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d. Kollektive militärische Maßnahmen
258. Am 2. April 1993 beschloß die Bundesregierung, an der Überwachung des Flugverbots über Bosnien-Herzegowina im Rahmen des NATO-AWACS-Verbands tellzunehmen:
"(Die Bundesregierung) bekräftigt ihre Haltung, daß die Einhaltung des durch VN-Sicherheitsratsresolutionen 781 und 786 vom 9.10. bzw. 10. 11. 1992 verhängten Flugverbots über Bosnien-Herzegowina durch den NATO-AWACS-Verband unter deutscher Beteiligung überwacht wird. Sie ist einverstanden, daß der NATO-AWACS-Verband nunmehr in Übereinstimmung mit Sicherheitsratsresolution 816 vom 31.3.1993 auch unter deutscher Beteiligung daran mitwirkt, dieses Flugverbot durchzusetzen."631 |
"Die FDP-Minister teilen die Zielsetzung und den Inhalt der Punkte eins bis drei des Beschlußvorschlags. Sie können aus den bekannten verfassungsrechtlichen Gründen die rechtliche Beurteilung zu Ziffer 4 des Beschlußvortrags nicht mittragen und stimmen deshalb mit nein."632 |
"Nach Auffassung des Deutschen Bundestages ist diese von der Völkergemeinschaft beschlossene Maßnahme geeignet, die Bombardierung unschuldiger Menschen aus der Luft zu beenden. Sie ist damit ein Beitrag, die Gewalthandlungen der serbischen Armee gegen die Bevölkerung in Bosnien-Herzegowina einzudämmen. Die Mitwirkung der Bundeswehr im NATO-AWACS-Verband ist auch Ausdruck der Solidarität mit den Opfern des schrecklichen Krieges im ehemaligen Jugoslawien. Der Deutsche Bundestag unterstützt infolgedessen das Verbleiben der deutschen Soldaten in den NATO-AWACS-Verbänden und dankt den Soldaten der Bundeswehr gleichzeitig für ihren fortdauernden humanitären Einsatz zur Versorgung der Bevölkerung in Bosnien-Herzegowina."635 |
259. In einer Antwort auf eine Schriftliche Anfrage führte die Bundesregierung aus, daß die in Resolution 820 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 17. April 1993 angeordnete Verschärfung des Embargos gegen Rest-Jugoslawien beinhalte, eine Embargo-Verletzung auf dem Seewege auszuschließen. Hierzu habe der NATO-Rat am 28. April 1993 auf Ersuchen der VN beschlossen, die Umsetzung zu übernehmen. Zur Umsetzung sei eine Kombination von zwei Schiffsgruppen erforderlich, von denen die eine in der Straße von Otranto und die andere vor den Territorialgewässern des früheren Jugoslawien (Serbien/Montenegro) operierten636.
260. Zur Beteiligung der Bundesrepublik an der Umsetzung der Boykottbeschlüsse gegen Restjugoslawien durch Polizei- und Zollkräfte der WEU und EG/KSZE-Sanktionsunterstützungsmissionen äußerte sich die Bundesregierung in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage. Mit den genannten Maßnahmen sei eine lückenlose Überwachung des Schiffsverkehrs auf der Donau gewährleistet. Im übrigen sei die Umsetzung der VN-Sanktionen Sache der einzelnen VN-Mitglieder sowie der Regionalorganisationen. Die Bundesregierung wirke durch ihre substantielle Beteiligung bei den EG/KSZE-Sanktionsunterstützungsmissionen sowie bei der WEU-Polizei- und Zollüberwachung auf der Donau bei der Unterstützung der Anrainerstaaten von Serbien und Montenegro mit. An der WEU-Aktion seien 42 Polizeivollzugsbeamte des Bundesgrenzschutzes (BGS) beteiligt. Diese würden als Besatzungen von zwei BGS-Kontrollbooten sowie als Stabs- und Führungspersonal in Bulgarien, Rumänien und Ungarn eingesetzt. Hierzu habe die WEU mit den genannten Staaten im wesentlichen inhaltsgleiche "Memoranda of Understanding" abgeschlossen, in denen die Aufgaben und Befugnisse des WEU-Personals im einzelnen festgelegt seien. Das Auswärtige Amt habe gemeinsam mit dem Bundesministerium des Inneren im Rahmen der WEU an den Verbandlungen über die "Memoranda of Understanding" mit den Partnerländern teilgenommen637.
261. Zur Frage, ob die Bundesregierung die mögliche Entsendung von NATO-Truppen nach Bosnien-Herzegowina zur Umsetzung eines militärischen Teils eines von den Konfliktparteien akzeptierten Friedensplans mit den vertraglich vereinbarten Aufgaben der NATO vereinbar halte, antwortete die Bundesregierung auf eine mündliche Anfrage:
"Die Bundesregierung hält die Unterstützung der Vereinten Nationen bei der Umsetzung des militärischen Teils eines von den Konfliktparteien akzeptierten Friedensplans für Bosnien-Herzegowina durch die NATO und ihre Mitgliedstaaten für mit dem Auftrag des Bündnisses nach dem Washingtoner Vertrag vom 4. April 1949 vereinbar. Sie verweist hierzu auf dessen Präambel sowie auf die Art. 1, 2, 4, 5 und 7. Zu berücksichtigen ist auch Art. 48 der Charta der Vereinten Nationen. Der Nordatlantikrat hat auf Außenministerebene am 17. Dezember 1992 in Brüssel die Bereitschaft festgestellt, von Fall zu Fall und in Übereinstimmung mit unseren eigenen Verfahren friedenserhaltende Operationen unter der Autorität des UN-Sicherheitrats zu unterstützen sowie positiv auf Initiativen zu reagieren, die der Generalsekretär der Vereinten Nationen ergreifen könnte, die Allianz um Unterstützung bei der Umsetzung von Resolutionen des VN-Sicherheitsrates zu ersuchen."638 |