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Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1998


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Karen Raible


VI. Luft- und Weltraumrecht

2. Weltraumrecht

    23. Am 29. Januar 1998 wurde das Übereinkommen zwischen der Regierung Kanadas, Regierungen von Mitgliedstaaten der Europäischen Weltraumorganisation, der Regierung Japans, der Regierung der Russischen Föderation und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Zusammenarbeit bei der zivilen internationalen Raumstation geschlossen. Die Bundesrepublik Deutschland stimmte dem Raumstationsübereinkommen durch Gesetz vom 11. September 1998 zu.56 Das Übereinkommen tritt an die Stelle des Übereinkommens vom 29. September 1988 zwischen der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika, Regierungen von Mitgliedstaaten der Europäischen Weltraumorganisation, der Regierung Japans und der Regierung Kanadas über die Zusammenarbeit bei Detailentwurf, Entwicklung, Betrieb und Nutzung der ständig bemannten zivilen Raumstation.57 Das Übereinkommen von 1988 ist für die beteiligten europäischen Staaten nicht in Kraft getreten, weil die nach seinem Art. 25 erforderliche Zahl von Ratifizierungen nicht erreicht wurde. Die Neufassung soll der Aufnahme Rußlands in die Partnerschaft sowie den geänderten programmatischen Verhältnissen Rechnung tragen.58 Die europäischen Staaten beteiligen sich an der internationalen Raumstation, dem bislang größten Kooperationsvorhaben, mit einem auf der ESA-Ministerkonferenz von Toulouse im Oktober 1995 geschlossenen Programm, das im wesentlichen das europäische Labormodul COF, das automatische Transfervehikel ATV, sowie Versorgungsflüge mit der Trägerrakete Ariane 5 umfaßt. Die USA, Rußland, Japan und Kanada tragen jeweils eigene Stationselemente bei. Teil des Zustimmungsgesetzes ist auch ein Briefwechsel zwischen den Verhandlungsdelegationen zur Interpretation des Begriffs der "Nutzung der Raumstation ausschließlich zu friedlichen Zwecken". Er verdeutlicht, daß die USA und Rußland ihre Stationselemente sowie die Ressourcen der Infrastruktur auch für Zwecke der nationalen Sicherheit nutzen dürfen, eine derartige Nutzung auf den von Europa beigestellten Elementen aber gegen den Willen des Europäischen Partners nicht möglich ist.

    24. Die 12. Versammlung der Vertragsparteien des Übereinkommens vom 3. September 1976 über die Internationale Organisation für mobile Satellitenkommunikation (Inmarsat-Übereinkommen)59 beschloß am 24. April 1998 verschiedene Änderungen des Inmarsat-Übereinkommens.60 Das Zustimmungsgesetz erging am 17. März 2000. Die Änderungen waren für eine Umstrukturierung der Organisation notwendig. Zum einen mußte sie den Bedürfnissen und Erfordernissen eines liberalisierten und dynamischen Wettbewerbsumfeldes angepaßt werden. Zum anderen mußten die satzungsmäßigen Voraussetzungen für ein privatisiertes Betriebsunternehmen geschaffen werden. Letztlich mußte die Kontinuität des satellitengestützen globalen Notruf- und Sicherheitssystems gewährleistet sein.

    25. Am 17. Juni 1998 gaben der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie Rüttgers sowie sein französischer und italienischer Amtskollege eine gemeinsame Erklärung zur Zukunft Europas in der Raumfahrt ab. Darin erkennen sie zunächst an, daß sich die Europäische Weltraumorganisation (ESA) über fast 25 Jahre als Hauptinstrument der Verwirklichung der Europäischen Raumfahrtpolitik bewährt habe. Dennoch wird ein Wandel der ESA und eine Anpassung an die neue Situation für erforderlich erachtet:

"Im Interesse unseres gemeinsamen Ziels, die europäischen Raumfahrtkapazität zu effektivieren, fordern wir die ESA auf, folgenden Punkten ihre besondere Aufmerksamkeit zu schenken:
- Aufrechterhaltung der Kosten- und Finanzdisziplin bei der Planung und Durchführung von Programmen durch konsequentes 'designed budget',
- Konzentration auf ihre Rolle als Dienstleister für die Mitgliedstaaten und andere Kunden,
- Verbesserung von Management und Entscheidungsprozessen,
- aktive Unterstützung, gemeinsam mit den Mitgliedstaaten, des Umstrukturierungsprozesses, der gegenwärtig in der europäischen Raumfahrtindustrie im Gange ist, unter entsprechender Berücksichtigung der Rolle der kleinen und mittleren Unternehmen,
- Förderung einer besseren Koordination von Kompetenzen und Ressourcen auf europäischer Ebene,
- Analyse des europäischen öffentlichen Bedarfs an Raumfahrtaktivitäten in Europa im Hinblick auf Vorschläge für entsprechende Aktionen, insbesondere durch eine verbesserte Koordination mit der Europäischen Union."61

    26. Im Berichtszeitraum ergingen mehrere Zustimmungsgesetze zu Übereinkommen im Bereich Fernmeldewesen unter Nutzung des Weltraums. Durch Gesetz vom 13. August 199862 wurde den Änderungen vom 21. Februar 1997 des Übereinkommens über die Europäische Fernmeldesatellitenorganisation "EUTELSAT" (EUTELSAT-Übereinkommen) zugestimmt. Zu den wichtigsten Änderungen gehören die Änderung des Art. II des Übereinkommens, sowie die Streichung von Art. XVI. Bisher durften die Mitgliedstaaten jeweils nur eine Gesellschaft für Betrieb und Nutzung der Satellitensysteme benennen. Im Zuge der Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes wurde durch den geänderten Art. II die Möglichkeit geschaffen, daß jedes Land mehrere solcher Signatare benennt. Das im bisherigen Art. XVI geregelte "Economic-Harm-Verfahren" sah eine Prüfung durch EUTELSAT vor, ob ein Nutzer von Weltraumkapazität im Jurisdiktionsbereich von EUTELSAT eine wirtschaftliche Benachteiligung für EUTELSAT verursachen kann. Das Verfahren wurde aufgegeben, weil dadurch der Wettbewerb unter den Satellitenbetreibern behindert werde.63 Inhaltlich vergleichbar sind die Änderungen vom 1. September 1995 des Übereinkommens über die Internationale Fernmeldesatellitenorganisation "INTELSAT", denen ebenfalls durch Gesetz vom 13. August 199864 zugestimmt wurde.

    27. Am 10. September 1998 erging das Zustimmungsgesetz65 zu dem Abkommen vom 15. November 1971 über die Schaffung des internationalen Systems und der Organisation für kosmische Fernmeldeverbindungen "INTERSPUTNIK" und dem Protokoll vom 30. November 1996 über die Einbringung von Korrekturen in dieses Abkommen. Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland hatte bereits am 3. Oktober 1990 dem Vorsitzenden des Rates der INTERSPUTNIK mitgeteilt, daß sie in die Mitgliedschaft der ehemaligen DDR, der ursprünglichen Vertragspartei des INTERSPUTNIK-Abkommens, eintrete und die daraus resultierenden Verpflichtungen übernehme. Die Abkommenskorrekturen beziehen sich im wesentlichen auf eine Anpassung der INTERSPUTNIK-Organisationsstruktur an die Herausforderungen des internationalen Telekommunikationsmarktes und insbesondere an die bereits vorhandenen bzw. geplanten Organisationsstrukturen bei den anderen internationalen Satellitenorganisationen. Die Mitgliedstaaten können künftig Betreiber von Telekommunikationsnetzen als Signatare benennen. Deutsche Unternehmen können, wenn sie als Unterzeichner benannt wurden, das INTERSPUTNIK-Satellitensystem nutzen. Dies soll zum einen den Wettbewerb unter den internationalen Satellitenorganisationen steigern und der Bundesrepublik Deutschland zum anderen bessere Wirtschaftsbeziehungen zu den Ländern des ehemaligen Ostblocks eröffnen.66



    56 BGBl. 1998 II, 2445.
    57 BGBl. 1990 II, 637.
    58 BT-Drs. 13/10713, 40 f.
    59 BGBl. 1979 II, 1081.
    60 BGBl. 2000 II, 558.
    61 Bull. Nr. 46 vom 25.6.1998, 608.
    62 BGBl. 1998 II, 1738.
    63 BR-Drs. 13/10138, 10.
    64 BGBl. 1998 II, 1742.
    65 BGBl. 1998 II, 2346.
    66 BR-Drs. 13/10725, 23.