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Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1996


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Volker Röben


XVI. Internationale Organisationen

3. Sonstige Organisationen

    173. In der Generaldebatte der VN-Vollversammlung nahm Bundesaußenminister Kinkel zur OSZE Stellung:375

    "The Organization for Security and Cooperation in Europe (OSCE) had a very difficult task supervising the election in Bosnia. That organization's scope for action must be increased at the Lisbon Summit in December this year. The OSCE remains an indispensable pillar of the new peaceful order for Europe, which we believe to be necesssary now that the iron curtain has come down."
    In ihrer Antwort auf eine Große Anfrage betont die Bundesregierung, daß die OSZE die einzige gesamteuropäische Sicherheitsorganisation sei, der alle europäischen Staaten und die beiden nordamerikanischen Demokratien gleichberechtigt angehörten. Vor diesem Hintergrund sei auch das "Modell für Sicherheit in Europa im 21. Jahrhundert" zu sehen, dessen Grundzüge auf dem OSZE-Gipfel im Dezember 1996 in Lissabon verabschiedet werden sollten. Die Bundesregierung trete "mit Nachdruck für eine wirksame, gleichberechtigte, nicht-hierarchische Zusammenarbeit in der zu Stabilität und Sicherheit Europas beitragenden Organisation" ein. Ihr Ziel sei dabei die Erarbeitung kooperativer Sicherheitsstrukturen, in denen Doppelarbeit vermieden werde und die komparativen Vorteile der einzelnen Organisationen genützt werden könnten. Die OSZE solle dabei "als eines der Hauptinstrumente zur Frühwarnung, Konfliktverhütung und Krisenbewältigung" fungieren. Danach gefragt, wie sie ihren oftmals erklärten Willen, die OSZE zu stärken, in die Praxis umsetze, verweist die Bundesregierung unter anderem auf ihr Engagement bei der Bereitstellung von Personal. So bekleide ein Beamter des Auswärtigen Amtes die Position des Generalsekretärs der OSZE, und deutsches Missionspersonal trage zur Unterstützung der derzeit 10 OSZE-Missionen bei. Die Bundesregierung will zudem "alle Anstrengungen unternehmen, um das hohe Niveau der deutschen Beteiligung an den OSZE-Missionen" aufrecht zu erhalten. Im Haushaltsplan 1997 seien 8 Millionen DM für Pflichtbeiträge veranschlagt, der Anteil der Bundesregierung am laufenden Haushalt der Organisation liege bei 9 %. Hinzu kämen außerordentliche Beiträge für bestimmte OSZE-Missionen. Im wirtschaftlichen Bereich sieht die Bundesregierung die Hauptaufgabe der OSZE darin, "wirtschaftlich begründete Sicherheitsrisiken zu identifizieren, diese in politischen Gesprächen zu thematisieren" und zu geeigneten Gegenmaßnahmen aufzurufen. Im Hinblick auf den OZSE-Gipfel spricht sie sich dafür aus, Aufgaben und Stellenwert der Organisation auch im Verhältnis zu den internationalen Wirtschaftsorganisationen zu definieren. Die Einrichtung einer Kooperationsstelle für wirtschaftliche und finanzpolitische Kooperation in der OSZE halte sie jedoch nicht für erforderlich. Ebenso lehnt die Bundesregierung, die ausdrücklich die wichtigen politischen Anstöße durch die OSZE im Umweltbereich hervorhebt, die Schaffung eines UN-Kommissares für Ökologiefragen ab. Die Zusammenarbeit mit den Nichtregierungsorganisationen gestalte sich nach Auskunft der Bundesregierung konstruktiv und positiv. Eine grundsätzliche Änderung der OSZE-Politik gegenüber den NGOs sei damit nicht erforderlich, Verbesserungsmöglichkeiten aber nicht ausgeschlossen.376

    174. Mit der Aufnahme Rußlands in den Europarat bekamen nach Ansicht von Bundeskanzler Kohl die Mitgliedstaaten ein Kontrollinstrument aufgrund der Agenda des Europarates in die Hand.377

    175. Die Bundesregierung unterrichtete den Bundestag durch ihren "Bericht der Bundesregierung über die Tätigkeit des Europarates" für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 1996.378

    176. Entwicklungshilfeminister Spranger will möglichst noch in 1996 den Austritt Deutschlands aus der Organisation für industrielle Entwicklung der Vereinten Nationen einleiten. Die Organisation sei ineffizient und ihre Verwaltung aufgebläht. Infolge der Einsparungen verringere sich der Haushalt des Entwicklungshilfeministeriums 1997 von 8,145 Mio. DM auf 7,65 Mio. DM. Die jüngsten Kürzungen von 97 Mio. DM sollen nicht global sondern gezielt auf multilateralem Gebiet umgesetzt werden. Dort sollen die Ausgaben im Verhältnis zu 1996 um 200 Mio. DM oder 7,7 % überdurchschnittlich abnehmen. Eingespart werden solle insbesondere bei der Internationalen Entwicklungsagentur (EDA), bei den regionalen Entwicklungsbanken und beim Europäischen Entwicklungsfond. Auch der deutsche Beitrag zum UN-Entwicklungsprogramm (UNDP) soll verringert werden. Spranger nimmt allerdings an, daß die Leistungen der Entwicklungshilfe insgesamt nicht beeinträchtigt würden. Für die Finanzielle Zusammenarbeit (FZ) stünden im kommenden Jahr 2,26 (1996: 2,4) Mio. DM zur Verfügung. In der Technischen Zusammenarbeit (TZ) stünden 1997 Mittel von 1,17 (1996: 1,2) Mio. DM zur Verfügung. Nichtstaatliche Organisationen wie politische Stiftungen oder Kirchen müßte 1997 unterdurchschnittliche Kürzungen von 2-3 % hinnehmen sagte Spranger.379

    177. Auf die schriftliche Parlamentarische Anfrage zur Aufnahme mittel- und osteuropäischer Staaten in den Europarat antwortete die Bundesregierung:380 Die Bundesregierung wolle Mitgliedstaaten des Europarates, insbesondere die neuen Mitglieder aus Mittel- und Osteuropa, in Übereinstimmung mit der Erklärung des Wiener Gipfels bei ihren Bemühungen unterstützen, die mit dem Beitritt eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen. Deshalb habe sie am Zustandekommen eines Verfahrens, das die Einhaltung solcher Verpflichtungen sicherstelle stets konstruktiv mitgewirkt.



    375 UN-Doc. A/51/PV.8, 7.
    376 BT-Drs. 13/5622; s. auch Auswärtiges (hrsg. v. Pressereferat des AA) vom 16.10.1996, 58.
    377 BT-PlPr., 88. Sitzung, 7763.
    378 BT-Drs. 13/6195.
    379 FAZ vom 21.11.1996, 19.
    380 BT-Drs. 13/3935, 2.