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Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1999


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Silja Vöneky/Markus Rau


VIII. Ausländer

3. Visarecht

     46. Die Bundesregierung wies in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage darauf hin, daß im Rahmen der deutschen EU- und Schengen-Präsidentschaft die Aktivitäten zur Vermittlung und langfristigen Anwendung des EU- und Schengen-Acquis mit den Baltischen Staaten zielgerichtet fortgesetzt würden. So hätten Vertreter der Baltischen Staaten im Januar 1999 an einem Seminar zur Umsetzung der EU-Visumregelung in Berlin teilgenommen.140 Darüber hinaus gebe es umfängliche bilaterale Kontakte zwischen den Baltischen Staaten und Deutschland, die infolge der unter deutschem Schengen-Vorsitz im Dezember 1998 in Berlin beschlossenen Einführung der Visumfreiheit für Staatsangehörige Estlands, Litauens und Lettlands weiter intensiviert werden.

     In diesem Zusammenhang stehen die am 15. und 16. Februar 1999 unterzeichneten Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Litauen, der Republik Lettland und der Republik Estland über die Aufhebung der Visumpflicht.141 Die gleichlautenden Abkommen, die vom 1. März 1999 an vorläufig Anwendung fanden, bestimmen, daß die Staatsangehörigen der genannten Länder, die Inhaber eines gültigen Reisedokuments sind und nicht beabsichtigen, sich länger als drei Monate in der Bundesrepublik Deutschland aufzuhalten oder dort eine Erwerbstätigkeit auszuüben, ohne Visum in die Bundesrepublik Deutschland einreisen können und sich dort bis zu drei Monate innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten vom Zeitpunkt der ersten Einreise ab in das Hoheitsgebiet der Vertragsparteien des Schengener Durchführungsübereinkommens vom 19. Juni 1999 an aufhalten können. Unter den gleichen Bedingungen können auch deutsche Staatsangehörige nach Litauen, Lettland oder Estland einreisen. Die zuständigen Behörden beider Staaten behalten sich aber vor, unerwünschten Personen die Einreise zu verweigern oder den Aufenthalt zu untersagen. Die Anwendung dieser Bestimmungen kann zudem von beiden Seiten aus Gründen "der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit oder aus anderen schwerwiegenden Gründen" ausgesetzt werden.

     "Zu der so ermöglichten Reisefreiheit äußerte sich Staatsminister Verheugen wie folgt: "Der visumfreie Reiseverkehr bedeutet mehr als nur den Wegfall bürokratischer Hürden, die bisher die Reisefreiheit der Bürger eingeschränkt haben. Sie gibt den Menschen in Litauen, in Lettland und Estland die Gewißheit, daß sie zu dem sich einigen Europa dazugehören."142

     47. In ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage, gab die Bundesregierung an, welche Vorgaben für die Auslandsvertretungen in den Anrainerstaaten zur Bundesrepublik Jugoslawien für die Erteilung von Einreisevisa bestehen.143 Das Auswärtige Amt habe in Umsetzung des gemeinsamen Standpunktes des Rates der EU vom 10. Mai 1999 (Dok.-Nr. 7879/99) betreffend zusätzliche restriktive Maßnahmen der Bundesrepublik Jugoslawien, seine Auslandsvertretungen weltweit angewiesen, für Präsident Slobodan Milosevic, seine Familie, alle Minister und höheren Beamten der Regierung der Bundesrepublik Jugoslawien und Serbiens sowie dem Regime nahestehende Personen, die mit ihrer Tätigkeit Präsident Slobodan Milosevic unterstützen, keine Einreisesichtvermerke zu erteilen. Im übrigen seien die Auslandsvertretungen angewiesen, Visumanträge von jugoslawischen Staatsangehörigen nach den allgemeinen Voraussetzungen des deutschen Ausländerrechts sowie nach den Vereinbarungen der an den Schengen-Acquis gebundenen Mitgliedstaaten sorgfältig und im Einzelfall zu prüfen.

     48. Die Bundesregierung gab auf eine Kleine Anfrage Auskunft darüber, daß die Auslandsvertretungen bei jedem Visumantrag eine Abfrage zu der Person im Ausländerzentralregister und im Schengener Informationssystem durchführen.144 Falls sich daraus Einreisebedenken ergäben, würden die Visaanträge negativ beschieden. Es könne daher ausgeschlossen werden, daß ein Visum erteilt werde, ohne daß eine Sicherheitsüberprüfung durchgeführt wurde.




    140 BT-Drs. 14/362.

    141 Vgl. BGBl. 1999 II, 374, 376 und 378.

    142 Pressearchiv des Auswärtigen Amtes (Anm. 24): http://www.auswaertiges-amt.de/www/de/infoservice/presse/index_html.

    143 BT-Drs. 14/1445, 6 .

    144 BT-Drs. 14/1073, 3.