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Das Prinzip der Komplementarität. Ein Beitrag zur Legitimation des Inter-Amerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte

Über das Projekt:

Das abgeschlossene Dissertationsvorhaben setzt sich mit der Legitimation des Inter-Amerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte (IAGMR) auseinander. Gerichtliches Entscheiden jenseits des Staates hat weitreichende Auswirkungen auf Individuen wie Kollektive und kann als Ausübung internationaler Gerichtsgewalt qualifiziert werden, gerade dann, wenn Urteile des IAGMR das Konventionsrecht detailliert spezifizieren und seine Wirkmächtigkeit durch unmittelbare Anwendbarkeit und Vorrang verstärken.

Ein komplementär verstandenes Gerichtsverhältnis, so die These der Arbeit, leistet einen Beitrag zur Legitimation von Gerichtsgewalt. Die Amerikanische Menschenrechtskonvention versteht den internationalen Rechtsschutz als komplementär, ohne jedoch – anders als das Römische Statut – den Begriff der Komplementarität zu definieren. In den vergangenen Jahren ist eine zunehmende Verwendung des Begriffs in der Rechtsprechung des IAGMR zu beobachten, doch fehlt es an einem normativen Verständnis, wie Komplementarität zu begreifen ist. Diese Lücke bezweckt die Arbeit zu schließen und entwickelt Komplementarität als ein normatives Prinzip. Dieses beruht auf einem diskursiven Verständnis und zeichnet sich durch einen Rechtsordnungspluralismus aus, der die Grundlage für eine nicht-hierarchische Konzeption von Gerichtsverhältnissen bildet. In diesem Gerichtsverhältnis gewährleisten nationale Gerichte gemeinsam mit dem IAGMR effektiven Rechtsschutz.

Komplementarität entfaltet sein Potenzial, indem es die Ausübung internationaler Gerichtsgewalt unter drei Paradigmen erfasst. Das Paradigma der Kompensation betrifft das überkommene Verständnis, wonach internationale Gerichte eine Ausfallbürgschaft leisten. Allerdings vermag Kompensation nur im Einzelfall Rechtsschutz zu gewähren. Daher werden unter dem Paradigma des Empowerment Mechanismen, wie die Konventionskontrolle, untersucht, die die Effektivität des Rechtsschutzes stärken. So ist kennzeichnend für dieses Paradigma, dass sich nicht nur nationale Gerichte, sondern auch andere staatliche und private Akteure, auf unmittelbar anwendbare Standards, wie in der Rechtsprechung des IAGMR konkretisiert, berufen können. Schließlich erfasst das Paradigma der Kooperation diskursive Gerichtsinteraktionen, in denen sich der IAGMR und nationale Gerichte gegenseitig kontrollieren, Divergenzen dialogisch auflösen, Beurteilungsspielräume – sogenannte Discursive Spaces – gewähren und gemeinsam Inhalt und Reichweite von Rechten inkrementell, in einem komplementären Zusammenspiel, konkretisieren und fortentwickeln.


Doktorand

Betreuer