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Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1998


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Karen Raible


XIII. Umwelt- und Naturschutz

1. Allgemeiner Umweltschutz

    135. Im Berichtszeitraum ergingen zwei Zustimmungsgesetze zu bilateralen Umweltabkommen. Am 25. März 1998 beschloß der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates das Gesetz zum Abkommen vom 7. April 1994 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Polen über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Umweltschutzes269 und am 23. September 1998 das Gesetz zum Abkommen vom 24. Oktober 1996 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Tschechischen Republik über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Umweltschutzes.270 Wie das deutsch-polnische Umweltabkommen271 regelt auch das deutsch-tschechische Umweltabkommen grundlegende Fragen der Kooperation beider Länder im Bereich des Umweltschutzes. Beide Länder verpflichten sich mit dem Abkommen zur Verhütung und Verringerung grenzüberschreitender Umweltbeeinträchtigungen sowie zur umweltverträglichen Entwicklung der grenznahen Gebiete. Zu diesem Zweck sollen zum einen grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfungen zu beabsichtigten Vorhaben, bei denen mit Beeinträchtigungen der Umwelt im Nachbarstaat zu rechnen ist, durchgeführt werden, sowie zum anderen bei sogenannten Störfällen mit grenzüberschreitenden Auswirkungen zusammengearbeitet werden. Gebiete mit besonderer Tier- und Pflanzenwelt sollen außerdem gemeinsam geschützt werden. Ferner sieht das Umweltabkommen einen Informations- und Erfahrungsaustausch vor allem in den Bereichen Umweltrecht und Umweltverwaltung, umweltfreundliche Technologien, rationelle Nutzung von Rohstoffen und Energie, Abfallwirtschaft, Altlasten und Umweltmanagement vor. Die deutsch-tschechische Umweltzusammenarbeit soll von einer "gemeinsamen Umweltkommission" unter Vorsitz des Bundesumweltministeriums und des tschechischen Umweltministeriums geleitet und koordiniert werden.272

    136. Im Berichtszeitraum kam es ebenfalls zur Unterzeichnung verschiedener bilateraler Umweltvereinbarungen.

    Anläßlich des Besuches des Bundespräsidenten Herzog in Südafrika wurde am 10. März 1998 die Vereinbarung über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Umwelt zwischen dem Bundesumweltministerium und dem Department of Environmental Affairs and Tourism der Republik Südafrika unterzeichnet. Im Mittelpunkt der Zusammenarbeit stehen der Meinungs- und Informationsaustausch im Bereich globale Umweltprobleme, Expertentreffen und gemeinsame Veranstaltungen zu Fragen der nationalen Umweltpolitik und die Förderung des Technologie- und Know-How-Transfers. Auf der Seite Südafrikas besteht ein großes Interesse an deutschen technologischen Lösungen im Bereich Sonnen- und Windenergie sowie in bezug auf Energiesparmaßnahmen bei Gebäuden. Ein erstes Treffen der Koordinatoren zur Festlegung eines gemeinsamen Arbeitsprogrammes und zur Aufnahme von Kontakten im Bereich Abfall-/Abwassermanagement war für das zweite Halbjahr 1998 in Deutschland geplant.273

    Anläßlich eines mehrtägigen Besuchs des stellvertretenden Umweltministers Uruguays in Deutschland wurde am 20. Mai 1998 in Bonn eine Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Umweltschutzes vertraglich vereinbart. Der Gegenstand der Zusammenarbeit ist mit den Regelungen in der deutsch-südafrikanischen Umweltvereinbarung vergleichbar. Mit der Zeichnung des Abkommens gewann die Bundesregierung nach Brasilien einen weiteren Partner aus der Lateinamerikanischen Wirtschaftsgemeinschaft MERCOSUR. Die Umweltvereinbarung mit Uruguay stellt einen weiteren Schritt zur Förderung einer umweltgerechten nachhaltigen Entwicklung und zur Intensivierung der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Lateinamerika dar.274

    Im Rahmen des Staatsbesuches des Präsidenten der indischen Republik, Narayanan, kam es zur Unterzeichnung eines Memorandums über die zukünftige Zusammenarbeit der Umweltministerien der Indischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland. Ein wichtiger Teil der Zusammenarbeit soll dem Meinungsaustausch über globale Themen von beiderseitigem Interesse im Zuge des Nachfolgeprozesses der Konferenz von Rio und der Zusammenarbeit im Rahmen der Kommission für nachhaltige Entwicklung gewidmet sein. Das Memorandum zielt aber auch darauf ab, den Technologie- und Know-How-Transfer zwischen beiden Ländern zu fördern.275

    137. Vom 2. bis 3. April 1998 fand in Paris eine Tagung des Ausschusses für Umweltfragen auf Ministerebene der 29 Mitgliedstaaten der OECD zum Thema "Verwirklichung nachhaltiger Entwicklung im Zeitalter der Globalisierung" statt. In dem auf der Tagung verabschiedeten Papier "Shared Goals for Action" sind die gemeinsamen, handlungsorientierten umweltpolitischen Ziele der OECD-Mitgliedstaaten wiedergegeben. Zu diesen Zielen gehören unter anderem die Förderung einer integrierten Strategie, die auf die Kohärenz von Wirtschafts-, Umwelt- und Sozialpolitiken abzielt, die Verstärkung der internationalen Zusammenarbeit im Hinblick auf die Einhaltung globaler und regionaler Umweltverpflichtungen sowie die nachdrückliche Unterstützung einer verstärkten Beteiligung, Transparenz und Information bei der Gestaltung der Umweltpolitik auf sämtlichen Ebenen der staatlichen Verwaltung.276

    138. Bei der Sitzung des Ostseerates vom 22. bis 23. Juni 1998 verabschiedeten die Außenminister der Ostsee-Anrainerstaaten eine Agenda 21 für den Ostseeraum (BALTIC 21). Bei der Verabschiedung der weltweit ersten regionalen Agenda 21 verfolgte die Bundesregierung das Ziel, statt zu einem umfassenden unverbindlichen Programm zu möglichst konkreten Vorschlägen für klare und tatsächlich umsetzbare Aktionen zu kommen. Von Bedeutung sei dabei die Eigenverantwortung der Akteure in der Region und die weitergehende Nutzung bereits vorhandener Institutionen und Prozesse der Ostseezusammenarbeit, wie z.B. der Helsinki-Kommission (HELCOM). Ferner sollen mit BALTIC 21 auch die Voraussetzungen für ein stärkeres Engagement der Europäischen Union in der Region, vergleichbar der umfangreichen Förderung des Mittelmeerraumes, geschaffen werden. Inhaltlich offenbart die BALTIC 21 vorhandene Lücken bei der Integration des Umweltschutzes in die Politikbereiche Energie, Fischerei, Forstwirtschaft, Industrie, Landwirtschaft, Tourismus und Verkehr in der bisherigen Ostseezusammenarbeit und enthält darüber hinaus Vorschläge für konkrete Maßnahmen zur Problemlösung und zu deren Umsetzung. Den Schwerpunkt von BALTIC 21 bildet ein umfangreiches Aktionsprogramm, das 30 kurz-, mittel- und langfristige Aktionen für die genannten sieben Politikbereiche sowie für den Bereich Raumordnung vorsieht. Die Bundesrepublik Deutschland übernahm zusammen mit Lettland die Federführung für den Sektor Verkehr. Für diesen Sektor sind in der BALTIC 21 folgende Aktionen vorgesehen: Entwicklung von Leitlinien, Kriterien und Empfehlungen für Infrastrukturinvestitionen zur Entwicklung nachhaltiger Verkehrssysteme in der Ostseeregion; verstärkte und regelmäßige Zusammenarbeit der beteiligten Regierungen bei Maßnahmen für einen effizienteren Warentransport; Entwicklung regionaler Strategien zur Unterstützung des nachhaltigen Seeverkehrs insbesondere im Kurzstreckenbereich. Die Umsetzung der einzelnen Aktionen unterliegt den Sektor-Arbeitsgruppen, die sich während der Ausarbeitung der BALTIC 21 gebildet haben. In ungefähr zwei Jahren ist ein erster Fortschrittsbericht an die Umweltminister des Ostseeraumes zu erstellen; in ungefähr fünf Jahren den Regierungschefs der Ostsee-Anrainerstaaten über der Stand der Arbeiten zu berichten. 277

    139. Vom 29. bis 30. Juni 1998 fand in Misdroy (Miedzyzdroje) die 7. Sitzung des deutsch-polnischen Umweltrates statt.

    Im Zentrum der Sitzung stand die deutsche Unterstützung bei der Vorbereitung Polens auf den Beitritt zur Europäischen Union. Bund und Länder erklärten sich bereit, mit finanzieller Hilfe der Europäischen Union deutsche Fachleute in polnische Behörden zu entsenden, die Polen bei der Rechtsangleichung im Umweltbereich und bei der Schaffung entsprechender Verwaltungsstrukturen helfen. Zur besseren Koordinierung der deutsch-polnischen Zusammenarbeit wurde die Errichtung eines gemeinsamen Ausschusses beschlossen.

    Daneben nahm der deutsch-polnische Umweltrat zur Kenntnis, daß die 1996 gegründete Internationale Kommission zum Schutz der Oder inzwischen Entwürfe für ein erstes Aktionsprogramm zur Reduzierung der Schad- und Nährstoffbelastung der Oder sowie für einen grenzüberschreitenden Warn- und Alarmplan bei außergewöhnlichen Gewässerverunreinigungen erarbeitet habe. Außerdem stellte der Umweltrat fest, daß sich die Zusammenarbeit im Naturschutz erfolgreich entwickelt habe. Neben dem Internationalpark "Unteres Odertal" sei beabsichtigt, weitere grenzüberschreitende Schutzgebiete auszuweisen, so z.B. im Gebiet Gottesheide/Swidwiesee.278

    140. Am 4. November 1998 unterzeichnete die Bundesrepublik Deutschland das Europarats-Übereinkommen zum Schutz der Umwelt durch das Strafrecht, das auf deutsche Initiative zurückgeht.279



    269 BGBl. 1998 II, 282.

    270 BGBl. 1998 II, 2586.

    271 Vgl. Bank (Anm. 1), Ziff. 158.

    272 Umwelt Nr. 3/1998, 105.

    273 Umwelt Nr. 5/1998, 205.

    274 Umwelt Nr. 7-8/1998, 322.

    275 Umwelt Nr. 11/1998, 506.

    276 Umwelt Nr. 5/1998, 204. Dokumente zur OECD-Tagung sind abrufbar im Internet unter der Adresse http://www.oecd.org/env.

    277 Umwelt Nr. 7-8/1998, 324. Der Text der Agenda 21 für den Ostseeraum sowie nähere Informationen zum Aktionsprogramm enthält die BALTIC 21-homepage: http://wwww.ee/baltic21.

    278 Umwelt Nr. 7-8/1998, 321; Bull. Nr. 52 vom 16.7.1998, 687 f.

    279 Pressearchiv des Auswärtigen Amtes (Anm. 10): http://www.auswaertiges-amt.de/6_archiv/98/p/P981102c.htm.