arbeitserlaubnis bzw. Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung für insgesamt längstens 90 Tage innerhalb eines Kalenderjahres befreit. Gleiches gilt unter entsprechenden Voraussetzungen für Monteure. Die Vereinbarung gilt auch für sogenannte "Drittausländer", d.h. Personen, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Vertragsstaates besitzen, sofern diese Arbeitnehmer zum Stammpersonal (Betriebszugehörigkeit seit mindestens zwölf Monaten) des entsendenden Arbeitgebers gehören. Die zuständigen Behörden der Staaten können jedoch prüfen, ob den Arbeitnehmern die Lohn- und Arbeitsbedingungen eingeräumt werden, die mit den ortsüblichen vergleichbar sind.

     34. Am 17. Mai 1999 trat noch die durch Notenwechsel geschlossene Vereinbarung zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Änderung der Vereinbarung über den Austausch von Gastarbeitnehmern93 vom 2. Februar 1955 in der 1994 geänderten Fassung in Kraft.94 Danach können als Gastarbeitnehmer Hand- und Geistesarbeiter männlichen oder weiblichen Geschlechts beschäftigt werden, sofern sie über eine abgeschlossene berufliche Ausbildung verfügen und in der Regel das 18. Altersjahr vollendet und das 35. Altersjahr nicht überschritten haben. Damit wurde die Altersgrenze für Gastarbeitnehmer von 30 auf 35 Jahre erhöht.




    81 BT-Drs. 14/479.

    82 Ibid.

    83 Ibid.

    84 Zur Diskussion um das Ausländerwahlrecht im Jahr 1998, vgl. Raible (Anm. 1), Ziff. 32.

    85 BT-Drs. 14/735, Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jelpke, Pau und der Fraktion der PDS, BT-Drs. 14/633.

    86 BT-Drs. 14/750, Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jelpke und der Fraktion der PDS, BT-Drs. 14/681.

    87 Ibid., 1 f.

    88 Ibid., 2 f.

    89 Ibid., 4 f.

    90 BGBl. 1999 II, 172.

    91 BGBl. 1999 II, 173.

    92 BGBl. 1999 II, 390.

    93 BGBl. 1999 II, 534.

    94 BGBl. 1994 II, 779.