Max Planck Institute for Comparative Public Law and International Law Logo Max Planck Institute for Comparative Public Law and International Law

You are here: Publications Archive Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland 1995

Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1995


Inhalt | Zurück | Vor

Rainer Grote

XIII. Umwelt- und Naturschutz

7. Abfall und gefährliche Güter

    225. Am 20. Juli 1995 trat für die Bundesrepublik Deutschland das Basler Übereinkommen vom 22. März 1989 über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung in Kraft.497 Bei der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde gab die Bundesrepublik folgende Erklärung ab:

    "Nach dem Verständnis der Regierung der Bundesrepublik Deutschland berührt Artikel 4 Absatz 12 des Übereinkommens nicht die Wahrnehmung der im Völkerrecht vorgesehenen Rechte und Freiheiten der Schiffahrt. Folglich ist nach Auffassung der Regierung der Bundesrepublik Deutschland das Übereinkommen nicht so zu betrachten, als verlange es, daß einem Staat die Durchfahrt gefährlicher Abfälle auf einem unter der Flagge einer Vertragspartei fahrenden Schiff, das nach dem Völkerrecht sein Recht der friedlichen Durchfahrt durch das Küstenmeer oder die Freiheit der Schiffahrt in einer ausschließlichen Wirtschaftszone wahrnimmt, angezeigt oder seine Zustimmung dazu eingeholt wird."498
    Bei der Anwendung und Weiterentwicklung des Basler Übereinkommens stand im Berichtszeitraum die Frage nach einem totalen Exportverbot für gefährliche Abfälle in Nicht-OECD-Staaten im Mittelpunkt. Auf der 2. Vertragsstaatenkonferenz im März 1994 hatten die Vertragsparteien einen Beschluß gefaßt, der ein sofortiges Verbot der Verbringung gefährlicher Abfälle zur Beseitigung aus OECD- in Nicht-OECD-Staaten und ein entsprechendes Verbot für gefährliche Abfälle zur Verwertung nach dem 31. Dezember 1997 vorsieht. Im Rahmen einer Kleinen Anfrage führte die Bundesregierung zu ihrer Verhandlungsposition aus:
    "Die Bundesregierung hat bereits im März 1994 auf der 2. Vertragsstaatenkonferenz zum Basler Übereinkommen dem totalen Exportverbot von gefährlichen Abfällen aus OECD- und Nicht-OECD-Staaten politisch zugestimmt. Bei der 3. Vertragsstaatenkonferenz, die vom 18. bis 22. September 1995 in Genf stattgefunden hat, wurde das totale Exportverbot ab 1. Januar 1998 von gefährlichen Abfällen aus Staaten, die in Anhang VII zum Basler Übereinkommen aufgeführt sind (OECD, EG und Liechtenstein) in die übrigen Nicht-OECD-Staaten einstimmig beschlossen.
    Zuvor ist jedoch noch von der technischen Arbeitsgruppe eine definitive Liste der gefährlichen Abfälle zu erstellen, damit das totale Exportverbot vollziehbar wird.
    An der Erarbeitung dieser Liste der gefährlichen Abfälle wird sich die Bundesregierung konstruktiv beteiligen und zu diesem Zweck eine Sitzung der technischen Arbeitsgruppe zum Basler Übereinkommen in Deutschland ausrichten."499

    226. Im Hinblick auf die Endlagerung abgebrannter Brennelemente betonte die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Schriftliche Anfrage die Verantwortung der Bundesrepublik für die auf ihrem Gebiet entstandenen radioaktiven Abfälle:

    "Bezüglich der Endlagerung vertritt die Bundesregierung die Auffassung, daß die im Zusammenhang mit der friedlichen Nutzung der Kernenergie in der Bundesrepublik Deutschland entstandenen radioaktiven Abfälle aufgrund der nationalen Verantwortung dafür auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen sind. Dies gilt auch für direkt endzulagernde abgebrannte Brennelemente. Von daher führt die Bundesregierung auch keine Gespräche mit Stellen des Auslandes zum Zwecke der Endlagerung dort."500


    497 BGBl. 1995 II, 696. Zum Inhalt der Konvention s. Walter (Anm. 10), Ziff. 190.
    498 Ibid.
    499 BT-Drs. 13/2562, 6.
    500 Antwort vom 7.3.1995, BT-Drs. 13/762, 54.