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Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1999


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Silja Vöneky/Markus Rau


XII. Zusammenarbeit der Staaten

2. Wissenschaftlich-technische und kulturelle Zusammenarbeit

     103. Wie am 4. Februar 1999 bekannt gemacht wurde, trat am 8. Juni 1998 das Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Russischen Föderation über die Lieferung hoch angereicherten Urans für den Forschungsreaktor München II in Kraft.253

     Ziel des Abkommens ist es, die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der friedlichen Nutzung der Kernenergie auf der Gegenseitigkeit und der Gleichberechtigung zu entwickeln.

     104. Zum Umfang der Haftung für deutsche Lieferanten von Atomtechnik in die Russische Föderation nahm die Bundesregierung in ihrer Anwort auf eine Kleine Anfrage Stellung.254

     Anläßlich des Besuchs des Präsidenten der Russischen Föderation Jelzin war im Juni 1998 zwischen beiden Regierungen das "Abkommen über nukleare Haftung im Zusammenhang mit Lieferung aus der Bundesrepublik Deutschland für Kernanlagen in der Russischen Föderation" unterzeichnet worden.255 Die Bundesregierung betonte in ihrer Antwort jedoch, daß ihr nicht generell alle Verträge über Lieferungen von Firmen, Unternehmen und Firmengruppen mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland in die Russische Föderation, der im Vertrag geregelten Art, vorzulegen seien. Im Rahmen dieses Abkommens würden der Bundesregierung nur solche Verträge vorgelegt, für die der Lieferer eine Haftungsfreistellung durch die Russische Föderation anstrebe.

     105. In seiner Ansprache beim "Deutsch-Russischen Kulturforum Potsdamer Begegnungen" am 27. April 1999 stellte Bundespräsident Herzog die Bedeutung des Kulturdialoges als neue Dimension einer Außenpolitik der Zukunft fest:

     "Der Dialog zwischen unseren Ländern und Gesellschaften, besonders aber zwischen unseren Menschen, wird (...) zur politischen Priorität erster Ordnung. Die Kosovo-Krise zeigt, wie Religion und Kultur politisch mißbraucht werden können, wie aus Quellen der Hoffnung und des Friedens Instrumente des Hasses und der Gewalt werden können. Aber sie mahnt auch: Die Politik des Ressentiments, menschenverachtende Gewalt und falsches politisches Kalkül dürfen nie wieder Keile zwischen Russen und Deutsche treiben. Immer von neuem können und müssen beide erkennen, daß ihre langfristigen Interessen in ebenso gemein sind wie der Kern der humanistischen Werte. (...)
     Die Notwendigkeit der Kommunikation und des gegenseitigen Kennenlernens ist heute eine humanistische, politische und kulturelle Herausforderung. Die globalen Zukunftsprobleme, die wir gemeinsam lösen müssen, nehmen an Gewicht zu. (...)
     Drei Gründe haben mich bewogen, die Schirmherrschaft über die 'Potsdamer Begegnung' zu übernehmen:
    - Erstens, weil wir den Kulturdialog als neue Dimension einer Außenpolitik der Zukunft brauchen,
    - zweitens, weil er ein unerläßlicher Beitrag zum Selbstverständnis Europas ist und
    - drittens, weil er eine der tragfähigsten Brücken zwischen Deutschland und Rußland sein kann - über alle politischen Konjunkturen und Krisen hinweg. (...)
     Im Zeitalter der Globalisierung darf Politik nicht zu einer Restgröße globaler Wirtschaftsprozesse werden, zu einer bloßen Reparaturwerkstatt negativer Wirtschaftsentwicklungen; ich habe das schon im Januar dieses Jahres in Davos gesagt. In der globalisierten Welt verwischen sich die Grenzen zwischen Innen- und Außenpolitik. Jede Politik im weitesten Sinne, also einschließlich Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur, hat heute auch eine außenpolitische Dimension. Diese Dimension müssen wir allerdings aktivieren. Denn dann können wir die Globalität beherrschen, statt von ihr beherrscht zu werden.
     Deshalb wird die Außenpolitik in Zukunft unweigerlich auch als kultureller Dialog angelegt werden müssen. Von der Peripherie rückt dieser ins Zentrum der Politik. Heute wird kein Staat mehr auswärtige Kulturpolitik aus rein nationalem Kalkül betreiben können. Eine kulturelle Außenpolitik der Zukunft muß sich am Austausch von Erfahrung, am Lernen voneinander, am Testen zukunftsweisender, wenn auch manchmal noch unerprobter Ideen orientieren. Wir müssen also mehr als bisher anderen zuhören und von ihnen lernen. Das gilt seit der politischen Wende in Europa, besonders auch im Verhältnis zu unseren osteuropäischen und russischen Nachbarn. Dadurch wachsen unsere Innovationspotentiale zum gegenseitigen Vorteil."256

     106. Im Berichtszeitraum wurden verschiedene Abkommen über kulturelle Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und anderen Staaten bekannt gemacht. Dazu gehören u.a. das deutsch-polnische Abkommen über kulturelle Zusammenarbeit vom 14. Juli 1997,257 das Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Nicaragua über kulturelle Zusammenarbeit vom 29. Oktober 1992258 und das deutsch-mazedonische Abkommen über kulturelle Zusammenarbeit vom 16. Oktober 1997.259

     Bekannt gemacht wurde am 8. November die vorläufige Anwendung des deutsch-tschechischen Abkommens über kulturelle Zusammenarbeit vom 30. September 1999 seit dem 30. September 1999.260 Seit der vorläufigen Anwendung dieses Abkommens wurde das Abkommen vom 11. April 1978 über kulturelle Zusammenarbeit zwischen beiden Staaten261 nicht mehr angewendet.

     Ebenfalls bekannt gemacht wurde u.a. die vorläufige Anwendung des deutsch-armenischen Abkommens über kulturelle Zusammenarbeit seit dem 21. Dezember 1999,262 des deutsch-aserbaidschanischen Abkommens über kulturelle Zusammenarbeit seit dem 22. September 1995,263 des deutsch-belarussischen Abkommens über kulturelle Zusammenarbeit seit dem 3. März 1994,264 des deutsch-georgischen Abkommens über kulturelle Zusammenarbeit seit dem 23. Dezember 1994,265 des deutsch-moldauischen Abkommens über kulturelle Zusammenarbeit seit dem 11. Oktober 1995.266

     Ziel der Abkommen ist, die gegenseitige Kenntnis der Kultur zu verbessern. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten verpflichten sich die Vertragsparteien dabei u.a., bei Gastspielen, Konzerten und anderen künstlerischen Darbietungen, bei der Durchführung von Ausstellungen und der Organisation von Vorträgen und Vorlesungen einander Hilfe zu leisten. Die Vertragsparteien unterstützen zudem die Zusammenarbeit in allen Formen in den Bereichen Wissenschaft und Bildung.

     107. Am 18. Oktober 1999 wurde bekannt gemacht, daß das am 14. November 1996 unterzeichnete Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung des Königsreichs Kambodscha über den Status entsandter Kulturmittler am 14. April 1999 in Kraft getreten ist.267

     Ziel des Abkommens ist, die kulturelle Zusammenarbeit beider Länder auf der Grundlage der Gegenseitigkeit zu fördern und zu erleichtern. Der Geltungsbereich des Abkommens umfaßt kulturelle Einrichtungen und deren Fachkräfte, die im Rahmen der Zusammenarbeit beider Länder auf kulturellem, pädagogischem, wissenschaftlichem und sportlichem Gebiet im offiziellen Auftrag entsandt oder vermittelt werden. Jede Vertragspartei gewährt diesen Personen ungehinderte Reisemöglichkeiten in ihrem Hoheitsgebiet (Art. 2). Im übrigen wird den kulturellen Einrichtungen der Vertragsparteien die Möglichkeit der freien Entfaltung aller für Einrichtungen dieser Art üblichen Aktivitäten sowie freier Publikumszugang und normaler Betrieb garantiert (Art. 5).




    253 BGBl. 1999 II, 138.

    254 BT-Drs. 14/452.

    255 BGBl. 1998 II, 2364.

    256 Bull. vom 29.4.1999, 217.

    257 BGBl. 1999 II, 348.

    258 BGBl. 1999 II, 568.

    259 BGBl. 1999 II, 460.

    260 BGBl. 1999 II, 1057.

    261 BGBl. 1979 II, 939.

    262 BGBl. 2000 II, 181.

    263 BGBl. 2000 II, 186.

    264 BGBl. 2000 II, 194.

    265 BGBl. 2000 II, 202.

    266 BGBl. 2000 II, 208.

    267 BGBl. 1999 II, 1036.