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c. Einzelfragen
197. Handels- und Wirtschaftsabkommen
In den Berichtszeitraum fällt die Änderung einer Reihe von Wirtschaftsabkommen mit afrikanischen Staaten. Die Änderung bezieht sich auf die Streichung zweier Vorschriften. Zum einen wurde die in den Abkommen bislang enthaltene Berlinklausel gestrichen, zum anderen eine Definition des Ursprungslands einer Ware, die hier für das deutsch-guineische Wirtschaftsabkommen wiedergegeben wird:
"Im Sinne dieses Abkommens gelten als deutsche Waren solche, die in der Bundesrepublik Deutschland gewonnen oder hergestellt sind, oder dort ihre letzte wirtschaftlich sinnvolle, eine wesentliche Veränderung ihrer Beschaffenheit bewirkende Bearbeitung erfahren haben. Als guineische Waren gelten solche, die in der Republik Guinea gewonnen oder hergestellt sind und dort ihre letzte wirtschaftlich sinnvolle, eine wesentliche Veränderung ihrer Beschaffenheit bewirkende Bearbeitung erfahren haben. Beide Regierungen behalten sich die Möglichkeit vor, die Einfuhr gewisser Waren von der Vorlage eines Ursprungszeugnisses abhängig zu machen."440 |
198. Zollrecht
Am 6. Januar 1993 leitete die Bundesregierung das Zustimmungsverfahren zu dem Abkommen vom 16. Dezember 1991 über eine Zusammenarbeit und eine Zollunion zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik San Marino ein459. Mit dem Abkommen soll die Republik San Marino in das Zollgebiet der Gemeinschaft einbezogen und die Zusammenarbeit verstärkt werden. In ihrer Denkschrift führte die Bundesregierung aus, daß es sich um ein sogenanntes gemischtes Abkommen handele, so daß in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallende Bereiche von diesen auch zu ratifizieren seien460.
Am 15. März 1993 leitete die Bundesregierung das Ratifikationsverfahren zu dem Vertrag vom 29. Juli 1992 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über die Zusammenarbeit und die gegenseitige Unterstützung der Zollverwaltungen ein461. In ihrer Denkschrift führte die Bundesregierung aus, daß die Bundesrepublik Deutschland und die Republik Polen zwar Mitglieder des Rates für die Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Zollwesens Brüsseler Zollrat462 seien, aber wegen der Vielzahl der Mitgliedstaaten (zur Zeit der Denkschrift 111) dort nur eingeschränkt zusammenarbeiten könnten. Deshalb sei eine bilaterale Übereinkunft erforderlich. Mit dem Abkommen werde eine enge und effektive Zusammenarbeit der Zollverwaltungen im Bereich der Rauschgiftbekämpfung angestrebt. Die im Vertrag getroffenen Vereinbarungen entsprächen weitgehend den in den von der Bundesrepublik sonst im Bereich der Zusammenarbeit von Zollverwaltungen geschlossenen bilateralen Abkommen. Man habe Regelungen über die Vollstreckung und die Anwendung von Zwangsmaßnahmen nicht für erforderlich gehalten und sei sich darüber einig gewesen, daß der Vertrag die justizielle Rechtshilfe nicht umfasse463. Der Vertrag trat am 10. September 1994 in Kraft464. Am 23. Juli 1993 trat ein vergleichbarer Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Ungarn in Kraft465.
Am 9. Dezember 1993 wurde das Übereinkommen vom 26. Juni 1990 über die vorübergehende Verwendung mit einer Verordnung in Kraft gesetzt466. Unter "vorübergehender Verwendung" ist nach Art. 1 des Übereinkommens das Zollverfahren zu verstehen, nach dem bestimmte Waren (einschließlich Beförderungsmittel) unter Aussetzung der Eingangsabgaben und frei von Einfuhrverboten und Einfuhrbeschränkungen wirtschaftlicher Art für einen bestimmten Zweck in ein Zollgebiet verbracht werden dürfen, um innerhalb einer bestimmten Frist und, von den normalen Wertminderungen der Ware infolge ihrer Verwendung abgesehen, in unverändertem Zustand wieder ausgeführt werden. Das Abkommen erlaubt in Art. 19 Verbote und Beschränkungen, die in innerstaatlichen Gesetzen und sonstigen Vorschriften aus anderen als aus wirtschaftlichen Gründen vorgesehen sind. In Frage kommen Gründe der öffentlichen Moral oder Ordnung, der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Hygiene oder Gesundheit sowie veterinärpolizeiliche oder pflanzenschutzrechtliche Gründe und der Schutz gefährdeter Arten freilebender Tiere und Pflanzen oder von Urheberrechten und von gewerblichem Eigentum. Das Abkommen enthält eine Anlage A über Zollpapiere für die vorübergehende Verwendung, in den Anlagen B.1 bis B.9 sowie C bis E eine Liste der Waren und Gegenstände, auf die das Abkommen Anwendung findet.
199. Doppelbesteuerung
Am 21. Februar 1993 trat das deutsch-bangladeschische Doppelbesteuerungsabkommen vom 29. Mai 1990467 in Kraft468. Im Berichtszeitraum ergingen Zustimmungsgesetze zu Doppelbesteuerungsabkommen mit Norwegen469, der Schweiz470 und Mexiko471.
Weiter leitete die Bundesregierung im Berichtszeitraum die Ratifikationsverfahren zu den Abkommen mit Costa Rica472, Bolivien473 und Schweden474 sowie das Ratifikationsverfahren zur Änderung des Abkommens vom 4.10.1954 mit Österreich475 ein. Weitere Doppelbesteuerungsabkommen wurden mit Namibia476 und Dänemark477 unterzeichnet.
Am 26. August 1993 erging das Zustimmungsgesetz zu dem Übereinkommen vom 23. Juli 1990 über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen478. In ihrer Denkschrift zu dem Abkommen führte die Bundesregierung aus, daß es trotz des international anerkannten Grundsatzes des Fremdverhaltens bei der Abgrenzung von Gewinnen grenzüberschreitend tätig werdender Teile eines Unternehmens zu einer Überlappung der Besteuerungsrechte und damit zu einer Doppelbesteuerung kommen könne. Diesen unerwünschten Störungen der internationalen Unternehmenstätigkeit werde durch eine Koordinierung der Entscheidungen der jeweiligen nationalen Steuerverwaltungen auf der Grundlage von Verständigungsverfahren, die ihre rechtliche Grundlage in den sogenannten Verständigungsklauseln der Doppelbesteuerungsabkommen hätten, entgegengetreten.
Allerdings bestehe bislang lediglich auf der Grundlage einer Verständigungsklausel im Doppelbesteuerungsabkommen mit den USA vom 29. August 1989479 eine Schiedsklausel. Das Übereinkommen stelle insofern einen großen Schritt in der Entwicklung eines internationalen Schlichtungsverfahrens dar. Allerdings lasse es aus deutscher Sicht noch Wünsche offen. Bei den Beratungen habe sich die deutsche Seite stets für ein justizförmig ausgestaltetes Schiedsverfahren eingesetzt, sei mit ihrer Auffassung aber bei den anderen Mitgliedstaaten der EG nicht durchgedrungen. Mit Rücksicht auf das Gesamtpaket habe es die deutsche Seite im Ergebnis vorgezogen, nicht auf ihrem Standpunkt zu beharren480.
200. Investitionsschutz
In den Berichtszeitraum fallen Verträge über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Argentinischen Republik481, der Kooperativen Republik Guyana482 der Republik Kap Verde483, dem Königreich Swasiland484, Weißrußland485 und Vietnam486. Die Abkommen entsprechen im wesentlichen dem deutschen Mustervertrag für Verträge über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen487.
201. Öffentliches Auftragswesen
Anläßlich einer schriftlichen Anfrage äußerte sich die Bundesregierung zur Einigung mit der US-Regierung über die öffentlichen Telekommunikationsaufträge und zum Beschluß der 12 EG-Mitgliedstaaten, gegen die USA Gegenmaßnahmen wegen amerikanischer Sanktionen gegen die EG-Wirtschaft zu beschließen. Die Bundesregierung führte zur Rechtslage aus, daß insoweit das deutsche Vergaberecht und im Verhältnis zu den USA der deutsch-amerikanische Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag von 1954 maßgeblich seien. Dadurch sei eine Diskriminierung amerikanischer Unternehmen ausgeschlossen. Dies gelte auch für den Telekommunikationsbereich.
"Der Hinweis auf diese Rechtslage führte bei der US-Regierung zu der Schlußfolgerung, daß die Anwendung von Sanktionen gegen Deutschland dann nicht gerechtfertigt sei. Die Bundesregierung hält diese Schlußfolgerung für zwingend, da ja auch andere EG-Mitgliedstaaten, die den Art. 29 der EG-Sektorenrichtlinie - aus welchen Gründen auch immer - nicht anwenden, von den US-Sanktionen nicht getroffen werden. Für Gegensanktionen ist danach, soweit es Deutschland angeht, kein Raum. Sie wären nach Auffassung der Bundesregierung mit dem deutsch-amerikanischen Vertrag von 1954 nicht vereinbar. Dies steht im Einklang mit der Ratsentscheidung vom 8. Juni 1993, die einen Vorbehalt zugunsten bestehender Verpflichtungen enthält."488 |
"Mister Martens (Germany) said that his delegation was pleased to note that UNCITRAL had adopted a Draft Model Law on Procurement of Goods and Construction, as well as a commentary designed to give guidance to legislatures preparing legislation based on the model law. It was regrettable, however, that the model law did not cover the procurement of services. His delegation endorsed the draft resolution proposed by UNCITRAL, and recommended that all States which did not have provisions on procurement should adopt such laws, based on the UNCITRAL model law."489 |
202. Rohstoffe
Am 22. Dezember 1993 setzte die Bundesregierung durch eine Verordnung die Verlängerungsresolution Nr. 363 des Internationalen Kaffeerates um. Mit ihr wird das Internationale Kaffeeübereinkommen vom 3. Juli 1983490, in der Fassung der Entschließungen Nr. 347 vom 3. Juli 1989491, Nr. 352 vom 28. September 1990492 und Nr. 355 vom 27. September 1991493 um den Zeitabschnitt eines zusätzlichen Jahres vom 1. Oktober 1993 bis zum 30. September 1994 verlängert494.
Im Juli 1993 wurde von den Erzeuger- und Konsumentenländern ein neues Kakaoabkommen vereinbart, das das Internationale Kakaoübereinkommen vom 25.7.1986495 ablösen soll, welches mit dem 30. September 1993 auslief. Das neue Abkommen ist zunächst auf eine Laufzeit von fünf Jahren angelegt. Es enthält allerdings weder Quoten noch Richtpreise. Vielmehr sollen die Produktionsländer in einem speziellen Gremium anhand der Marktentwicklung darüber entscheiden, mit welchen Maßnahmen eine Überproduktion vermieden und die Preise stabilisiert werden können496.
In einer Antwort auf eine Große Anfrage führte die Bundesregierung aus, daß das Baseler Übereinkommen über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung497 ein Verbot der Ausfuhr gefährlicher Abfälle oder anderer Abfälle i.S.d. Übereinkommens in das Land einer Nichtvertragspartei sowie ein Verbot der Einfuhr aus dem Land einer Nichtvertragspartei enthalte. Von diesem Verbot seien auch Sekundärrohstoffe, also Abfälle, die wiederverwertbar sind, betroffen. Die nach Art. 11 des Übereinkommens möglichen zweiseitigen, mehrseitigen oder regionalen Übereinkünfte498 könnten sich auch auf den Sekundärrohstoffhandel beziehen499.
203. Verkehr
In den Berichtszeitraum fällt die Ratifikation zahlreicher den Verkehr betreffender internationaler Abkommen. So ergingen am 19. April 1993 Zustimmungsgesetze zu dem deutsch-rumänischen Abkommen vom 22. Oktober 1991 über die Schiffahrt auf den Binnenwasserstraßen500 und zum deutsch-polnischen Abkommen vom 8. November 1991 über die Binnenschiffahrt501.
Am 5. April 1993 wurde das deutsch-lettische Abkommen über die Seeschiffahrt unterzeichnet502. Aufgrund eines Notenwechsels vom 10. Mai/3. September 1993 trat am 3. September 1993 der vorläufige Handels- und Schiffahrtsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Island außer Kraft503.
Am 5. April 1993 wurde ein deutsch-lettisches504, am 18. Juni 1993 ein deutsch-kubanisches505 und am 17. September 1993 ein deutsch-bruneiisches Abkommen über den Luftverkehr506 unterzeichnet. Am 27. April 1993 erging das Zustimmungsgesetz zu den deutsch-bahrainischen-Abkommen über den Luftverkehr vom 18. Juni 1991507 und am 16. Dezember 1993 stimmte der Bundestag dem deutsch-dominikanischen Abkommen vom 23. Juli 1992 über den Luftverkehr508 und dem deutsch-albanischen Abkommen vom 22. April 1992 über den zivilen Luftverkehr509 zu. Ferner trat am 27. Februar 1993 das deutsch-argentinische Luftverkehrsabkommen510 in Kraft511.
Am 24. Juni 1993 wurde durch eine Verordnung der Bundesregierung das deutsch-iranische Abkommen über den internationalen Güterverkehr auf der Straße und die steuerliche Behandlung von Straßenfahrzeugen im internationalen Verkehr bekannt gemacht512.
Am 5. Mai 1993 trat die deutsch-lettische Vereinbarung über den grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr auf der Straße vom 5. April 1993 in Kraft513. Am 9. Oktober 1993 trat die am 6. April 1993 unterzeichnete deutsch-estnische Vereinbarung über den grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr auf der Straße in Kraft514.
Das am 25. Juni 1985 unterzeichnete deutsch-marokkanische Abkommen über den grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr auf der Straße trat am 26. September 1993 in Kraft515.
Am 20. Oktober 1993 trat das Europäische Übereinkommen über wichtige Linien des internationalen kombinierten Verkehrs und damit zusammenhängende Einrichtungen (AGTC) in Kraft516. Das Abkommen regelt die Beförderung von Gütern in ein und derselben Beförderungseinheit unter Benutzung mehr als eines Verkehrsträgers. In dem Abkommen nehmen die Parteien gem. Art. 2 einen koordinierten internationalen Plan für die Entwicklung und den Betrieb eines Netzes wichtiger Linien des internationalen kombinierten Verkehrs und damit zusammenhängender Einrichtungen an. Die Eisenbahnlinien des Netzes werden in einer Anlage 1 zum Übereinkommen aufgeführt517.
Dem deutsch-polnischen Abkommen vom 23. April 1993 über den Autobahnzusammenschluß im Raum Frankfurt/Oder und Schwetig stimmte der Bundestag am 4. November 1994 zu518. Am 25. Juni 1993 wurde ein deutsch-georgisches Abkommen über den grenzüberschreitenden Straßenverkehr unterzeichnet519. Die zwischen dem 3. und 7. Mai 1993 beschlossenen Änderungen der Anlagen A und B zu dem Europäischen Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR) in der Fassung der Bekanntmachung der Neufassung der Anlagen A und B vom 16. Juli 1994520 wurden durch Verordnung des Bundesministeriums für Verkehr am 20. Dezember 1994 mit Wirkung vom 1. Januar 1995 in Kraft gesetzt521. In einer Antwort auf eine Große Anfrage zum Thema "Gefahrgutbeförderung im zusammenwachsenden Europa" nannte die Bundesregierung einen Zeitraum für die Umsetzung von VN-Empfehlungen für den Transport gefährlicher Güter. Für das Jahr 1995 sei eine Harmonisierung in bezug auf die praktisch bedeutsamen Gefahrklassen 3 (entzündbare flüssige Stoffe), 6.1 (giftige Stoffe) und 8 (ätzende Stoffe) vorgesehen. 1997 solle mit der Revision der Gefahrklasse 2 (Gase) die Harmonisierung mit den VN-Empfehlungen beendet werden522.
204. Patentrecht
Am 23. März 1993 erging das Zustimmungsgesetz zu der Akte vom 17. Dezember 1991 zur Revision von Art. 63 des Europäischen Patentübereinkommens523. Mit der Revision soll eine Verlängerung der wirtschaftlichen Nutzungsdauer von Patenten möglich werden, die Erzeugnisse betreffen, die vor ihrer Markteinführung einem behördlichen Genehmigungsverfahren unterliegen, da dieses die Nutzungsdauer erheblich verkürze. Insgesamt bestehe ein Interesse an einer Verlängerung über 20 Jahre in diesen Fällen524.