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Tätigkeitsbericht für das Jahr 2003


VIII. Wissenschaftlicher Nachwuchs und Gastwissenschaftler

B. Aktivitäten des wissenschaftlichen Nachwuchses am Institut

3. Teilnahme einer Gruppe von Studenten an der Philip C. Jessup International Law Moot Court Competition

Nachdem bereits in den vergangenen Wintersemestern fünf Studierende der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg sehr erfolgreich an der Philip C. Jessup International Law Moot Court Competition teilgenommen hatten, wurde auch im Wintersemester 2002/2003 das Team der Universität Heidelberg von Mitarbeitern des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht betreut. Den fünf Teammitgliedern, James Andersen, Kristi Aule, Matthias Frost, Justin Lester und Gefion Schuler gelang es, den dritten Platz bei der nationalen Endausscheidung zu belegen. Betreut wurde das diesjährige Heidelberger Team seitens des Max-Planck-Instituts von Ref. Christian Schaller und Ref. Markus Wagner.

Die Philip C. Jessup International Law Moot Court Competition wurde 1959 von einer Gruppe von Studenten des Völker-rechts der Harvard University, der Columbia University und der University of Virginia ins Leben gerufen als Wettbewerb, in welchem schriftliche und mündliche Plädoyers zu aktuellen Fragen des Völkerrechts erarbeitet und (fiktiv) vor dem Internationalen Gerichtshof vertreten werden sollten. Im Laufe der Jahre hat sich dieser Wettbewerb, der inzwischen von der International Law Students Association (ILSA) organisiert wird, zum größten und international renom-miertesten Wettbewerb entwickelt. Inzwischen nehmen jährlich über 1.500 Studenten von mehr als 350 Juristischen Fakultäten aus ca. 70 verschiedenen Ländern an diesem Wettbewerb teil. Aus jedem Land kann von je zehn teilnehmenden Teams nur ein Team zu den internationalen Ausscheidungen in Washington reisen, zur Auswahl finden nationale Vorausscheidungen statt. Eine ernsthafte Teilnahme fordert von den Studenten nicht nur ein besonders großes Interesse an völkerrecht-lichen Problemen, son-dern auch die Bereitschaft, sich etwa ein halbes Jahr lang fast ausschließlich diesem Wettbewerb zu widmen. Die Teilnahme an dem Wettbewerb bietet den Studenten eine gute Gelegenheit, sich nicht nur in Rhetorik und Auftreten, sondern insbesondere auch in der Kunst zu üben, einen Rechtsstreit parteiinteressenorientiert zu bearbeiten und die erarbeitete Argumentation überzeugend zu vertreten.

Dem Fall, den es in der diesjährigen Philip C. Jessup International Law Moot Court Competition zu bearbeiten galt, lag ein Streit zwischen zwei fiktiven Staaten, Reston und Annolay zu Grunde. Dabei waren u.a. die Themen der Staatenverantwortlichkeit für Kriegsverbrechen, Frauenhandel, Korruption sowie die Verantwortlichkeit einzelner Regierungsmitglieder zu bearbeiten. Der Disput beruht auf der Neugründung zweier Staaten, Reston und Cascadia, als Folge eines erbittert geführten und inzwischen beendeten Bürgerkrieges. Im Verlauf dieses Bürgerkrieges kam es zu Vergewaltigungen cascadischer Frauen durch Bürger Restons. Letzterer Staat weigert sich die Kriegsverbrechen, die während des Bürgerkrieges begangen wurden, zu verfolgen und lehnt jegliche Zahlung von Schadensersatz an die Vergewaltigungsopfer ab. Eine weitere Folge des Bürgerkrieges ist die Existenz einer Vielzahl von Waisenkindern, die unter katastrophalen Umständen leben müssen. Annolay ruft seine Bürger auf, Waisenkinder aus dem benachbarten Reston zu adoptieren. Im Rahmen der Adoptionsverfahren kommt es jedoch zu Korruptionsvorwürfen gegenüber restonischen Behörden. Zudem war Bestandteil des Falles, daß eine Firma aus Annolay Frauen unter dem Versprechen dorthin lockt, eine Arbeitsstelle erhalten zu können. Dort werden diese Frauen indes zur Arbeit in Bordellen gezwungen. Annolay verfolgt die Prostitution in den Augen von Reston nur ungenügend. Deshalb möchte das Land Reston die Verantwortlichen in dieser Firma zur Rechenschaft ziehen. Annolay vertritt hingegen die Ansicht, daß ein solches Vorgehen mit dem Weltrechtsprinzip unvereinbar wäre. Aufgabe der Studenten war es, zunächst für beide Streitparteien einen Schriftsatz in englischer Sprache (sogenannte memorials) aufzusetzen und bis Anfang Januar 2003 bei den Organisatoren der ILSA einzureichen. Anschließend wurden anhand der Schriftsätze Plädoyers für beide Streitparteien ausgearbeitet und das Plädieren geübt, um die Teilnahme an der nationalen Vorrunde vorzubereiten.

Diese nationale Vorausscheidung wurde vom 20. bis 22. Februar 2003 in Jena ausgetragen. An der Vorrunde nahmen diesmal dreizehn Studententeams von folgenden deutschen Universitäten teil: Augsburg, Berlin (FU), Berlin (HU), Bochum, Düsseldorf, Erlangen-Nürnberg, Frankfurt (Oder), Göttingen, Heidelberg, Jena, Kiel, Münster und Tübingen. Vor einer internationalen Richterbank, in variierender Zusammensetzung besetzt mit Dr. Arthur E. Appleton, Prof. Dr. Thomas Giegerich, Prof. Dr. Jörn Axel Kämmerer, Dr. Hans-Günther Nordhues, Prof. Dr. Cees Roelofson, Prof. Dr. Christian Tietje und Dr. Ursula Wellen mußten die Teams gegeneinander antreten und abwechselnd in englischer Sprache die Klägerseite und die Beklagtenseite überzeugend vertreten und zugleich schnell, fundiert und präzise die Zwischenfragen der Richter beantworten. Im Finale traten die Teams der Humboldt-Universität Berlin und Jena gegeneinander an. Nach einer mehr als dreistündigen simulierten Gerichtsverhandlung konnte sich das Team der Humboldt-Universität gegen die Gastgeber durchsetzen und die nationale Ausscheidung gewinnen. Die besten Schriftsätze (best memorial) waren von dem Team der Humboldt-Universität Berlin erstellt worden. Als beste Rednerin (best oralist) wurde Christina Cathey Schütz vom Team der Humboldt-Universität Berlin ausgezeichnet.