c. Menschenrechte in einzelnen Staaten
89. Auch im Berichtszeitraum hat die Bundesregierung die Vorgänge im ehemaligen Jugoslawien mehrfach schärfstens verurteilt180. In seiner Ansprache auf der Vollversammlung der 48. Generalversammlung qualifizierte Bundesaußenminister Kinkel die Vorgänge als Völkermord:
"The crisis in the former Yugoslavia, and especially the war in Bosnia and Hercegovina, is one of the most depressing episodes of our time. A member of the United Nations has fallen victim to a war of conquest accompanied by genocide and mass expulsions."181 |
90. Auch zum Demokratisierungsprozeß in Südafrika182 äußerte sich die Bundesregierung mehrfach. In der Vollversammlung der Vereinten Nationen machte der belgische Vertreter für die Europäischen Gemeinschaften und ihre Mitgliedstaaten erneut deutlich, daß das Apartheid-System mit friedlichen Mitteln abgeschafft und durch ein demokratisches System mit Beteiligung aller Südafrikaner ohne Unterscheidung nach Rasse oder Hautfarbe ersetzt werden müsse183. In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage äußerte sich die Bundesregierung zur Frage der Aufhebung der Sanktionen gegen Südafrika und einem entsprechenden Empfehlungsbeschluß des ANC-Exekutivkomitees wie folgt:
"Die Bundesregierung begrüßt die Empfehlung des ANC-Exekutivkomitees vom 18. Februar 1993 an die internationale Staatengemeinschaft, nach Bekanntgabe eines Wahltermins und Einsetzung eines Übergangsexekutivrates die Sanktionen gegen Südafrika mit Ausnahme des Waffen- und Ölembargos aufzuheben. Die EG-Staaten werden an dem völkerrechtlich bindenden Waffenembargo gegen Südafrika festhalten, solange dieses vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen nicht aufgehoben ist."184 |
91. Menschenrechtsverletzungen in China waren ebenfalls Gegenstand mehrfacher Stellungnahmen der Bundesregierung. So antwortete die Bundesregierung auf eine mündliche Parlamentarische Anfrage:
"Chinesische Quellen sprechen von 680 Arbeitslagern. Menschenrechtsorganisationen gehen von einer wesentlich höheren Zahl aus, ohne aber präzise Angaben machen zu können. Auch die Zahl der Insassen solcher Lager variiert. Nach chinesischen Angaben sollen es rund 160 000 sein. Menschenrechtsorganisationen sprechen hingegen von Millionen. Die Zahlen sind nicht überprüfbar. Über die Lebensbedingungen der Inhaftierten gibt es Zeugenberichte. [...] Diese Berichte lassen sich zusammenfassen: Arbeitslager und die Institutionen der 'administrativen Haft' sind ein Beispiel für grundlegende Menschenrechtsverletzungen in China."187 |
"Die Bundesregierung hat im Gespräch mit der chinesischen Regierung nie Zweifel daran gelassen, daß die Menschenrechtslage in China verbessert werden muß. Sie hat auch die Vorgänge in Tibet angesprochen und ihre Erwartung ausgedrückt, daß in Tibet eine wirkliche Autonomie hergestellt wird, welche die Tibeter ihre Zugehörigkeit zum chinesischen Staatsverband nicht als Bedrohung für ihre ethnische, religiöse und kulturelle Eigenständigkeit empfinden läßt."189 |
92. Die Bundesregierung nahm auch mehrfach Stellung zu Menschenrechtsverletzungen in der Türkei. Sie habe gegenüber der türkischen Regierung die bestehenden Mißstände immer wieder eindeutig und nachdrücklich kritisiert. Dabei habe sie sich auch konkret auf Berichte von Amnesty International bezogen190. Kurden und Christen würden weder rechtlich noch tatsächlich staatlich verfolgt. Allerdings litten sie unter schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen und die Christen auch unter dem Druck des moslemischen Umfeldes191. Christen aus der Osttürkei würden grundsätzlich nicht als politisch Verfolgte anerkannt. Dies schließe jedoch nicht aus, daß es im Einzelfall zu Anerkennungen kommen könne. Bei Jeziden aus der Osttürkei tendiere die obergerichtliche Rechtsprechung dazu, eine unmittelbare oder mittelbare Gruppenverfolgung anzunehmen, so daß vermehrt mit Anerkennungen zu rechnen sei192.
93. Anläßlich der Erneuerung des 4 Jahre alten Todesurteils gegen den Schriftsteller Salman Rushdie durch die iranische Führung wurde der iranische Botschafter in das Bonner Auswärtige Amt einbestellt. Die Bundesregierung machte deutlich, daß sie nach wie vor auf einer Rücknahme des Urteils bestehe193. Außerdem soll das deutsch-iranische Kulturabkommen von 1988 so lange nicht in Kraft treten, wie der Mordaufruf nicht zurückgenommen ist194.
94. Im Berichtszeitraum nahm die Bundesrepublik Deutschland allein oder gemeinsam mit den übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft im Rahmen der europäischen politischen Zusammenarbeit zu Menschenrechtsfragen in einer Vielzahl namentlich genannter Staaten Stellung195.