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14.04.2016: Internationale Ordnung in der gegenwärtigen internationalen Politik. 1. Workshop des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht und des Auswärtigen Amts

Die breite Diskussion über „internationale Ordnung“ reflektiert ein weitverbreitetes Gefühl von Erosion der Ordnung im internationalen System, verrät aber auch den Wunsch vieler nach klaren Regeln und einer „Rückkehr“ zur früheren (vorgeblichen?) Ordnung und Stabilität. Neue Themen und daraus erwachsende Herausforderungen an die normative Gestaltungskraft des Staatensystems wie die digitale Revolution oder die Klimapolitik und zunehmend selbstbewusst auftretende neue Mächte begründen und verstärken den Endruck globaler „Unordnung“.

Zu einer Bestandsaufnahme der gegenwärtigen Situation internationaler Ordnung im Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis trafen sich am 14. April 2016 unter Vorsitz von Dr. Michael Koch, dem Völkerrechtsberater der Bundesregierung und Leiter der Rechtsabteilung im Auswärtigen Amt, und Professorin Dr. Anne Peters etwa 30 Teilnehmende, darunter neben Wissenschaftler*innen des MPIL und Diplomat*innen des Auswärtigen Amts auch die externen Expert*innen Prof. Dr. Heike Krieger (Professorin für Öffentliches Recht und Völkerrecht, FU Berlin), Prof. Dr. Georg Nolte (Professor für Öffentliches Recht und Völkerrecht, HU Berlin) und Prof. Dr. Michael Zürn (Direktor der Abteilung “Global Governance” am WZB und Professor für Internationale Beziehungen, FU Berlin).

Zwei häufigen Vereinfachungen und Engführungen in der Ordnungsdebatte sollte dabei schon mit den Grundannahmen des Workshops entgegentreten werden:

Erstens dem rhetorisch einprägsamen, aber irreführenden Gegensatz „alte“ versus „neue Ordnung“, welcher suggeriert, dass eine Entscheidung zwischen zwei Modellen erforderlich wäre oder dass es eine lineare Fortentwicklung geben könnte. Tatsächlich scheinen die Konfliktlinien entlang von Themen und Interessen zu verlaufen. Elemente alter und neuer Ordnung existieren in konfliktiver Gleichzeitigkeit. Neue Gestaltungsmächte bauen an neuen Institutionen und Formaten, während sie gleichzeitig nachdrücklich an bestimmten Elementen der bestehenden Ordnung festhalten.

Zweitens der Ilusion eines statischen Ordnungsbegriffs: Tatsächlich ist die Welt immer im Wandel begriffen und damit jederzeit unfertig; Ordnung ist immer dynamisch und stand und steht stets vor der Aufgabe, an sie gerichtete Erwartungen zur Beantwortung von neuen Herausforderungen möglichst konflikt- und gewaltfrei zu bewältigen.

Vor diesem Hintergrund galt es, Elemente einer zeitgemäßen internationalen Ordnung zu identifizieren, die zu bewahren, auszubauen oder neu zu gestalten sind. Konkret bezog sich dies unter anderem auf das Spannungsverhältnis zwischen Souveränität und Menschenrechten, die inkonsistente Praxis zur Intervention auf Einladung oder den Umgang mit „nicht-souveränen“ (aber einflussreichen) nichtstaatlichen Akteuren auf internationaler Ebene.

Als Ergebnis des halbtägigen Workshops, den das Berliner Büro des MPIL in enger Kooperation mit dem Völkerrechtsreferat und dem Planungsstab des Auswärtigen Amtes vorbereitet hatte, wurden Handlungsempfehlungen, weitergehende Fragestellungen und Entscheidungskonstellationen bislang offener Richtungsentscheidungen formuliert, die von den Teilnehmer*innen als Impulse für Praxis und Theorie aufgegriffen werden konnten.