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Tätigkeitsbericht für das Jahr 2003


II. Abgeschlossene Forschungsvorhaben

H. Völkerrechtstheorie, Rechtstheorie und -philosophie

Demokratisches Prinzip, Globalisierung und Völkerrecht

Es ist unklar und strittig, was die Globalisierung für das demokratische Prinzip bedeutet. Das Spektrum einschlägiger Diagnosen reicht von höchster Gefährdung bis zu substantieller Stärkung, das der Vorschläge von der Einfindung in ihren Verlust über nationalstaatliche Selbstbehauptung bis zur weltumspannenden demokratischen Föderation. Je nach gesellschafts- und demokratietheoretischem Hintergrund findet die Frage nach dem Schicksal des demokratischen Prinzips in der Globalisierung überaus unterschiedliche Antworten in deskriptiver wie normativer Hinsicht. Anders als im demokratischen Verfassungsstaat erscheint im rechtswissenschaftlichen Umgang mit dem demokratischen Prinzip auf transnationaler Ebene derzeit eine grundsätzliche Auseinandersetzung angezeigt, da ein gemeinsamer Weg der verschiedenen Verständnisse und Optionen kaum auszumachen ist. Im Gegenteil: einflussreiche Analysen wie Strategien des Umgangs mit dieser Herausforderung stehen tendenziell im Widerstreit. Diese Vielstimmigkeit ist angesichts der Diffusität des Phänomens und seiner Entwicklungsdynamik zu begrüßen: Sie schützt gegen problematische Blickverengungen und vorschnelle Festlegungen.

Die traditionellen Instrumente zum rechtlichen Umgang mit Problemen, welche - wie eben die Globalisierung - den staatlichen Rahmen übersteigen, finden sich im Völkerrecht. So liegt es nahe, die Fragestellung in einer völkerrechtlichen Perspektive zu untersuchen. Es herrscht jedoch keineswegs Konsens, daß das Völkerrecht für das kritische Verhältnis von Demokratie und Globalisierung angemessene Lösungen bereithält. Vor diesem Hintergrund versucht diese Studie in einer fächerübergreifenden Umschau eine Bestandsaufnahme einflussreicher Positionen nach vertypten Diagnosen und Vorschlägen. Es geht dabei nicht um deren Richtigkeit oder Unterstützungswürdigkeit: Sämtliche dargestellten Positionen enthalten hinreichend plausible Annahmen, Beobachtungen und Vorschläge, die nicht bewertet, sondern mit Blick auf ihre Konzeption der Fortentwicklung des Völkerrechts in eine Ordnung gebracht werden sollen.

Dieses Programm wird in drei Schritten ausgeführt. Der erste Schritt dient einer Skizze des Begriffs der Globalisierung wie desjenigen der Demokratie. Der zweite, diagnostisch angelegt, präsentiert wichtige Konzeptionen der Einwirkung der Globalisierung auf die Wirklichkeit des demokratischen Prinzips in der staatlich organisierten Welt. Der dritte Schritt unterbreitet dann normpropositive Konzeptionen zur Wahrung und Entwicklung des demokratischen Prinzips im Prozeß der Globalisierung und versucht, sie in Konzeptionen zur Fortentwicklung des Völkerrechts zu spiegeln.

Weitere Forschungen sollten um Transparenz und Ausformulierung hinsichtlich der jeweiligen argumentativen Prämissen bemüht sein: Damit wären mögliche Verständnisse des geltenden Rechts und Optionen seiner politischen wie rechtsimmanenten Fortentwicklung besser zu durchdringen. Für die völkerrechtliche Forschung in Deutschland ist festzuhalten, daß das problematische Verhältnis von Demokratie, Globalisierung und Völkerrecht stärker bearbeitet werden sollte, will sie weiterhin Anregungen zum Umgang mit den zentralen Herausforderungen ihres Gegenstandes geben.