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Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1994


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Peter-Tobias Stoll

XIV. Außenwirtschaftsverkehr und Welthandelsordnung

c. Einzelfragen

    236. Im 6. Ausschuß der Generalversammlung begrüßte der deutsche Vertreter den Bericht der United Nations Commission on International Trade Law. Er würdigte die Rolle, "UNCITRAL plays as the primary institution for the development and implementation of international commercial law within the international community." Insbesondere hob er das Projekt "Case Law on UNCITRAL Texts" (CLOUT) hervor, bei dem es sich um eine Sammlung von Inhaltsangaben, Gerichtsentscheidungen und Schiedssprüchen handelt, die UNCITRAL-Konventionen oder Modellgesetze betreffen. Er sprach sich dafür aus, das Sekretariat in die Lage zu versetzen, das Projekt dauerhaft und ohne Vernachlässigung anderer Pflichten zu betreiben. Die dafür erforderlichen finanziellen Mittel seien freizustellen.569

    237. Handels- und Wirtschaftsabkommen
    Mit Notenwechsel wurden das deutsch-ägyptische Handelsabkommen sowie das deutsch-ägyptische Abkommen über den Warenverkehr geändert und damit dem geltenden Gemeinschaftsrecht angepaßt.570 Ebenfalls geändert wurden Wirtschaftsabkommen mit Kenia571, Niger572 und Sambia.573 Außerdem wurde das deutsch-tunesische Handelsabkommen durch Notenwechsel außer Kraft gesetzt.574

    238. Zollrecht
    Im Berichtszeitraum wurde mehrfach das Zollrecht geändert. Mit Verordnung vom 12. April 1994 wurden die Änderungen des Zollabkommens über die vorübergehende Einfuhr gewerblicher Straßenfahrzeuge in Kraft gesetzt.575 Ebenso wurden die Änderungen zu dem Zollabkommen über die vorübergehende Einfuhr privater Straßenfahrzeuge in Kraft gesetzt.576 Insgesamt siebenmal wurde die Zolltarifverordnung im Verordnungswege geändert.577 Das 1992 mit Polen geschlossene Abkommen über die Zusammenarbeit und die gegenseitige Unterstützung der Zollverwaltungen wurde im Berichtszeitraum ratifiziert und trat in Kraft.578 Einem entsprechenden Abkommen mit der Russischen Föderation stimmte der Bundestag zu.579

    239. Steuerfragen
    Am 28. April 1994 erließ der Bundestag ein "Gesetz zur einkommenssteuerlichen Entlastung von Grenzpendlern und anderen beschränkt steuerpflichtigen natürlichen Personen und zur Änderung anderer gesetzlicher Vorschriften"580, mit dem hauptsächlich Personen mit Wohnsitz in den Nachbarstaaten Deutschlands steuerlich entlastet werden, sofern sie nicht schon unter die Grenzgängerregelungen mit Belgien, Frankreich, der Schweiz, Österreich und den Niederlanden fallen.581
    Im Berichtszeitraum traten Doppelbesteuerungsabkommen mit Mexiko, Österreich, Schweden und der Schweiz in Kraft.582 Entsprechenden Abkommen mit Namibia und Bolivien stimmte der Bundestag im Berichtszeitraum zu.583 Mit der Mongolei und Pakistan wurden entsprechende Abkommen abgeschlossen.584 Außerdem wurde im Berichtszeitraum bekannt gemacht, daß das Übereinkommen vom 23. Juli 1990 über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen am 1. Januar 1995 in Kraft tritt.585

    240. Gegenstand Parlamentarischer Anfragen war im Berichtszeitraum die Praxis von Bosnien-Herzegowina, über ihre in Deutschland belegenen Auslandsvertretungen eine Pflichtabgabe in Höhe von 10% der monatlich erzielten Nettoeinkünfte zu verlangen.586Die bosnischen Auslandsvertretungen machten die konsularische Betreuung der in Deutschland lebenden Bosnier von der Vorlage von Zahlungsnachweisen abhängig und händigten weder Reisedokumente noch etwa Eingangsbestätigungen ihrer Ausbürgerungsanträge aus, wenn die betreffenden Personen die Zahlung der Abgabe verweigerten.587 Dazu führte die Bundesregierung aus:

    "Nach Klärung dieser Sachlage hat die Bundesregierung ein Verständigungsverfahren nach Art. 26 des Abkommens vom 26. März 1987 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, das nach dem Notenwechsel vom 13. November 1992 bis auf weiteres im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Bosnien und Herzegowina anzuwenden ist, eingeleitet. Hierbei wurde der sofortige Verzicht auf die Erhebung der Erneuerungsabgabe der Republik Bosnien und Herzegowina gefordert. Am 9. September 1994 wurde dem bosnischen Botschafter im Auswärtigen Amt die Forderung erneut nachdrücklich vorgetragen, daß Bosnien die fragliche Steuer für Deutschland aufheben sowie jeglichen Druck einstellen möge."588
    Weiterhin teilte die Bundesregierung mit:
    "Mit Note vom 14. September 1994 teilte das Außenministerium der Republik Bosnien und Herzegowina mit, daß Bosnien kurzfristig 'die Gesetzesbestimmungen, welche die Pflicht der Steuerzahlung bestimmen, redefinieren (wird) und die Steuerzahlungen auf freiwilliger Basis erfolgen' werden. Den bosnischen Konsulaten werde die Anweisung erteilt, auf die Bedingung der Steuerzahlung vor Erbringen von konsularischen Dienstleistungen zu verzichten. Ferner werde Flüchtlingen und anderen sozial Schwachen die übliche Paßgebühr erlassen."589
    Außerdem erklärte die Bundesregierung:
    "Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die Erhebung der Erneuerungsabgabe der Republik Bosnien und Herzegowina gegen das Abkommen vom 26. März 1987 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen verstößt, und daß auch die Durchsetzung der entsprechenden Abgabenpflicht durch die bosnischen Auslandsvertretungen in Deutschland nicht rechtmäßig ist."590

    241. Im Berichtszeitraum wurden Abkommen zum Schutz von Investitionen und Kapitalanlagen bzw. zur Investitionsförderung ratifiziert bzw. abgeschlossen und traten in Kraft mit Guyana591, Kap Verde592, Albanien593 und Kasachstan.594

    242. Im Hinblick auf das öffentliche Auftragswesen ist auf den Abschluß des GATT-Abkommens zu diesem Fragenkreis zu verweisen. Zu dem 1993 von der UNCITRAL beschlossenen Modellgesetz über öffentliche Beschaffung und seine Erweiterung im Hinblick auf Dienstleistungen führte der deutsche Vertreter im 6. Ausschuß der Generalversammlung aus:

    "We are pleased to note that several countries have expressed their desire to adopt the model law. They have already initiated the necessary changes in their procurement practice."595

    243. Im Berichtszeitraum hat die Bundesrepublik Abkommen zum See-596, Straßen-597, und Luftverkehr598abgeschlossen und ratifiziert bzw. in Kraft gesetzt.599


    569 Deutschland 1994 (Anm. 1), 6. Ausschuß, 31.
    570 BGBl. 1994 II, 3763, Notenwechsel vom 5.5.1992/27.3.1994. Die Änderungen betreffen das Handelsabkommen vom 21.4.1951 � Außenhandels-Rundschreiben Nr. 24/51 vom 8.6.1951, BAnz Nr. 113 vom 15.6.1951 (Streichung der Art. 1 und 2) � sowie das Abkommen über den Warenverkehr vom 18.2.1956 � Runderlaß Außenwirtschaft Nr. 28/56 vom 15.5.1956, BAnz. Nr. 110 vom 9.6.1956, 1 (Streichung der Art. 1, 2, 4, 9 und 10). Die Vereinbarung ist am 27.3.1994 in Kraft getreten. Siehe auch Walter (Anm. 29), Ziff. 197.
    571 BGBl. 1994 II, 1792, Notenwechsel vom 22.2.1993/25.2.1993 betreffend Änderungen des Handels- und Wirtschaftsabkommens vom 4.12.1964 � Runderlaß Außenwirtschaft Nr. 26/66 vom 22.6.1966, BAnz. Nr. 165 vom 3.9.1966, 1 (Streichung von Art. 1 Abs. 2 c, Art. 2 und Art. 4 und Änderung von Art. 5) �, in Kraft getreten am 25.2.1993.
    572 BGBl. 1994 II, 382, Notenwechsel vom 14.1.1992/1.12.1993 betreffend das deutsch-nigrische Wirtschaftsabkommen vom 14.6.1961 � Runderlaß Außenwirtschaft Nr. 42/61 vom 29.8.1961, BAnz. Nr. 195 vom 10.10.1961, 1 (Streichung der Art. 3 und 6) �, in Kraft getreten am 1.12.1993.
    573 BGBl. 1994 II, 2019, Notenwechsel vom 16.5.1994/22.7.1994 betreffend das Wirtschaftsabkommen vom 10.12.1966 � Runderlaß Außenwirtschaft Nr. 12/67 vom 3.2.1967, BAnz. Nr. 51 vom 14.3.1967, 1 (Streichung des Art. 2) �, in Kraft getreten zum 22.6.1994.
    574 BGBl. 1994 II, 1318.
    575 BGBl. 1994 II, 446, die Verordnung ist zum 1.1.1994 in Kraft getreten.
    576 Verordnung vom 11.6.1994, BGBl. 1994 II, 1105, die Verordnung ist mit Wirkung zum 1.1.1994 in Kraft getreten.
    577 BGBl. 1994 II, 283 (besondere Zollsätze 1993 gegenüber Bulgarien � EGKS); 288 (besondere Zollsätze 1994 gegenüber Bulgarien � EGKS); 374 (Zollpräferenzen 1994 gegenüber Entwicklungsländern � EGKS); 3529 (besondere Zollsätze 1995 gegenüber Rumänien � EGKS); 3548 (besondere Zollsätze 1995 gegenüber Bulgarien � EGKS); 3774 � (Zollpräferenzen 2. Halbjahr 1994 gegenüber Entwicklungsländern � EGKS); 3553 (besondere Zollsätze 1995 gegenüber Polen, Ungarn, der Tschechischen Republik und der Slowakischen Republik � EGKS).
    578 BGBl. 1994 II, 93, 2435.
    579 BGBl. 1994 II, 1052.
    580 BGBl. 1994 I, 1395, 3856.
    581 Woche im Bundestag 9/94 � VIII/210 vom 4.5.1994, 39.
    582 Mexiko: Abkommen vom 23.2.1993 (BGBl. 1993 II, 1966) mit dazugehörigem Protokoll und Notenwechsel, in Kraft getreten am 30.12.1993 (BGBl. 1994 II, 617); Österreich: Abkommen vom 8.7.1992 zur Änderung des Abkommens vom 4.10.1954 (BGBl. 1994 II, 122), in Kraft getreten am 1.7.1994 (BGBl. 1994 II, 1147); Schweden: Abkommen vom 14.7.1992 (BGBl. 1994 II, 686), in Kraft getreten am 13.10.1994 (BGBl. 1995 II, 29); Schweiz: Protokoll zum deutsch-schweizerischen Doppelbesteuerungsabkommen vom 2.12.1993 (BGBl. 1993 II, 1886), in Kraft getreten am 29.12.1993 (BGBl. 1994 II, 21).
    583 Namibia: Abkommen vom 2.12.1993 (BGBl. 1994 II, 1262), in Kraft getreten am 26.7.1995 (BGBl. 1995 II, 770); Bolivien: Abkommen vom 30.9.1992 (BGBl. 1994 II, 1086), in Kraft getreten am 12.7.1995 (BGBl. 1995 II, 907).
    584 Mongolei: Abkommen vom 22.8.1994 (BGBl. 1995 II, 818); Pakistan: Abkommen vom 14.7.1994 (BGBl. 1995 II, 836).
    585 BGBl. 1993 II, 1308; BGBl. 1995 II, 84.
    586 Antwort der Bundesregierung auf Schriftliche Anfrage, BT-Drs. 12/8563, 1 und Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage, BT-Drs. 12/8577 � "bosnische Kriegssteuer."
    587 Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage, BT-Drs. 12/8577.
    588 Ibid., 2.
    589 Ibid.
    590 Ibid.
    591 Investitionsförderungsvertrag vom 6.12.1989, BGBl. 1993 II, 938, in Kraft getreten am 9.3.1994, BGBl. 1994 II, 614.
    592 Vertrag vom 18.1.1990, BGBl. 1993 II, 947, in Kraft getreten am 15.12.1993, BGBl. 1994 II, 56.
    593 Vertrag vom 31.10.1991 und Zustimmungsgesetz, BGBl. 1994 II, 3720, in Kraft getreten am 18.8.1995, BGBl. 1995 II, 903.
    594 Vertrag vom 22.9.1992 und Zustimmungsgesetz, BGBl. 1994 II, 3730, in Kraft getreten am 7.5.1995, BGBl. 1995 II, 695.
    595 Deutschland 1994 (Anm. 1), 6. Ausschuß, 32.
    596 Siehe oben, V. a., Ziff. 34 ff..
    597 Das am 25. Juni 1993 geschlossene deutsch-georgische Abkommen über den grenzüberschreitenden Straßenverkehr ist am 7.4.1994 in Kraft getreten, BGBl. 1994 II, 3694.
    598 Siehe oben, VI. a., Ziff. 42.
    599 Siehe auch IV., Ziff. 22, XII.g., Ziff. 191.