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Anhörungs- und Beteiligungsrechte im WTO-Recht: eine Rekonstruktion aus verwaltungsrechtlicher Perspektive

Über das Projekt:

Die Dissertation setzte sich mit der Funktion von Partizipationsrechten im WTO-Recht auseinander. Gegenstand der Untersuchung waren Anhörungs- und Beteiligungsrechte, die entweder ihre Grundlage im Recht der WTO haben oder stark durch dieses geprägt sind. Diese Rechte können sowohl nationale als auch internationale öffentliche Gewalt bedingen wie auch Individuen und Staaten berechtigen. Die entsprechenden Rechte wurden als Ausdruck eines einzigen dogmatischen Rechtsinstituts behandelt, das auf staatlicher wie internationaler Ebene operiert und mit Hilfe von analytischen Instrumenten des „klassischen“, nationalen Verwaltungsrechts konzipiert werden kann. In diesem Sinne war die Dissertation Teil des Rechtgebiets des „internationalen Verwaltungsrechts“ (oder „globalen Verwaltungsrechts“; „Global Administrative Law“). Ziel des Projekts war es, die Funktion von Anhörungs- und Beteiligungsrechten in einen prozeduralen Ansatz des Welthandelrechts einzubetten. Aus diesem Grund stellten Fragen der Legitimation des WTO-Rechts und seiner Anwendung durch die zuständigen gerichtsförmigen Organe einen Schwerpunkt der Untersuchung dar.

 

Der erste Teil der Dissertation widmet sich der Rechtsvergleichung auf nationaler und internationaler Ebene. Zunächst werden die Anhörungsrechte dreier Staaten (Vereinigte Staaten, Deutschland, Vereinigtes Königreich) und der unionalen Rechtsordnung präsentiert und miteinander verglichen. Der Vergleich hat einen doppelten Zweck: Zum einen sollen die gemeinsamen begrifflichen Elemente dieses verwaltungsrechtlichen Instituts ans Licht gebracht und zum zweiten seine Funktion als Mechanismus für die Einbeziehung beeinträchtigter Interessen untersucht werden. Einen wichtigen Aspekt dieser Analyse bilden dabei die jeweiligen verfassungsrechtlichen Grundlagen, auf denen die entsprechenden Rechte basieren. 

 

In einem weiteren Schritt werden völkerrechtliche Institutionen präsentiert, welche die begrifflichen Elemente des Anhörungs- bzw. Beteiligungsrechts ausfüllen. Die Rechtsvergleichung ist damit nicht nur auf die nationale bzw. supranationale Ebene beschränkt, sondern umfasst auch solche Rechte, die eine vergleichbare Funktion im Rahmen anderer internationaler Organisationen als der WTO erfüllen (z.B. Weltbank, UN Sanctions Committee). Die Studie untersucht also in diesem Teil die Elemente und die Funktionen eines grenz- und ebenenüberschreitenden Begriffs des Teilnahmerechts, der die Ausübung öffentlicher Gewalt in all ihren Formen konditionieren kann. 

Im zweiten Teil der Arbeit werden die maßgeblichen rechtlichen Quellen des WTO-Rechts im Lichte ihrer Interpretation durch den Appellate Body und Panels präsentiert. Hierbei sind zwei Unterscheidungen von Bedeutung: Zunächst wird eine Differenzierung zwischen Regeln, die Standards für die nationalen Rechtsordnungen enthalten, und Bestimmungen, die Anhörungsrechte vor den WTO-Organen selbst begründen, getroffen. Die zweite Unterscheidung hängt mit dem jeweils berechtigten Subjekt zusammen, das entweder ein Staat oder ein privater Akteur sein kann. 

Der letzte Teil der Arbeit beschäftigt sich mit den normativen Grundlagen und dem legitimatorischen Potenzial der Beteiligungsrechte im Kontext der WTO. Hierbei wird der Zusammenhang dieser Rechte mit Theorien deliberativer Demokratie untersucht. Die entscheidenden Fragen sind also, ob die Ausübung dieser Rechte als Teilnahme an einem Verfahren mit kommunikativem Potenzial verstanden werden kann und welche Bedeutung eine solche Funktion für die Legitimation des WTO-Rechts im Allgemeinen haben könnte. Als Grundlagen dieser Fragestellung dienen zwei Prämissen: einerseits das Verständnis des WTO-Rechts als Koordinationssystem der faktischen Interpendenz der internationalen Handelsakteure und andererseits die Idee der Teilnahme an einem Verfahren, das kommunikative Voraussetzungen erfüllt, als legitimatorische Basis aller Ausübung öffentlicher Gewalt. Vor diesem Hintergrund hat die Studie vorgeschlagen, dass die WTO-Regeln, die nationale Hoheitsträger zur effektiven Berücksichtigung extraterritorialer Interessen verpflichten, der Ausübung öffentlicher Gewalt eine legitimatorische Qualität verleihen. Ein solcher prozeduraler Ansatz des internationalen Welthandelsrechts wird der normativen Aufgabe der internationalen Handelsordnung eher gerecht als eine demokratisch problematischere Konstitutionalisierung bestimmter Wirtschaftsmodelle.

 

[Die Dissertation wurde auf Englisch verfasst]


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