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Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1999


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Silja Vöneky/Markus Rau


XII. Zusammenarbeit der Staaten

5. Entwicklungs- und Finanzhilfe

     118. In der bereits genannten Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zum südafrikanischen Rüstungsprogramm291 führte die Bundesregierung zur politischen und materiellen Unterstützung Südafrikas aus, daß sie im Rahmen der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit (EZ) mit Südafrika in hohem Maße den politischen, sozialen und wirtschaftlichen Transformationsprozeß in diesem Land unterstütze.292

     Träger der EZ seien auf deutscher Seite die Kreditanstalt für Wiederaufbau für die Finanzielle Zusammenarbeit, die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit, der Deutsche Entwicklungsdienst, die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft, das Zentrum für Internationale Migration und Entwicklung, die Deutsche Stiftung für Internationale Entwicklung, die Politischen Stiftungen, die Kirchen, verschiedene private Träger (Nichtregierungsorganisationen) sowie schließlich verschiedene Bundesländer. Träger auf südafrikanischer Seite seien sowohl staatliche Partner als auch Partner der Zivilgesellschaft. Die Bundesregierung gehöre damit zu den wichtigsten Gebern der internationalen Hilfe für Südafrika. Sie beabsichtige, die EZ mit Südafrika auf einem weiterhin hohen finanziellen und qualitativen Niveau fortzusetzen:

     "Zukünftige Projekte der bilateralen EZ werden in vier Schwerpunktsektoren angesiedelt. Dies sind die Kommunalentwicklung einschließlich Infrastrukturentwicklung, die Reform des öffentlichen Sektors einschließlich Dezentralisierung, die berufliche Bildung und Grundbildung sowie die Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung insbesondere im Bereich der Klein- und Mittelunternehmen."293

     119. Eine Vertreterin der Bundesregierung erklärte am 17. März 1999 im Fachausschuß, daß der Afrikanische Entwicklungsfonds auf 5,19 Milliarden DM für 1999 bis 2001 aufgestockt werden solle und der Anteil der Bundesregierung daran bei 9 % läge. Die deutsche Seite habe ihre Zusage unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Parlaments gemacht.

     An die Abgeordneten appellierte die Regierungsvertreterin, sich für eine Einhaltung der Zusage einzusetzen. Die Mittel des Afrikanischen Entwicklungsfonds würden benötigt, um Reformländer bei ihren Demokratiebemühungen und der Armutsbekämpfung zu unterstützen. Bei der Vergabe der Mittel spiele auch die politische Stabilität und die Maßnahmen der jeweiligen Länder zur Bekämpfung der Korruption eine Rolle.294

     120. Im Berichtszeitraum nahm die Bundesregierung zum Stand der Umsetzung der internationalen Entschuldungsinitiative für hochverschuldete arme Entwicklungsländer (HIPC-Schuldeninitiative) auf deutscher und internationaler Ebene in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion am 26. November 1999 Stellung.295 Hintergrund der Anfrage war, daß auf der Jahrestagung von Weltbank und IWF im Herbst 1999 die auf dem Kölner Weltwirtschaftsgipfel initiierte internationale Entschuldungsinitiative zugunsten der Hochverschuldeten Armen Länder verabschiedet worden war. Die Bundesregierung betonte, daß

     "auf europäischer Ebene (...) sich die Bundesregierung für einen substantiellen Beitrag der Europäischen Union zur Finanzierung der HIPC-Schuldeninitiative eingesetzt (hat). Der Rat der Finanz- und Wirtschaftsminister hat der Kommission das Mandat erteilt, einen EU-Beitrag von bis zu 1 Milliarde Euro aus nicht genutzten Mitteln des sechsten und siebten Europäischen Entwicklungsfonds bereitzustellen. Davon sind bis zu 380 Mio. Euro für Schuldentilgungen gegenüber der Gemeinschaft vorgesehen; der Rest könnte dem HIPC-Treuhandfonds der Weltbank zur Verfügung gestellt werden. (...)
     Für die Entschuldung können sich unter der Voraussetzung der Erfüllung der notwendigen wirtschafts- und sozialpolitischen Konditionalität Länder qualifizieren, die bei der Weltbank Kredite ausschließlich zu den günstigsten Bedingungen (IDA-Only-Status) erhalten und die einen Schuldenstand (im Gegenstandswert bemessen) aufweisen, der mehr als 150 % der Exporteinnahmen oder mehr als 250 % der Staatseinnahmen pro Jahr ausmacht. (...)
     Auf dieser Basis wird von Weltbank und IWF erwartet, daß sich bis zu 36 hochverschuldete arme Länder qualifizieren könnten.
     Dies sind: Äthiopien, Benin, Bolivien, Burkina Faso, Burundi, Côtes d'Ivoire, Ghana, Guinea, Guinea-Beçao, Guyana, Honduras, Kamerun, Demokratische Republik Kongo, Republik Kongo, Laos, Liberia, Madagaskar, Malawi, Mali, Mauretanien, Mosambik, Myanmar, Nicaragua, Niger, Ruanda, Sambia, Sao Tomé, Principe, Senegal, Sierra Leone, Somalia, Sudan, Tansania, Togo, Tschad, Uganda, Zentralafrikanische Republik.
     Mit einem bilateralen Schuldenerlaß im Rahmen der Initiative können alle diejenigen Länder aus der (...) genannten Gruppe rechnen, die gegenüber der Bundesrepublik Deutschland verschuldet sind und die in Zusammenarbeit mit Weltbank und IWF die für eine Einbeziehung in die HIPC-Schuldeninitiative erforderlichen Voraussetzungen erfüllen. Der Gesamtumfang des Schuldenerlasses für diese Länder könnte sich dabei insgesamt auf acht bis neun Milliarden DM belaufen."296

     Die Entschuldung sei an die Erfüllung einer umfassenden wirtschafts- und sozialpolitischen Reformpolitik geknüpft. Die einzelnen Konditionalitätskriterien würden im Rahmen der in einem partizipativen Prozeß von den Regierungen der Schuldnerländer unter Beteiligung der Zivilgesellschaft und mit Unterstützung von Weltbank und IWF sowie bilateraler Geber zu erarbeitenden Armutsbekämpfungsstrategiepapiere behandelt. Dem Themenbereich "gute Regierungsführung" werde dabei ein hoher Stellenwert zugemessen.297

     Zur Frage der Schaffung eines internationalen Insolvenzrechts äußerte sich die Bundesregierung jedoch grundsätzlich skeptisch. Fraglich sei, ob ein neues Verfahren geeignet wäre, die Probleme verschuldeter Staaten besser zu lösen als die etablierten und gerade mit der Verabschiedung der erweiterten HIPC-Initiative verbesserten Entschuldungsmechanismen.298

     121. In ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion ging die Bundesregierung im Berichtszeitraum auf die Schuldensituation Ecuadors ein.299 Die Anfrage erfolgte nach einer Fernsehansprache des Präsidenten von Ecuador Mahuad, in der er erklärt hatte, daß das mittelamerikanische Land seinen internationalen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen könne und er daher um den Erlaß eines Teiles der Schulden seines Landes gebeten habe.

     Die Bundesregierung stellte dazu fest, daß die Schuldeninitiative für hochverschuldete arme Länder (HIPC-Schuldeninitiative) sich an ärmste Länder mit einem niedrigen Pro-Kopf-Einkommen richte. Die Obergrenze für das Pro-Kopf-Einkommen der Zugangsberechtigten "IDA-Only"-Länder liege bei 895 US$; da Ecuador mit einem Pro-Kopf-Einkommen von 1.530 US$ weit oberhalb dieser Grenze liege, werde es von der Schuldeninitiative nicht erfaßt.300

     122. Am 13. Juli 1999 beschloss der Bundestag das Gesetz zur Änderung des Übereinkommens vom 4. August 1963 zur Errichtung der Afrikanischen Entwicklungsbank.301 Danach sind die Entschließungen B/BG/92/06 vom 13. Mai 1992 und B/BG/97/06 vom 29. Mai 1997 am 1. September 1994 bzw. 2. Mai 1998 in Kraft getreten.

     123. Im Berichtszeitraum wurden verschiedene Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und anderen Ländern über Finanzielle Zusammenarbeit bekannt gemacht, wie beispielsweise das am 9. Juni 1999 in Kraft getretene deutsch-chinesische Abkommen über Finanzielle Zusammenarbeit,302 das am 21. August 1997 in Kraft getretene deutsch-chilenische Abkommen über Finanzielle Zusammenarbeit,303 das am 4. Februar 1999 in Kraft getretene deutsch-kasachische Abkommen über Finanzielle Zusammenarbeit,304 das am 2. September 1999 in Kraft getretene deutsch-malawische Abkommen über Finanzielle Zusammenarbeit,305 das am 28. Oktober 1999 in Kraft getretene deutsch-ugandische Abkommen über Finanzielle Zusammenarbeit306 und das am 21. August 1997 in Kraft getretene deutsch-chilenische Abkommen über Finanzielle Zusammenarbeit.307




    291 BT-Drs. 14/422.

    292 Ibid., 5.

    293 Ibid., 5.

    294 Blickpunkt Bundestag 3/99, 30. Zur HIPC-Initiative der Weltbank, vgl. auch Raible (Anm. 1), Ziff. 127.

    295 BT-Drs. 14/2226.

    296 Ibid., 2, 3.

    297 Ibid., 4.

    298 Ibid., 4.

    299 BT-Drs. 14/2106.

    300 Ibid., 2.

    301 BGBl. 1999 II, 554. Zum Übereinkommen selbst vgl. BGBl. 1981 II, 253.

    302 BGBl. 2000 II, 30.

    303 BGBl. 1999 II, 871.

    304 BGBl. 1999 II, 1004.

    305 BGBl. 1999 II, 981.

    306 BGBl. 2000 II, 66.

    307 BGBl. 1999 II, 871.