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Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1996


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Volker Röben


XII. Zusammenarbeit der Staaten

1. Politische Zusammenarbeit

    100. Zu Umfang und Gegenstand der politischen Zusammenarbeit mit Kuba nahm die Bundesregierung wie folgt Stellung: In jüngster Zeit habe es verschiedene politische Gespräche mit der kubanischen Seite gegeben.220 Sie hätten unter anderem auf der Ebene des Staatsministers bzw. parlamentarischen Staatssekretärs sowie auf Ministerebene stattgefunden.221

    101. Eine weitere Intensivierung im Rahmen der deutsch-polnischen Zusammenarbeit erfuhr nach der Darstellung der Bundesregierung auch die operative Zusammenarbeit der Grenzschutzkräfte.222 An den Ostgrenzen einschließlich des bayerischen Grenzabschnitts sei das Personal des Bundesgrenzschutzes seit 1991 um mehr als 4.000 Einsatzkräfte auf derzeit rund 5600 erhöht worden. Davon verrichteten ca. 2800 Dienst an der deutsch-polnischen Grenze. Anlaß für diese Personalausstattung sei nicht zuletzt auch die Inkraftsetzung des Schengener Durchführungsübereinkommens vom 26. März 1995. Dieses Übereinkommen fordere als Ausgleichsmaßnahmen intensive Kontrollen nach einem strengen, einheitlichen Sicherheitsstandard an den Außengrenzen der Schengener Vertragsstaaten. Deutschland trage unter anderem mit Blick auf die besonderen Migrations- und Kriminalitätsbelastungen der Ostgrenzen hohe Verantwortung für die Sicherheit auch seiner Schengenpartner in Westeuropa. Mit Erreichen der derzeitigen Personalkonzentration - eine höhere Polizeidichte bestehe an keiner sonstigen Grenze in Europa - sei die wichtigste Grundbedingung für eine effektive Grenzüberwachung grundsätzlich erfüllt. Gleichwohl sei im Zuge der geplanten Umstrukturierung des BGS eine Neuverteilung der Kräfte im BGS unter Berücksichtigung der prioritären einzeldienstlichen Aufgaben des BGS vorgesehen. Das zugrundeliegende BGS-Neustrukturierungskonzept, welches am 12. Juni 1996 dem Innenausschuß des Deutschen Bundestages vorgestellt worden sei, sehe unter anderem vor, die einzeldienstliche Grenzsicherung an der deutschen Ostgrenze, den zentralen Einsatzschwerpunkt des BGS, zu verstärken. Grundidee der bevorstehenden Neugliederung sei es, das vorhandene BGS-Personal so nahe wie möglich an den Ort der täglichen Aufgabenerfüllung zu bringen. Die Grenze zu Polen und Tschechien stelle nach wie vor einen Brennpunkt bei der grenzüberschreitenden Kriminalität dar. Das am 1. November 1994 in Kraft getretene neue Bundesgrenzschutzgesetz versetze den BGS in die Lage, Maßnahmen zur Verhinderung der illegalen Einreise und damit einhergehender Kriminalität bis zu einer Tiefe von 30 km im Grenzgebiet zu ergreifen. Die deutsch-polnische Grenze sei Außengrenze der Schengener Gemeinschaft und zugleich der EU. An dieser Nahtstelle konzentriere sich die Abwicklung des gesamten Personen- und Güterverkehrs auf Grenzübergänge, die diesen Belastungen zum Teil infrastrukturell noch nicht gewachsen seien. Der BGS und die Zollverwaltung versuchten in Zusammenarbeit mit der polnischen Grenzbehörde ständig, den Abfertigungsablauf weiter zu verbessern. Neben den regelmäßigen Treffen der leitenden Beamten der Grenzschutzbehörden in den Grenzgebieten fänden turnusmäßig und anlaßbezogen Gespräche auf der Ebene der Dienststellenleiter statt. In diesen Besprechungen würden konkrete Maßnahmen zur Erleichterung des Abfertigungsprozesses vor Ort erörtert. Auf der Grundlage des deutsch-polnischen Abkommens vom 29. Juli 1992 über Erleichterung der Grenzabfertigung hätten bereits mehrere sogenannte Zonenvereinbarungen über die Zusammenlegung der Grenzabfertigung z.B. auf polnischem Gebiet abgeschlossen werden können. Zur Zeit werde geprüft, gemischt besetzte Streifentrupps auf deutschem wie auf polnischem Hoheitsgebiet einzusetzen. Nicht konsensfähig sei der deutsche Vorschlag gewesen, den Reisestrom in gemeinschaftsrechtlich Begünstigte mit Schnellabfertigung einerseits und eingehender Kontrolle unterliegende Drittausländer andererseits zu trennen. Polen sehe in einem Zweispurensystem dieser Art eine Diskriminierung seiner Staatsangehörigen und würde eine solche Methode nur akzeptieren, wenn polnische Grenzgänger die Spur für Begünstigte benutzen dürften. Dies widerspräche jedoch den Schengener Regelungen, an die die Bundesregierung gebunden sei.

    102. In der Antwort auf eine Kleine Anfrage zu den Ergebnissen des Besuchs des Bundeskanzlers in der VR China, führte die Bundesregierung aus, es bestehe nach wie vor ein EU-Waffenembargo gegenüber der VR China. Lieferungen von Gütern, die unter dieses Embargo fielen, seien daher nicht genehmigungsfähig. Dementsprechend seien in Peking auch keine Vereinbarungen oder Verträge über Rüstungsexporte vorverhandelt oder abgeschlossen worden. Auch über militärische und polizeiliche Ausbildungshilfe sei bei dem Besuch nicht gesprochen worden. Die Bundesregierung beabsichtige, militärpolitische Kontakte zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der VR China vor allem im Bereich der Ausbildung aufzubauen. Hauptziel dabei sei es, jüngere chinesische Offiziere mit den Führungsprinzipien einer demokratischen Armee vertraut zu machen. Sie beabsichtige auch, den sicherheits- und militärpolitischen Dialog mit der VR China wieder aufzunehmen, um Einblick in das Denken und die Vorstellung der chinesischen militärischen Führung zu gewinnen. Mit dieser dialogorientierten Politik solle die Öffnungspolitik Chinas im Bereich des Militärs, eines der wichtigsten Machtfaktoren des Landes, unterstützt werden.223



    220 BT-Drs. 13/6611.
    221 Zu nennen seien - PStS Kolb/BMWI und PStS Hedrich/BMZ mit dem kubanischen Vizeminister für ausländische Investitionen und wirtschaftliche Zusammenarbeit Oktavio Castilla am 1.12.1995 in Bonn; - StM Schäfer/AA und PStS Kolb/BMWI mit dem Minister für Wirtschaft und Planung, José Luis Rodriguez García am 9.2.1996 in Bonn; - PStS Kolb/BMWI und StS Härdtel/BMZ mit Außenhandelsminister Cabrisas am 15.4.1996 in Bonn; - PStS Kolb/BMWI mit dem kubanischen Vizeminister für ausländische Investitionen und wirtschaftliche Zusammenarbeit Oktavio Castilla am 29./30.4.1996 in Havanna aus Anlaß der Unterzeichnung des Investitionsförderungs- und -schutzvertrages mit Kuba; - BM Kinkel/AA mit Außenminister Robaina in New York am Rande der 51. VN-Generalversammlung; - BM Spranger/BMZ mit dem Minister für Wirtschaft und Planung José Luis Rodriguez García am 10.10.1996 in Bonn.
    222 BT-Drs. 13/6508.
    223 BT-Drs. 13/3461.