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Die Bedeutungen menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht: Normkontestationen im Bereich Wirtschaft und Menschenrechte

Verantwortlich:

PD Dr. Janne Mende

DFG-gefördertes Forschungsprojekt. Laufzeit 2022-2025

Über das Projekt:

Ob in Form des französischen 'loi de vigilance', des Lieferkettengesetzes in Deutschland oder Gesetzesinitiativen auf EU-Ebene, die menschenrechtliche Sorgfaltspflicht (Human Rights Due Diligence, HRDD) steht im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen um Wirtschaft und Menschenrechte (Business and Human Rights, BHR) und der Frage, wie Unternehmenspraktiken im Hinblick auf Menschenrechtsstandards reguliert werden. Die menschenrechtliche Sorgfaltspflicht hat sich international als zentraler Standard für die Umsetzung der unternehmerischen Verantwortung zur Achtung der Menschenrechte durchgesetzt.

Doch was genau die HRDD beinhaltet oder beinhalten sollte, und wer für ihre Durchführung und Überwachung verantwortlich ist, ist nach wie vor höchst umstritten. Eine Vielzahl der am BHR-Regime beteiligten Akteure haben unterschiedliche Auffassungen von der Norm und verbinden dementsprechend andere Erwartungen.

Dieses Projekt untersucht Normkontestationen,  also kontroverse Prozesse, mittels derer relevante Akteure im BHR-Regime HRDD interpretieren und somit der Norm ihre Bedeutung verleihen. Angeleitet wird das Projekt von der Frage: Wie prägen die Auseinandersetzungen um unterschiedliche Verständnisse und Erwartungen die HRDD-Norm?

Aktuelle Debatten in der Normenforschung der Internationalen Beziehungen (IB) bilden unseren konzeptionellen Ausgangspunkt. Ausgehend von der Prämisse, dass Normkontestation ein produktiver Prozess ist, welcher Normen konstituiert und ihre Entwicklung fördert, wollen wir die Auseinandersetzungen um die Bedeutung von HRDD nachzeichnen. Dazu bestimmen wir zunächst die vielfältigen Verständnisse und Erwartungen, die Akteure bzw. Norminterpreten im BHR-Regime der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht zuschreiben. Vor diesem Hintergrund konzentrieren wir uns auf vier Themen der Kontestation in den Debatten: (1) Dimensionen von 'Soft'- und 'Hard-Law', (2) die Zuweisung von Verantwortung für die Regulierung und Durchführung von HRDD, mit besonderem Schwerpunkt auf dem Verhältnis zwischen öffentlichen und privaten Akteuren, (3) der Grad der Allgemeinheit bzw. der sektoralen und themenspezifischen Ausrichtung von HRDD und (4) das Verhältnis zwischen HRDD und rechtlicher Haftung.

Das Projekt trägt zum Verständnis der verschiedenen Bedeutungskonstellationen bei, welche die Entwicklung der HRDD-Norm im BHR-Regime vorantreiben.

Empirisch untersucht das Projekt zwei Fälle, welche die globale Relevanz menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht berücksichtigen und die unterschiedlichen Positionen im globalen Norden und Süden einbinden: Die Gesetzesinitiative zu verbindlichen menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten der EU sowie die Verhandlungen über einen verbindlichen Vertrag zu Wirtschaft und Menschenrechten im UN-Menschenrechtsrat. Die empirische Analyse wird sich auf  Dokumente konzentrieren, die im Rahmen der Konsultationsprozesse mit Interessengruppen vorgelegt wurden, sowie Interviews mit Vertreter*Innen der wichtigsten Interessengruppen.

 

Mitarbeitende:

Projektleitung: Janne Mende

Janne Mende ist Politikwissenschaftlerin mit dem Schwerpunkt auf Internationalen Beziehungen und Internationaler Politischer Theorie. Die Trägerin des Franz-Xaver-Kaufmann-Preises 2022 leitet die Forschungsgruppe MAGGI seit 2020. Zudem leitet sie DFG-Projekte im Themenbereich Wirtschaft und Menschenrechte und ist Research Associate am Graduate Institute of International and Development Studies Geneva. Zuvor war sie Vertretungsprofessorin für Transnational Governance an der Technischen Universität Darmstadt, Projektleiterin am Institut für Politikwissenschaft der Justus-Liebig-Universität Gießen, Fellow an der Bamberg Graduate School of Social Sciences sowie Postdoc am Center for Development and Decent Work der Universität Kassel. Als Gastwissenschaftlerin war sie unter anderem am WZB – Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung in der Abteilung Global Governance, an der School of Global Studies der Universität Göteborg, am Danish Institute for Human Rights in Kopenhagen, am Forschungszentrum Menschenrechte der Universität Wien und an der New School for Social Research in New York eingeladen.

Imge Akaslan

Imge Akaslan ist seit Oktober 2023 Senior Research Fellow im Projekt. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt auf Arbeitsnormen in globalen Lieferketten, Akteuren im business and human rights-Regime sowie auf Compliance. In ihrer Doktorarbeit untersuchte sie die Variation in der Durchsetzung von Arbeitsnormen in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Durch die eingehende Untersuchung von KMU in der türkischen Bekleidungs- und Textilindustrie zeigte sie, wie kleine Unternehmen funktionieren, und identifizierte neue Akteure mit dem Potenzial, Unterschiede bei der Durchsetzung von Arbeitsnormen zu beeinflussen. Imge hat einen BS in Global and International Affairs von der Middle East Technical University, einen MA in Politikwissenschaft von der State University of New York in Binghamton und einen PhD von der University of Connecticut.

Marcel Frentzel

Marcel Frentzel ist seit März 2023 studentische Hilfskraft im Projekt. Er war von 2018-2021 studentische Hilfskraft im vorangegangenen DFG-Projeekt "Unternehmen zwischen Privatheit und Öffentlichkeit: Autorität, Legitimität und Verantwortung im Menschenrechtsregime der Vereinten Nationen". Seit 2019 studiert er Demokratie und Governance im Master an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Seinen Bachelorabschluss in Politikwissenschaft und Philosophie absolvierte er 2019 an der Universität Kassel. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in dem Bereich der Demokratietheorie, der Internationalen Politischen Theorie sowie der Postkolonialen Theorie.

 

Ehemaliger Projektmitarbeiter: Richard Georgi

Nach seiner Stelle als Senior Research Fellow im DFG-Projekt, in deren Rahmen er die Entwicklung von Sorgfaltspflichten und Normen im Bereich Wirtschaft und Menschenrechte auf EU- und UN-Ebene untersuchte, forscht Richard derzeit an der School of Global Studies (SGS) der Universität Göteborg im Bereich Sicherheit, Frieden/Konflikt und Menschenrechte. In seinem neuen Projekt untersucht er, wie soziale, wirtschaftliche und politische Veränderungen, die durch Friedensabkommen hervorgerufen werden, neue Auseinandersetzungen und (gewaltsame) Konflikte auslösen.Außerdem widmet er sich einem Buchprojekt, das auf seiner Dissertation im Bereich Frieden und Entwicklung, abgeschlossen an der SGS, basiert. Der Schwerpunkt liegt auf dem politischen Aktivismus von Menschenrechtsverteidiger:innen inmitten eines aufgeschobenen Friedensversprechens und gewaltvoller politischer Zustände. Richards allgemeinen Forschungsinteressen betreffen Menschenrechte, Unternehmensregulierungen und Transformationen des Kapitalismus, politische Gewalt, Friedens- und Konfliktforschung, Aktivismus, poststrukturalistische Philosophie, Ethnographie von Diskursen und feministische Methodologien. Richard verfügt über Lehrerfahrungen in den Bereichen Gender- und postkoloniale Studien, politische Theorie, Global Governance, Menschenrechte sowie Versicherheitlichung und Migration in/durch politische Räume.

Weitere Links

Allgemeine Ressourcen zum Thema Wirtschaft und Menschenrechte

Webseite einer internationalen Forschungsgruppe, die sich für die Förderung der Menschenrechte in der Wirtschaft einsetzt. Die Website bündelt Ressourcen und Nachrichten über Menschenrechtspolitik und das Abschneiden von mehr als 10 000 Unternehmen in über 180 Ländern. Die Forschungsgruppe tritt mit Unternehmen und Regierungen in Kontakt, um sie dazu zu bewegen, Informationen öffentlich zu machen.

Wirtschaft und Menschenrechte in Deutschland

Ein Überblick über den Stand der Dinge im Bereich Wirtschaft und Menschenrechte in Deutschland, einschließlich Ressourcen zum Nationalen Aktionsplan Deutschlands und des Lieferkettengesetzes.

Zeitschrift Wirtschaft und Menschenrechte [Engl.]

Das Business and Human Rights Journal (BHRJ) bietet eine Plattform für offene, kritische und interdisziplinäre wissenschaftliche Debatten zur Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Menschenrechten.

Büro des Hochkommissars für Menschenrechte: Wirtschaft & Menschenrechte

Das Büro des Hochkommissars für Menschenrechte ist federführend bei der Agenda für Wirtschaft und Menschenrechte innerhalb des UN-Systems. Die Website enthält eine Reihe wichtiger Ressourcen, wie die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und Instrumente für deren Umsetzung.