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Deutsche Rechtsprechung in völkerrechtlichen Fragen 2000


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Christiane E. Philipp


XI. Deutschlands Rechtslage nach 1945 und Deutsche Wiedervereinigung

1. Deutschlands Rechtlage nach 1945

       92. Mit Beschluß vom 22.7.1993 (2Z BR 70/93 = DtZ 1994, 37ff.) hatte das Bayerische Oberste Landesgericht über folgenden Fall zu entscheiden.

       Vor 1949 war als Eigentümer von zwei Grundstücken im Grundbuch "Heß, Rudolf, Reichsminister, Stellvertreter des Führers in München" eingetragen. Mit Urkunde Nr. 1518/V vom 2./24.9.1949 hatte das Bayerische Landesamt für Vermögensverwaltung und Wiedergutmachung die beiden auf den Namen von R. Heß im Grundbuch bezeichneten Grundstücke an den Freistaat Bayern übertragen. Die im Jahre 1977 von R. Heß angeregte Eintragung eines Amtswiderspruches gegen den Eintrag war in allen Rechtszügen abgelehnt worden.

       Nach dem Tode von Heß hielten dessen Erben die Enteignung gemäß Übertragungsurkunde vom Jahr 1949 für nichtig. Die erneute Forderung nach Eintragung eines Amtwiderspruches und verschiedene Eintragungsanträge wurden ebenso wie die Erinnerung/Beschwerde an das LG zurückgewiesen. Hiergegen richtete sich die weitere Beschwerde.

       Das BayObLG entschied: Das Grundbuch sei durch eine Eintragung, die in Vollzug einer besatzungsrechtlichen Maßnahme vorgenommen wurde, nicht unrichtig geworden. Folglich komme ein Amtswiderspruch gegen eine solche Eintragung nach Wiedererlangung der vollen Souveränität der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit der Herstellung der Einheit Deutschlands auch dann nicht in Betracht, wenn die damalige Maßnahme einer Überprüfung anhand des Rechtes der Bundesrepublik Deutschland nicht standhalten sollte.

       Die Übertragung der Grundstücke durch das Bayerische Landesamt für Vermögensverwaltung und Wiedergutmachung im Jahre 1949 nach Art. 2 I 1 des Vertrages zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen (Überleitungsvertrag) vom 26.5.195264 könne von deutschen Gerichten nicht auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüft werden. Es handele sich dabei um die Verwaltungsmaßnahme einer Besatzungsbehörde im Sinne der genannten Bestimmung. Damit entfalle auch die Möglichkeit, von einer Unrichtigkeit des Grundbuches durch die Eintragung des Freistaates Bayern im Jahre 1950 auszugehen. Der Senat war darüber hinaus der Auffassung, daß der Freistaat Bayern durch die Eintragung im Grundbuch Eigentümer geworden sei. Dies leite sich aus dem eindeutigen Wortlaut von Art. 2 I 1 des Vertrages von 1952 her.

       93. In seinem Beschluß vom 15.11.1993 (4 Ws 255/93 = NStZ 1994, 244 ff.) mußte das Kammergericht Berlin über die Strafbarkeit gem. des Gesetzes Nr. 53 (Neufassung) der Militärregierung über Devisenbewirtschaftung und Kontrolle des Güterverkehrs vom 19.9.194965 bzw. der Verordnung Nr. 235 des Französischen Hohen Kommissars vom 18.9.194966 entscheiden. Soweit sich die Strafbarkeit aus diesen Gesetzen ergebe, bestünden keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dieser Bestimmung. Diese alliierten, den Devisenverkehr und Außenhandel regelnden Gesetze seien durch den Vertrag zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen vom 23.10.195467 und das dazu ergangene Zustimmungsgesetz vom 24.3.195568 zu weitergeltendem innerstaatlichen Recht geworden. Durch das Zustimmungsgesetz sei für die Weitergeltung der besatzungsrechtlichen Norm eine neue Rechtsgrundlage geschaffen worden, auf der seitdem formell die Geltung dieses in seinem Ursprung fremden Rechtes beruhe (vgl. BVerfGE 12, 281 und 289).



      64 Gesetz vom 24.3.1955, BGBl. II, 213, und Bekanntmachung vom 31.3.1955, BGBl. II, 301, 405.

      65 BAnz Nr.2 vom 27.9.1949, 2.

      66 ABl. der franz. Oberkommandos in Deutschland Nr. 305, VO 235.

      67 BGBl. 1955 II, 405.

      68 BGBl. 1955 II, 213.