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Fehlerfolgen im europäischen Eigenverwaltungsrecht

Über das Projekt:

Fehlerfolgen im europäischen Eigenverwaltungsrecht - Heilung und Unbeachtlichkeit in rechtsvergleichender Perspektive

Das europäische Eigenverwaltungsrecht betrifft inzwischen wichtige Themen wie das europäische Bankenaufsichts- oder Migrationsrecht sowie die vielen europäischen Agenturen und Ämter zeigen. Auch das dabei einzuhaltende Verfahrensrecht wird immer umfassender und ausdifferenzierter. Das hat zur Folge, dass auch die Zahl potentieller Fehlerquellen gestiegen ist und die Unionsgerichte sich immer häufiger mit Verfahrens- und Formfehlern und ihren Folgen im Prozess für die jeweilige Verwaltungsentscheidung befassen müssen. Dies führt zwangsläufig zu der Frage, ob es gerechtfertigt sein kann, eine Verwaltungsentscheidung stets aufzuheben, wenn trotz eines Verfahrens- oder Formfehlers das materiell-rechtliche Ergebnis korrekt ist oder der Verfahrens- oder Formfehler behoben werden könnte.

Die Beantwortung dieser Frage ist dabei nicht nur von rechtsdogmatischem Interesse, sondern auch rechtspolitisch brisant: Denn die Entscheidung über die Fehlerfolgen kann erhebliche Auswirkungen sowohl auf die Legitimität von Institutionen als auch der Effizienz und Effektivität haben. Eine unterschiedslose Rigidität in der Frage der Fehlerfolgen würde zu einer ökonomischen Belastung der Rechtsverwirklichung führen, welche die Funktionsfähigkeit der Verwaltung gefährden könnte. Die Ausarbeitung bestimmter Formen der Fehlertoleranz bzw. die Möglichkeit ihrer Legalisierung ist aus zwei Gründen erforderlich: Zum einen steigt die Fehleranfälligkeit von Verwaltungsverfahren. Zum anderen werden Rechtsfragen oft von Betroffenen dazu eingesetzt, um belastenden Verwaltungsentscheidungen aus dem Weg zu gehen oder unliebsame Verfahren zu bremsen. Gleichzeitig kommt Verwaltungsverfahren aber eine hohe legitimations- und akzeptanzstiftende Funktion zu. Ein zu laxer Umgang mit Verfahrensfehlern könnte das Vertrauen in die europäischen Institutionen schwächen.

Für die Frage, wie mit Verfahrens- oder Formfehlern umzugehen ist, hält das Unionsrecht kaum Vorgaben bereit. Art. 263 Abs. 2 AEUV sieht lediglich vor, dass die Verletzung „wesentlicher Formvorschriften“ ein Klagegrund ist, der die Aufhebung eines fehlerhaften Beschlusses nach sich zieht. Eine allgemeine – gleichsam „vor die Klammer gezogene“ – Regelung für den Umgang mit Verfahrens- und Formfehlern und insbesondere der Möglichkeit ihrer Relativierung in Form der Heilung und Unbeachtlichkeit fehlt jedoch. Bedauernswert ist vor allem – und hieraus zieht die Diskussion auch ihre aktuelle Brisanz –, dass in der jüngst stattfindenden sowohl interinstitutionellen als auch akademischen Debatte um den Erlass eines europäischen Eigenverwaltungsverfahrensgesetzes die Fehlerfolgenlehre vollständig ausgeklammert wurde.

Vor diesem Hintergrund sich hat sich diese Dissertation dem Anliegen gewidmet, die Rechtsfiguren der Heilung und Unbeachtlichkeit von Verfahrens- und Formfehlern im europäischen Eigenverwaltungsrecht in rechtsvergleichender Perspektive zu untersuchen. Ein praktischer Vorschlag, wie eine solche Regelung in einem möglichen künftigen Gesetz zum europäischen Eigenverwaltungsverfahren aussehen könnte, beschließt die Untersuchung.

Publikationen

  • Eine Fehlerfolgenlehre für das Europäische Eigenverwaltungsrecht. In: Der Staat 57, 601-632 (2018).
  • Fehlerfolgen im europäischen Eigenverwaltungsrecht - Heilung und Unbeachtlichkeit in rechtsvergleichender Perspektive. Springer, Berlin, 2019, 385 S.
  • ‘Rectification’ and ‘Irrelevance’ in EU Direct Administrative Procedures: A Systematic and Comparative Analysis. In: European Public Law 26, 331-362 (2020).