Sie befinden sich hier: Publikationen Archiv Deutsche Rechtsprechung in völkerrechtlichen Fragen 2000
1. Europäische Menschenrechtskonvention
d) Art. 9 EMRK als Abschiebungshindernis
92. Das OVG Koblenz hatte sich in einem Beschluß vom 23.5.1997 (6 A 11282/97 - NVwZ-Beilage 1997, 79) mit der Frage auseinanderzusetzen, ob für Angehörige der Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft ein Abschiebungshindernis aus § 53 Abs. 4 AuslG i.V. mit Art. 9 Abs. 1 EMRK erwächst. Es ließ ausdrücklich offen, ob § 53 Abs. 4 AuslG Verstöße gegen sämtliche Rechtsgarantien der EMRK und damit auch gegen Art. 9 EMRK als mögliche Abschiebungshindernisse überhaupt in seinen Regelungsbereich einbezogen hat, da die hier aufgeworfenen Frage bereits auf der Grundlage der Rechtsprechung des BVerwG zu § 53 Abs. 4 AuslG i.V. mit Art. 3 EMRK verneint werden könne. Danach bestehe die Verantwortlichkeit der Vertragsstaaten nur für die Folgen unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung75. Zwar seien nach Pakistan zurückkehrende Angehörige der Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft aufgrund der Bestimmungen des pakistanischen Strafgesetzbuches und zur Vermeidung dem Staat zurechenbarer Übergriffe Dritter gehalten, ihre Religion in der Öffentlichkeit zu verbergen. Dies widerspreche zwar Art. 9 Abs. 1 EMRK, stelle jedoch keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung dar. Vielmehr sei der Eingriff in die Religionsfreiheit von seiner Intensität her erheblich geringer als die in Art. 3 EMRK genannten Handlungen, so daß das geforderte Verhalten zumutbar sei und nicht als Abschiebungshindernis i.S. des § 53 Abs. 4 AuslG i.V. mit Art. 9 Abs. 1 EMRK anerkannt werden könne.