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Feministische Außenpolitik und Feministisches Völkerrecht: Ausgangspunkte, Perspektiven, Instrumente 8. Workshop des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht und des Auswärtigen Amts

Zum achten Mal fand am 6. Oktober 2023 der gemeinsame Workshop des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht und des Auswärtigen Amts statt, organisiert vom Berliner Büro und kuratiert von Alexandra Kemmerer. Im Magnus-Haus am Kupfergraben kamen 36 Wissenschaftler:innen und Praktiker:innen (auch aus dem BMJV, dem BMI, dem BMVg und dem BMZ) zusammen und beschäftigten sich, unter Vorsitz von Christian Marxsen und Tania von Uslar (AA), mit der Frage, wie eine feministische Außenpolitik gestaltet werden kann, in der das Völkerrecht eine zentrale Rolle spielt. Insbesondere wurde diskutiert, wie das Ziel der Gleichstellung der Geschlechter in einer sich polarisierenden Welt weiterentwickelt werden kann.

Ausgangspunkt waren die Anfang März 2023 vom Auswärtigen Amt vorgestellten Leitlinien für eine feministische Außenpolitik. Deren Ansatz zielt als außenpolitischer Paradigmenwechsel darauf ab, Geschlechtergerechtigkeit und die Förderung von Frauenrechten in den Mittelpunkt internationaler Beziehungen zu stellen. Ausgehend von der Erkenntnis, dass geschlechtsspezifische strukturelle Ungleichheiten auf der ganzen Welt fortbestehen, forciert feministische Außenpolitik die Stärkung von Frauen und anderen marginalisierten Gruppen und die Integration von Gender-Analysen und Frauenrechten in alle Aspekte der Außenpolitik eines Landes, von Diplomatie und Handel bis hin zu Entwicklung und Sicherheit. Die Leitlinien des AA sollen als strategischer Rahmen dienen, um Rechte und Wohlergehen von Frauen und Mädchen weltweit zu stärken. Ihre Kernziele lassen sich in drei Schlüsselbegriffe fassen: Rechte, Repräsentanz und Ressourcen.

Nach einem gemeinsamen Mittagsbuffet (auf Einladung der Heidelberger Gesellschaft für ausländisches Recht und Völkerrecht e. V.) führte Anne Peters mit einem Impulsvortrag ins Thema ein. Eine feministische Analyse des Völkerrechts offenbare, dass viele Rechtsnormen auf Annahmen beruhen, die Geschlechterfragen ignorieren und somit Frauen und marginalisierte Gruppen übersehen oder benachteiligen. Politische Krisen und bewaffnete Konflikte zeigten die besondere Vulnerabilität von Frauen in Konfliktsituationen. Geschlechtsspezifische Gewalt sei im internationalen Rechtsdiskurs jedoch lange Zeit in den Hintergrund getreten, da das internationale Menschenrechtsregime auf eine „männliche“ Realität ausgerichtet war. Ziel der feministischen Analyse sei es, solche „blinden Flecken“ zu identifizieren, Normen zu hinterfragen und ein internationales Recht zu entwickeln, das zu mehr Geschlechtergleichheit beiträgt. Intersektionalität und Interdisziplinarität seien hierbei Schlüsselkonzepte. Anne Peters erläuterte, dass sich mögliche Handlungsfelder (in der Außenpolitik) auf zwei Ebenen finden: der Gremien- und der Sachebene. Auf der Gremienebene liege ein zentraler Fokus auf der Förderung einer gleichberechtigten Repräsentanz von Frauen, insbesondere in internationalen Institutionen und Gerichten. Hierbei sei es erforderlich, Frauen aus dem Globalen Süden stärker einzubeziehen, um eine vielfältige und repräsentative Gestaltung internationaler Entscheidungsprozesse zu gewährleisten.

Wiebke Rückert (AA) eröffnete Einblicke in die Praxis, die in der von Eva-Marie König (AA) moderierten Diskussion vertieft wurden. Dies auch vor dem Hintergrund der von Janne Mende vorgestellten Möglichkeiten des völkerrechtlichen Umgangs mit menschenrechtlichem „Backlash“, „Gender Pushback“ und Vorwürfen eines westlichen Imperialismus. Die Leitlinien des Auswärtigen Amtes streben eine kontinuierliche Steigerung der Frauenrepräsentanz an, aktuell sind Frauen jedoch nur in 27% der Auslandsvertretungen in leitenden Positionen. Parallel dazu, auf der Sachebene, gilt es, bestehende Lücken in internationalen Abkommen aufzudecken und in einem weiteren Schritt zu schließen. Auch soll Frauen der gleiche Zugang zu einer Vielzahl von Ressourcen ermöglicht werden. Dies umfasst finanzielle, personelle, natürliche und immaterielle Ressourcen, einschließlich zu Bildung und Netzwerken. Mangelnder Zugang zu diesen Ressourcen ist eine primäre Ursache für Armut und Marginalisierung. Das Auswärtige Amt plant daher die Einführung von „gender budgeting“, um geschlechtsspezifische Auswirkungen in allen Bereichen zu berücksichtigen. Ziel ist, bis 2025 einen substanziellen Anteil der Projektmittel des Auswärtigen Amts unter Berücksichtigung von Gender-Aspekten zuzuweisen.

Den zweiten Teil des Workshops, moderiert von Alexandra Kemmerer, eröffnete Jannika Jahn mit einem Impulsreferat zu wichtigsten völkerrechtlichen Menschenrechtsinstrumenten für Frauen und Mädchen. In den Mittelpunkt stellte sie dabei das von 189 Staaten ratifizierte Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) und markierte hier Anknüpfungspunkte für die Diversitäts-Dimension der FFP. Diskutiert wurden mögliche Implementierungslücken, die Notwendigkeit neuer Konventionen und die Berücksichtigung der Bedürfnisse von marginalisierten Gruppen in Definitionen von Frieden und Sicherheit. Carolyn Moser skizzierte die unterschiedlichen Auswirkungen von Konflikten auf Frauen und Mädchen und unterstrich die Bedeutung von geschlechtersensiblen Ansätzen in der Verteidigungspolitik und die Einbeziehung von Frauen in Verhandlungen in Kriegs- und Transitionszeiten. Moritz Vinken diskutierte die übergreifende Integration völkerrechtlich verbindlicher Elemente in verschiedenen Bereichen multilateralen Handelns, insbesondere im Bereich des Klimas, sowie mögliche Verknüpfungen und Synergien von „Climate Mainstreaming“ und „Gender Mainstreaming“.

In ihren abschließenden Kommentaren betonten Christian Marxsen und Wiebke Rückert (AA) die Bedeutung der Integration feministischer Perspektiven in das Völkerrecht, um einer inklusiveren Außenpolitik den Weg zu ebnen.

Bericht: Chiara Rimkus


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