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Tätigkeitsbericht für das Jahr 2003


II. Abgeschlossene Forschungsvorhaben

B. Internationaler und europäischer Menschenrechtsschutz

Towards an International Ban on Human Cloning - Religious Perspectives, the International Community, and the Protection of Embryos

Mit Blick auf die Verhandlungen für eine "Konvention gegen das (reproduktive) Klonen von Menschen" im Sechsten Ausschuß der Vereinten Nationen im Oktober 2003 fand am 25. Oktober 2003 ein internationales Symposium "Towards an International Ban on Human Cloning - Religious and Ethical Perspectives, the International Community, and the Protection of Embryos" statt. Ziel des Symposiums war es, interdisziplinär und interkulturell die Probleme von Menschwerdung und Menschenwürde im Hinblick auf das reproduktive und therapeutische Klonen zu untersuchen. Das Symposium mit seinen mehr als 70 Teilnehmern aus den Bereichen Politik, Rechtswissenschaften, Naturwissenschaften, Theologie und Philosophie brachte neue Erkenntnisse im Hinblick auf die verschiedenen ethischen und kulturellen Traditionen, die naturwissenschaftlichen Zusammenhänge und die Fragen der Würdekonzeption in der deutschen und der internationalen Rechtsordnung. Das Symposium wurde von Markus Benzing und Dr. Silja Vöneky vorbereitet und betreut.

In dem ersten Teil des Symposiums, das sich mit "Human Creation and Human Dignity in Religious Perspective" befaßt, legten Kenner des Islam (Ali-Reza Sheikholeslami, Oxford University), des Buddhismus (Andrew Huxley, University of London; Jens Schlieter, Universität Bonn), der jüdischen Religion (Manfred Oeming, Universität Heidelberg), des Christentums und der abendländischen Philosophie (Robert Spaemann, Stuttgart) die Bedingungen von Menschsein und Menschenwürde in den verschiedenen Religionen und ethischen Traditionen dar. Durch das Bewußtmachen der Unterschiede aber auch Ähnlichkeiten in den religiösen und kulturellen Traditionen, sollte die darauf folgende rechtliche Diskussion befruchtet und "vom Kopf auf die Beine" gestellt werden.

Die Kenner des Buddhismus wiesen darauf hin, daß im Buddhismus vor allem die Motive des Handelnden, d.h. des Klonenden entscheidend sind. Je nachdem kann die - an sich ethisch neutrale - Handlung des Klonens zu einem guten oder schlechten Karma führen. Mit dem reproduktiven Klonen steht der Buddhismus daher nicht per se in Widerspruch. Ein größeres ethisches Problem für den Buddhismus ist dagegen das sogenannte therapeutische Klonen. Dabei werden aus geklonten totipotenten Zellen, d.h. Embryonen, Stammzellen zu Forschungszwecken gewonnen, so daß die Embryonen absterben. Im Buddhismus sind neben den Motiven des Forschers auch die Interessen des geklonten Menschen zu beachten. Da bei dieser Technik der Tod eines Menschen im Embryonalstadium in Kauf genommen wird und das mit eher unsicheren Aussichten für mögliche Heilungschancen, ist diese Technik für Buddhisten ethisch nicht akzeptabel. Dies insbesondere auch deshalb, weil der geklonte Embryo dabei nicht selbst wählen kann, sich für die Heilung anderer zu opfern. Ohne sein gutes Motiv kann aber nicht von einer guten Tat ausgegangen werden.

Anders stellt sich die ethische Bewertung des Klonens aus der Sicht des Islam und des Christentums dar. Nach Ansicht von Ali-Reza Sheikholeslami verbietet der Islam jedenfalls das reproduktive Klonen, da der Islam verbiete, das zu ändern, was Gott geschaffen habe. Gott wolle keinen Partner im Hinblick auf die Schöpfung neuen Lebens.

Im Hinblick auf das reproduktive Klonen ähnlich restriktiv ist die Haltung des Christentums, wie sie Robert Spaemann darstellte. Zu schützen sei der Embryo ab der Befruchtung oder Klonierung wie ein geborener Mensch. Jeder Mensch sei als Bild Gottes Selbstzweck und Person. Das Personsein hänge damit nicht von bestimmten biologischen Bedingungen ab. Der Schutz des Menschen beginne am Lebensanfang und der sei nicht mit der Geburt gleichzusetzen. Gegen das reproduktive Klonen spricht nach Ansicht von Spaemann vor allem, daß, wenn ein Klon sein "Original" kenne, er ständig mit Blick auf dieses lebe. Das Schicksal eines Menschen dürfe aber nicht auf diese Weise fixiert werden. Außerdem könnten wir als Menschen nicht das qualitative Sein anderer Menschen verantworten; wir könnten nicht einen Teil der Menschen zu unserem Produkt machen.

Im Unterschied zum Christentum geht die jüdische Religion, so wurde es von dem Theologen Manfred Oeming vorgestellt, nach ganz überwiegender Ansicht davon aus, daß der Embryo vor dem 40. Tag nach der Befruchtung oder Klonierung nicht schon seinen Status als Mensch habe, sondern nichts mehr als "Wasser" sei. Ein Embryo im Reagenzglas sei daher nicht besonders schützenswert. Als sogenannte "pre-embryos" besäßen sie keinen speziellen Status. Gegen therapeutisches Klonen gebe es daher keine religiösen Vorbehalte nach der jüdischen Religion. Anderes gelte - wie im Christentum und Islam - für das reproduktive Klonen, das wegen der genetischen Duplikation eines Menschen die Würde des Menschen verletze.

Der interdisziplinären Betrachtung diente auch der Vortrag von Ernst-Ludwig Winnakker, Präsident der DFG, Bonn, der in seinem Vortrag die naturwissenschaftlichen Implikationen des Klonens beleuchtete. Neben den verschiedenen Arten des Klonens - durch Embryonensplitting oder Zellkerntransfer - verwies er auf die bisher sehr unterschiedlichen Erfolgsraten beim Klonen. Die Reichweite geht von 80 % Lebendgeburten durch Zellkerntransfer geklonter Kühe bis zu 4 % Lebendgeburten geklonter Katzen. Eine erfolgreiche Klonierung durch Zellkerntransfer konnte weder bei Primaten noch bei Menschen bisher durchgeführt werden. Der Grund dafür sind eine Vielzahl ungeklärter Fragen, insbesondere die der epigenetischen Reprogrammierung. Prof. Winnacker wies in seinem Vortrag auch darauf hin, daß nach seiner Ansicht zwischen dem reproduktiven und dem therapeutischen Klonen keine sinnvolle Unterscheidung getroffen werden könne, da beide auf derselben Technik beruhten. Er dämpfte, wegen der vielen offenen Probleme, auch die Hoffnung auf schnelle Erfolge beim Kampf gegen Krankheiten mit Hilfe des sogenannten therapeutischen Klonens.

Der dritte und letzte Teil des Symposiums, der die rechtliche Diskussion betraf, konzentrierte sich zunächst auf die Implikationen des Menschenwürdeschutzes des deutschen Grundgesetzes für die rechtliche Beurteilung des Klonens. Als Referenten konnten für diese Debatte Christian Starck, Universität Göttingen, Jörn Ipsen, Universität Osnabrück und Horst Dreier, Universität Würzburg gewonnen werden. Alle drei Staatsrechtler waren sich im Ergebnis darin einig, daß das reproduktive Klonen gegen die Menschenwürde, wie sie in Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes niedergelegt ist, verstoße. Nach Horst Dreier werde aber nicht gegen die Menschenwürde des Klons verstoßen, da eine Würdeverletzung nicht denkbar ist durch einen Vorgang, dem der Klon sein Leben verdankt. Auch sei - bei einer freiwilligen Klonierung - nicht von einer Würdeverletzung des Spenders auszugehen, da sich sonst die Menschenwürde gegen sich selbst stelle. Das reproduktive Klonen verstoße aber durch die fabrikmäßige Herstellung neuen Lebens gegen die Würde der Menschheit.

Im Unterschied zu der Beurteilung des reproduktiven Klonens gingen die Ansichten über die rechtliche Bewertung des therapeutischen Klonens auseinander. Christian Starck argumentierte, daß auch der Embryo ab dem Zeitpunkt der Befruchtung bzw. seit dem Zeitpunkt der Klonierung Person sei und damit unter den vollen Schutz der Menschenwürde falle. Daher bedeute jede Verobjektivierung durch eine Herstellung allein zu Forschungszwecken eine Verletzung der Menschenwürdegarantie. Dagegen argumentierte Jörn Ipsen, daß der Embryo noch nicht Rechtsträger der Menschenwürde sei. Aus den Vorwirkungen der Menschenwürde, die auch den Embryo umfasse, könne aber kein Forschungsverbot für hochrangige Forschungsziele abgeleitet werden. Ein Verbot therapeutisches Klonen sei daher nicht verfassungsrechtlich zu rechtfertigen.

Die Debatte um den Würdebegriff war auch ein Kernpunkt der völkerrechtlichen Diskussion. Nachdem Hans Lilie, Universität Halle, Fragen und Unzulänglichkeiten der Biomedizinkonvention des Europarates behandelte, widmete sich Rüdiger Wolfrum den allgemeinen Menschenrechtsverträgen und dem Würdebegriff des Völkerrechts. Er führte dabei aus, daß der Begriff der Menschenwürde nicht nur ein ethischer Grundpfeiler der Völkerrechtsordnung sei, sondern auch als Rechtsprinzip Maßstab für das Handeln der Staaten auf der völkerrechtlichen Ebene sei. Es gebe eine entsprechende Rechtsüberzeugung der Staaten, den Würdebegriff als Rechtskonzept anzuerkennen. Dieser müsse auch in der Debatte um ein Verbot des Klonens von Menschen Leitlinie sein. So gebe es eine Überstimmung der Staaten, daß das reproduktive Klonen gegen die Menschenwürde verstoße. Dagegen sei die Haltung der Staaten zum therapeutischen Klonen - wie es sich auch bei den Verhandlungen zur Klonkonvention der Vereinten Nationen zeige - divergierend.

Zum Abschluß des Symposiums stellte Mahnoush Arsanjani von den Vereinten Nationen die Hintergründe und aktuellen Entwicklungen bei der Ausarbeitung einer internationalen und universellen Konvention gegen das (reproduktive) Klonen dar, bei der sich zwei Staatengruppen gegenüber stehen: die USA und andere Staaten, wie Italien und Spanien, die eine Konvention mit einem umfassenden Klonverbot befürworten und - neben anderen - Großbritannien, China und Deutschland, die eine Konvention unterstützen, die nur das reproduktive Klonen verbietet, andere Arten des Klonens aber für den staatlichen Regelungsbereich offen lassen will.

Über die Konferenz wurde in der Presse, unter anderem in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 27.10.2003 ("Menschenwürde im Grenzbereich", Reinhard Müller) und in der Frankfurter Rundschau vom 28.10.2003 ("Zwischen Karma und Gott", Astrid Hölscher), ausführlich berichtet.

Die Beiträge der Referenten werden in einem Symposiumsband Anfang 2004 unter dem Titel "Towards an International Ban on Human Cloning" von Silja Vöneky und Rüdiger Wolfrum herausgegeben werden.