Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Logo Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht

Sie befinden sich hier: Forschung Forschung nach Rechtsgebieten Völkerrecht Militäroperationen zur Rettung und Evakuierung eigener Staatsangehöriger aus dem Ausland

Militäroperationen zur Rettung und Evakuierung eigener Staatsangehöriger aus dem Ausland

Über das Projekt:

Angesichts von Bürgerkriegen, Terroranschlägen, Geiselnahmen und Piraterie sind Staatsangehörige im Ausland häufig einer Vielzahl von Gefahren ausgesetzt. Viele Staaten, insbesondere westliche Staaten wie die Vereinigten Staaten von Amerika, das Vereinigte Königreich, Frankreich und auch Deutschland regieren darauf seit langem mit Militäroperationen zur Evakuierung und Rettung ihrer Staatsangehörigen aus dem Ausland. In den letzten Jahren haben jedoch nicht nur die vorgenannten Staaten, sondern auch Staaten aus einer Vielzahl anderer Regionen der Welt, darunter China, Indien, Russland, Jordanien, Ghana und Ägypten eine solche Praxis entwickelt und eine Reihe von Militäroperationen zur Rettung und Evakuierung ihrer Staatsangehörigen aus dem Ausland durchgeführt.

Die Rechtmäßigkeit dieser Militäroperationen ist jedoch sowohl unter Staaten als auch unter Wissenschaftlern umstritten. Es besteht keine Einigkeit darüber, ob und auf welcher (ungeschriebenen) Rechtsgrundlage Staaten ein Recht haben, solche Operationen durchzuführen, wenn sie ohne Zustimmung des Territorialstaates und ohne Ermächtigung des UN-Sicherheitsrates durchgeführt werden.

Bisher hat dieser Streit keine weitere Klärung durch die Staatenpraxis gefunden. Militäreinsätze zur Rettung eigener Staatsangehöriger sind bis in die 1990er Jahre durch (meist westliche) Staaten auf widersprüchliche, oft ablehnende staatliche Reaktionen und divergierende Interpretationen dergleichen gestoßen. Im Gegensatz dazu bietet jedoch die Staatenpraxis seit 1990 einen neuen Bezugspunkt für die Beantwortung der Frage der Rechtmäßigkeit, da sie sich erheblich weiterentwickelt hat. Zu den jüngsten Beispielen gehören die Evakuierung von Staatsangehörigen verschiedener Länder aus Konfliktgebieten in Niger (August 2023), Sudan (März 2023), Afghanistan (August 2021), Südsudan (Juli 2016) und Libyen (Februar 2011). Die konkreten völkerrechtlichen Auswirkungen der neueren Staatenpraxis müssen jedoch noch untersucht werden. Bisher bleibt unbeantwortet, inwieweit die Rettung eigener Staatsangehöriger aus dem Ausland mithilfe von Militäroperationen mittlerweile völkerrechtlich zulässig ist und welche Kriterien und Voraussetzungen derartige Operationen erfüllen müssen, damit sie nach der neueren Staatenpraxis rechtmäßig sind. Das Dissertationsprojekt zielt daher darauf ab, diese Fragen durch eine eingehende Analyse der jüngeren Staatenpraxis zu klären. Dahingehend wird ein dogmatisches Vorgehen in Kombination mit einer induktiven Analyse der Staatenpraxis gewählt.

Die Klärung der Frage der Rechtmäßigkeit ist von höchster praktischer Relevanz. Militäroperationen zur Rettung eigener Staatsangehöriger fanden nicht nur in den letzten Jahren häufig statt, sondern sind auch in Zukunft vermehrt zu erwarten – sie können sogar als das wahrscheinlichste Einsatzszenario für viele Armeen außerhalb der eigenen Landesverteidigung angesehen werden. Eine Klärung der Rechtmäßigkeit ist daher auch für Praxis und Politik eine hoch aktuelle und relevante Frage.


Doktorantin

Betreuer